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Sternenlicht

von Eve

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„Es hieß, die Vögel hätten sich geweigert zu singen und die Temperatur sei plötzlich gefallen, so als ob selbst Gott der Atem genommen worden wäre.



Niemand dort wagte laut zu sprechen. Aus Scham und aus Trauer. Sie gruben eine Leiche nach der anderen aus. Die Augen der Toten waren geschlossen, als ob sie auf die Erlaubnis warteten sie zu öffnen.



Träumten sie immer noch von Eis und Klettergerüsten? Von Geburtstagstorten und einer Zukunft, die nicht über den Nachmittag hinausreicht? Oder war ihnen mir ihrem Leben auch die Unschuld genommen und vor so langer Zeit in der kalten Erde begraben worden? Diese Schicksale erschienen zu grausam als das Gott sie zulassen konnte.



Oder werden die auf so unbeschreiblich Weise aus dem Leben gerissenen wiedergeboren, wenn die Welt nicht hinsieht?



Ich möchte so sehr an eine Wahrheit glauben, die außerhalb unserer Erkenntnis liegt. Die verborgen und unsichtbar für alle außer den empfindsamsten Augen ist. An die endlose Prozession der Seelen. An das was von nichts und niemanden zerstört werden kann.



Ich möchte glauben, dass wir Gottes ewigen Lohnes und seiner Trauer nicht bewusst sind. Dass wir seine Wahrheit nicht sehen können. Dass das, was geboren wurde, weiter lebt und nicht in der kalten Erde begraben werden kann sondern nur darauf wartet auf Gottes Geheiß hin wiedergeboren zu werden. Und zwar dort wo wir eines Tages im uralten Sternenlicht alle ruhen werden.“







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Ich kann nicht mehr. Ich bin ausgelaugt, fertig. Ich fühle mich leer, nutzlos. Was soll ich machen? Ich bin allein. Völlig allein. Meine Schwester war nicht unter den Opfern. Man hat sie nicht gefunden. Aber was heißt das schon. Wenn sie nicht dort ist/war. Wo dann? Wo ist sie dann? Kann mir das vielleicht irgendjemand sagen? Ja, ich wäre schon etwas froh gewesen wenn man sie gefunden hätte. Denn dann wüsste ich wenigstens, dass sie es jetzt besser hat. Und an einem schöneren Ort ist, als hier auf dieser Erde. Und dass alles nur eine weitere Lüge des Krebskandidaten wäre. Das es falsch war, was er all die Jahre über erzählte. Die Entführung meiner Schwester. Eine Lüge. Ich wünschte, ich wüsste es. Ich wünschte, ich wüsste wo sie ist. Ob sie lebt. Ob sie ein Leben hat. Vielleicht allein. Oder mit einer Familie, die sie liebt. Oder ob sie schon längst tot ist und ihre Überreste nie gefunden werden können. Weil es irgendwo ist, wo sowieso niemand hinkommt. Ich wünschte, ich wüsste es.



Ein weiterer Schicksalsschlag.



Mein Vater ist tot. Umgebracht. Erschossen. Kaltblütig und gedankenlos wurde ihm das Weiterleben verwehrt. Von jemanden den ich kenne! Das ist das schaurigste an allem. Krycek. Diese miese Ratte. Ich wünschte, ich könnte ihn finden. Aber was mach ich, wenn ich ihn gefunden habe?



Soll ich den grausamen Tod meines Vaters rächen? Wohl kaum, denn dann macht es mich nicht besser als diesen Hurensohn. Dann bin ich auch wie er. Wenn ich aus Rache jemanden erschieße. Nein, das ist keine Lösung.



Nicht für mich. Ich muss daran glauben, dass er seine gerechte Strafe bekommt. Vielleicht nicht durch mich, aber das ist nicht wichtig.



Und jetzt komme ich zu meinem letzten Familienmitglied.



Meine Mutter. Nun, sie ist jetzt auch tot.



TOT! TOT!



Ich kann es nicht glauben. Ich will es nicht glauben. Jetzt ist meine ganze Familie tot. Weg. Ich bin allein.



Sie hat sich selbst das Leben genommen.



Warum?



Warum beschließt man, sich ein Ende zu setzen?



Warum nimmt man sich das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden?



Ich möchte so sehr ihre letzten Gedanken kennen. Wissen, was sie dachte.



Während es passierte. Hatte sie Schmerzen? Oder spürte sie am Ende gar nichts? Es gibt so viele Fragen. Fragen, die auch jetzt noch unbeantwortet bleiben werden. Keiner weiß, wo sie sich jetzt befindet. Gibt es ein Leben nach dem Tod? Nun, ich schätze meine Mutter weiß es jetzt.



Und ich hoffe, dass sie da, wo auch immer DA ist, es ihr gut geht. Zumindest besser als hier.



Und dass sie vielleicht sogar meinen Dad gefunden hatte. Ich wünschte es ihr. Sie sollte nicht so alleine sein, nicht so wie ich im Moment.



Aber, halt. Jetzt erst bemerke ich sie.



Scully ist bei mir. Sie hält mich im Arm. Tröstet mich. Beruhigt mich.



Ich schluchze hemmungslos. Weine meinen Frust einfach hinaus.



Mir ist es egal, dass ich ein Mann bin und weine. Ich schäme mich nicht vor ihr.



Auch wenn ich bei ihr meine Schwächen zeige. Sie gibt mir Halt. Ist der rettende Anker, den ich jetzt so sehr brauche. Wenn sie nicht wäre.



Ich weiß nicht, was ich in dieser Zeit, genau im Augenblick, getan hätte. Wenn sie nicht da wäre. Wahrscheinlich hätte ich mich auch umgebracht. Erschossen. Dann wäre das Leben auch für mich vorbei gewesen und ich hätte keine Schmerzen mehr.



Denn diese Schmerzen sind schlimmer, als die körperlichen Schmerzen.



Sie sitzen tief in der Seele. Und zerfressen dich von innen nach außen.



Du könntest schreien bei so einem Schmerz. Einfach schreien bis du nicht mehr kannst vor Erschöpfung. Bis du nur noch wie ein Stückchen Elend geschlagen zusammen kauerst.



Und dir nichts sehnlicher wünscht, als einfach zu verkriechen. Dich unsichtbar für die gesamte Menschheit zu machen.



Dich verstecken, dass dich niemand mehr sieht; dich in Ruhe lässt.



Das wollte ich zuerst. Als Scully mir erzählte, dass es bewiesen ist, dass meine Mutter Selbstmord begangen hat.



Sie nahm mich in ihre Arme und wiegte mich wie ein kleines Kind. Sanft, ganz sanft setzte sie mich aufs Sofa. Sie redete langsam und zärtlich. Immer wieder bestätigte sie, dass sie da wäre.



Und mich nicht allein lassen würde.



Ich spürte, wie ich mich entspannte, aufhörte so hemmungslos zu weinen.



Bis ich mich dann vollends beruhigte und ich mich erschöpft an ihr festhielt. Sie nahm mich dadurch noch fester in die Arme. Ich roch ihr Parfum. Ihren einzigartigen Duft. Und war froh, dass ich sie hatte.



Sie ging diese Nacht nicht. Ich bat sie darum; sie war damit einverstanden.



Worüber ich sehr dankbar war.



Nach einer Weile stand sie auf und zog mich mit in die Höhe.



Wir gingen ins Schlafzimmer wo sie mich langsam auszog. Ich lies es geschehen. Ich war zu erschöpft um zu widersprechen. Dann legte sie mich ins Bett und drückte sich neben mich. Sie strich mir langsam durchs Haar.



Ich merkte, wie ich müde wurde. Ich dämmerte in den Schlaf. Fühlte mich geborgen und beschützt. Jetzt, da sie da war und meinen Traum bewachte, wusste ich, dass ich sicher war. Sie ist eine starke Frau. Und sie beschützt mich, genauso wie ich sie beschütze. Es ist ein Gleichnis. Eine Waage. Ich wache über ihre Träume, sie über meine.



Mit diesen Gedanken schlummerte ich ins Traumland. Weil ich wusste, dass ich keine Alpträume - trotz dieser schrecklichen Tatsache – bekommen werde.



„Schlaf mein Liebling!“, murmelte sie noch. Und dann war ich weg, mit der Erkenntnis, dass ich, trotz dessen, dass alle Blutsverwandten tot sind, ich mit IHR eine Familie habe. Und ich war glücklich darüber. Das Wissen jemanden zu haben der für einen da ist wenn man ihn braucht.









THE END
So, ich hoffe sie hat euch gefallen. Mir hat sie sehr gut getan.



Ich habe in dieser Woche eine sehr geschätzte Person verloren, die ich jetzt schrecklich vermisse.



Es kam plötzlich für mich und äußerst unerwartet.



Einige werden wissen von WEM die Rede ist. Besonders die, die mich aus dem txf.mainchat kennen. Nochmals vielen Dank an alle, die mir in dieser schweren Zeit geholfen und mich wieder aufgebaut haben.



Vielen Dank an euch!







So, Linda!



Ich weiß, du wirst das hier nie mehr lesen können. Aber trotzdem wünsche ich dir alles Gute. Und dass du dich dort, wo auch immer du dich im Moment aufhältst, wohl und geborgen fühlst.



Ich werde dich NIE vergessen!
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