World of X

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La Bohème – Sex in Washington D.C.

von Lila

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Prolog



Sie steckte sich eine Zigarette an, inhalierte, atmete nachdenklich, fast selbstvergessen wieder aus. So kannte er sie gar nicht.



„Lass gut sein“, sagte er müde.





Mulder hing schon öfter in Bars wie diesen ab. Aber nur selten hat es ihn so angewidert wie in dieser Nacht. Es war aber auf so unbequeme Art und Weise aufregend, dass es fast angenehm war. Mal jemand anders sein. Sich gehen lassen. Man fühlt sich frei.



Die gläserne Tür sprang auf. Von draußen rannte eine Frau auf Stöckelschuhen hinein. Die Tür fiel hinter ihr zu. Sie strich die langen blonden Strähnen, die nass in ihrem Gesicht hingen, zur Seite. Es war eine stürmische Nacht.



Sie fasste sich und richtete die Strickjacke, die das geblümtes Kleid verdeckte, welches klamm ihre Knie umschloss. Schließlich stierte sie unaufgeregt durch die Bar, ehe sie entschlossen Richtung Tresen schritt.



„Ich dachte schon, ich find dich gar nicht mehr“, nuschelte sie und schaute gleichgültig an ihm vorbei, während sie sich gegen den Tresen lehnte und sich die Zigarette zwischen die Lippen steckte.



Er zündete sie an.



„Furchtbar, solche Nächte wie heute, furchtbar“, murmelte sie weiter vor sich hin.



„So sieht also eine Frau aus, die ein erfülltes Leben führt“, stellte er nüchtern fest und stierte wieder ins Glas vor sich.



Und zum ersten Mal seit ein paar Jahren sah sie ihn an. Einige Sekunden lang. Sie war sich nicht sicher, was sie von ihm halten sollte.



„Wir haben einiges zusammen durchgemacht“, sagte sie und aschte in den Becher vor ihm. Dann verschränkte sie die Arme, hielt die Zigarette dabei in die Luft und schaute ihn erwartungsvoll an. Er nahm einen Schluck aus seinem Glas.



„Was hast du erwartet?“, erhob sie ihre Stimme nun ungeduldig. „Dass ich hier auftauche und dir so vertraut bin wie früher?“



Ihr Drink kam. Ein Martini. ‘Ne Olive war auch drin.



Sie nahm einen Schluck, „mein Mann wartet!“, und wollte gerade los, als:



„Dana!“



Sie drehte sich erschrocken um. Irgendetwas regte sich in ihr.



„Du darfst nicht dahin zurückgehen!“



„Achja?“, er hatte ihr Interesse geweckt. „Warum nicht?“ Es begann spannend zu werden.



Eindringlich schaute er sie an.



„Sag bloß nicht, dass du mich liebst. Das ertrage ich nicht. Ich habe das noch nie ertragen!“, zischte sie.



„Ich liebe dich nicht“, sagte er trocken.



Und sie hörte genau das, was sie nicht hören wollte.



„Ich liebe dich nämlich auch nicht“, erwiderte sie und kramte dann nervös in ihrer Handtasche.



„Lass gut sein“, sagte er müde.



Er holte einen Schein aus seiner Hosentasche und legte ihn auf den Tresen. Umgehend sog dieser dabei die Feuchtigkeit des Alkohols in sich auf.



„Und jetzt?“, fragte sie.



„Ich will wissen, wie es dir geht“, sagte er.



„Es ist kaum zu ertragen“, antwortete sie, als ginge sie das alles gar nichts mehr an.



„Gut. Ich hatte schon befürchtet, es geht dir gut“, sagte er und steckte sich dabei eine Erdnuss in den Mund.



„Ich hab’ mich nicht auf diesen Abend gefreut“, sagte sie.



„Würde ich mich auch nicht, wenn ich Angst haben müsste, mein Leben könnte in Frage gestellt werden, und mir am Ende eingestehen müsste, dass ich die falsche Entscheidung getroffen habe.“



„Ich habe die sichere Entscheidung getroffen!“, beharrte sie darauf.



„Du hast die bequeme Entscheidung getroffen!“



Inzwischen war sie bei ihrem zweiten Martini, trank den Rest gerade mit einem Schluck.



„Lass uns zu dir gehen okay“, flüsterte sie niedergeschlagen. Sie brauchte Ruhe.





„Dir ist doch klar, dass ich morgen in mein Leben zurückkehren werde“, sagte sie in die Stille hinein. Er reichte ihr eine Decke.



Sie zögerte ein wenig, ehe sie diese nahm.



„Bei dir sieht es anders aus!“



„Ich habe aufgeräumt“, sagte er unbeteiligt.



Sie nahm einen Stapel Videos von der Couch und legte ihn zu einem staubigen Stapel Videos auf dem Fußboden, der neben einem Stapel Bücher stand, der in sich zusammengefallen war.



Sie schaute auf den Fernsehbildschirm, und er zeigte ihr eine Reihe von Erinnerungen, die sie nicht ertragen konnte zu sehen.



„Bier?“, fragte er und setzte sich neben sie, während sie in der Stille über ihre gemeinsame Vergangenheit hinwegkamen.



Irgendwo auf dieser Welt hatten diese beiden einen Sohn. Ein Kind, das alles in sich trug, was sie nicht mehr teilten. Seine Abwesenheit hatte sie zerbrochen. Dana kehrte in ein normales Leben zurück und musste feststellen, dass es für sie unmöglich war, ein solches Leben als ihr eigenes anzuerkennen. Aber es gab keine Zuflucht mehr. Ihre Vergangenheit konnte keine Zuflucht sein. Mulder war für sie verloren.



Das Bier war nun längst leer und die Lichter vorbeifahrender Autos brachten Licht in das Zimmer, in dem sich zwei Menschen befanden, die nichts mehr zu verbinden schien, außer der dringliche Wunsch nach Betäubung.



„Schickes Kleid!“, flüsterte Mulder, der Dana nun gegen die Wand gepresst festhielt. Er schaute ihr tief in die Augen.



„Danke“, bemühte sie sich standhaft.



Dann schliefen sie miteinander. Ließen sich gehen. Nahmen sich gegenseitig jeden Willen das Leben so weiterzuführen, wie es jetzt war.



Und am nächsten Tag verließ Dana im Morgengrau das Zimmer, ohne zu wissen, dass es da etwas in ihr gab, das sie später während einer verregneten Nacht, aber nicht auf Stöckelschuhen, in diese Bar zurückkehren lassen würde.
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