World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Her last will

von Mona

1/1

Immer noch rannten sie durch diese Fabrik, die jeden Moment in die Luft fliegen konnte. Der Boden vibrierte stark unter ihren Füßen, Mulder schmerzte die Lunge vor Anstrengung und wegen der giftigen Gase, die überall in der Luft lagen. Wie oft hatten sie sich schon verlaufen in dieser unwirklichen Umgebung? Wie viele Treppen sind sie in der letzen halben Stunde schon mehrmals hoch und runter gelaufen? Aber man konnte aufgrund der Rauchentwicklung kaum die Hand vor Augen sehen, geschweige denn erkennen, wo man gerade war.



Doch jetzt schienen sie auf dem richtigen Weg zu sein, dem Weg zum Ausgang. Ungefähr fünfzig Meter vor ihnen konnte Mulder das grüne Leuchten des Schildes mit der Aufschrift „Exit“ wahrnehmen.



„Scully, da vorne ist es, wir haben es geschafft!“, rief er, aber keine Antwort. Abrupt blieb Mulder stehen und drehte sich um. Doch außer Nebel konnte er nichts erkennen.



„Scully!“ rief er noch mal, wobei seine Stimme deutlich panischer klang.



„Scully, antworten Sie mir!“



Voller Panik rannte er zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Wie viel Zeit hatte sie wohl noch, bevor hier alles in die Luft flog? Doch wo war bloß seine Partnerin? Mulder war fest davon überzeugt, immer ihre Schritte hinter sich gehört zu haben. Plötzlich tauchte sie vor ihm aus dem Nebel auf, am Boden liegend. Mulder stürzte auf sie zu und sank vor ihr in die Knie.



„Scully, was ist passiert?“, rief er besorgt.

„Dieser Stapel Rohrleitungen kann plötzlich aus dem Nebel auf mich zugerollt, ich konnte ihm einfach nicht ausweichen“, antwortete sie mit von Schmerzen verzerrter Stimme.



„Können Sie aufstehen?“, fragte Mulder.



„Nein, mein Fuß ist eingeklemmt“, lautete Scullys Antwort.



Erst jetzt schweift Mulders Blick über die herabgestürzten Rohrleitungen, die sich auf Scullys Bein, vom Knie abwärts, zu einem Stapel aufgetürmt hatten. Jede mit ungefähr einem halben Meter Durchmesser. Sie musste unheimliche Schmerzen haben. Und erst jetzt begriff Mulder was das bedeutete:



Nie konnte ein Mensch allein diese Rohre auch nur einen Zentimeter weit bewegen.



Panik ergriff ihn. Sein Blick traf zuerst Scullys Gesicht, das ihn schmerzverzerrt anblickte und dann die Rohrleitungen. Dann sprang er auf und begann wie ein Verrückter daran herumzurütteln, doch ohne jeden Erfolg. Er konnte keine der Stangen auch nur einen Millimeter weit bewegen. Wie aus großer Entfernung hörte er Scullys Stimme an sein Ohr dringen, die seinen Namen rief. Allerdings war er nicht fähig darauf zu reagieren. Erst als er ihre Hand auf seiner fühlte hörte er auf und sah in ihr Gesicht. Es war voller Schmerz und aus den Augen seiner Partnerin sprach die pure Angst.



Für ein paar Sekunden schauten sie sich in die Augen, und Mulder konnte darin genau erkennen, was sie von ihm erwartete. Nein, das konnte er nicht tun, niemals. Doch nun sprach Scully die Worte, welche er gerade in ihren Augen gelesen hatte, und vor welchen er sich so unheimlich fürchtete:



„Sie müssen gehen, Mulder, lassen Sie mich hier!“



Es schien, als drangen die Worte gar nicht bis in sein Bewusstsein vor, doch er hörte sie und Panik ergriff ihn. Eigentlich stand sein Entschluss fest: Er konnte und wollte sie nicht hier lassen. Als Scully diesen Gedanken in seinem angsterfüllten Gesicht las, sprach sie weiter:



„Mulder, es hat keinen Sinn, wenn Sie hier mit mir sterben! . . . und das werde ich, wenn das alles in die Luft fliegt. Ich habe das nicht verdient!“



Mulder sah sie jetzt völlig verständnislos an.



„Ich wurde Ihnen zugeteilt, um Ihre Arbeit zu blockieren, Sie von Paranormalen fernzuhalten, wissen Sie nicht mehr? Ich bin kein Verlust für Sie. Ihre Aufgabe ist noch nicht erfüllt, die Wahrheit, die Ihnen das wichtigste auf der Welt ist, noch nicht gefunden. Die Wahrheit, nach der Sie ihr ganzes Laben lang gesucht haben. Wollen Sie die wirklich für mich augeben?“



Mulder wusste die Antwort. Eigentlich wussten sie sie Beide. Mulder war bereit, alles für Scully aufzugeben. So wollte er heftig protestieren, doch Scully schnitt ihm das Wort ab.



„Mulder, ich werde sterben und es ist mein letzter Wille, dass Sie jetzt sofort gehen. Wenn Sie mir eine letzte Ehre erweisen wollen, dann tun Sie es.“



Mit diesen Worten Scullys brach für Mulder eine Welt zusammen., alle seine Sinne spielten verrückt.

Er wusste, dass Scully recht hatte, dass sie sterben würden, wenn diese Fabrik explodierte und, dass er keine Chance hatte, sie irgendwie zu befreien. Doch er wusste auch, dass Scully mit den Worten davor nicht recht hatte, dass sie sie nur sagte, um ihn zu verletzen und ihn so zu retten. Er wusste, dass Scully in Wirklichkeit anders dachte.



Mulder war völlig verzweifelt. Seine Vernunft lieferte sich eine unerbittliche Schlacht mit seinem Herzen. Er müsste Scully doch wenigstens ihren letzten Wunsch erfüllen, wenn er schon sonst nichts für sie tun konnte, aber er konnte sie doch nicht einfach hier lassen!



Auf den Knien krabbelte er von Scullys Füßen zu ihrem Oberkörper und sah sie an. Ihr Gesicht war dreckig und starr vor Schmerzen und Angst, doch sprach aus ihren Augen eine völlige Entschlossenheit. Und als er das sah, wusste Mulder, dass es keinen Sinn hatte, ihr zu widersprechen.



Er nahm sie ein letztes Mal in die Arme, drückte sie fest an sich und wollte sei nie wieder loslassen. Ihre gemeinsame Zeit flog noch mal wie im Zeitraffer an ihm vorbei. Doch dann schob Scully ihn von sich weg. Er sah ihr einletztes Mal in ihre blaue Auge, die angefüllt mit Tränen, wie ein unendlicher Ozean wirkten. Dann legte Scully ihre Hände um Mulders Nacken, sie waren schweißnass und eiskalt und zitterten. Ein letztes Mal küsste sie ihn zärtlich auf die Stirn. Dabei liefen Tränen, wie kleine Wasserfälle ihre Wangen hinunter.



„Du musst jetzt gehen“, flüsterte sie dann, „Du hast nicht mehr viel Zeit!“

Ab diesem Moment wusste Mulder nicht mehr, was er tat. Er war wie in Trance. Er stand auf, lies seinen Blick noch mal über den Stapel Rohrleitungen auf Scullys Füßen, über ihren Körper und dann zu ihrem Gesicht schweifen. Er musste es ihr einfach sagen:



„Aber, Scully, ich lie. . .“. Doch Scully fiel ihm ins Wort und schrie:



„Jetzt geh endlich!“



Wie unter Hypnose drehte sich Mulder um und rannte los, immer weiter, bis ein lauter Knall ertönte und eine heiße Druckwelle ihn von hinten erfasste und hoch in die Luft schleuderte. Sein letzter Gedanke vor dem harten Aufschlag galt Scully und, dass sie ihn ja gerade geduzt hatte.



Schweißnass schreckt Mulder hoch. Er zitterte am ganzen Körper und wusste im ersten Augenblick gar nicht, wo er war und was passiert war. Doch dann erkannte er sein Appartement. Zum Glück war alles nur ein böser Traum gewesen. Nein, und das wusste er, er würde Scully nie im Stich lassen, nicht um alles in der Welt,







auch nicht, wenn es ihr letzter Wille wäre?
Rezensionen