World of X

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The Letter

von Jenna Tooms

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„Es scheint nur falsch, Liebesbriefe als Beweisstücke herzunehmen“, sagte Scully und Mulder sah sie überrascht an.



„Denkst du wirklich so?“



„Du nicht?“ Sie sperrte ihre Tür auf und öffnete sie mit ihrer Schulter, da ihre Arme mit Lebensmitteltüten vollgeladen waren. Mulder konnte sie nicht öffnen, so sehr er es gewollt hätte, denn seine Arme waren genauso beladen. Er war auch, wie, hatte er noch nicht herausgefunden, dazu gezwungen worden, Scullys Sachen aus der chemischen Reinigung zu tragen. „Du bist größer“, meinte sie, als erkläre das alles.



Er folgte ihr in die Küche und setzte die Taschen vorsichtig auf der Theke ab -- wenn er sich richtig erinnerte, hatte er die mit den Eiern, irgendwo. „Liebesbriefe sind so persönlich“, erklärte Scully, bereits einen Kopfsalat unter dem laufenden Wasserhahn reinigend. „Du kannst deinem Schatz Dinge erzählen, die du anderen gegenüber nicht wagen würdest.“



„Palmers Anwalt wird es schwer haben, den Richter zu überreden, dass eine 500$-pro-Nacht-Nutte eine ‘Schatz’ ist“, wand Mulder ein und stand mit der Tasche aus der chemischen Reinigung über seiner Schulter unbeholfen da. „Wo soll ich die hinstellen?“



„Häng sie an den Haken hinter meiner Schlafzimmertür, bitte. Er war verliebt in sie, in seinen Gedanken war sie sein Schatz.“



„Er pirschte sich an sie heran“, sagte Mulder hinter ihrer Tür gebeugt. Er erschien einen Moment später, ohne kühlen Unterton. Er hielt im Türrahmen inne und sah auf ihre kleinen strumpfhosenen Zehen, als sie sich streckte, um eine Packung Mikrowellen-Popcorn aus dem Schrank zu holen. Ihre Schuhe lagen am Küchentisch auf der Seite, als wurden sie schadenfroh weggestoßen.



„Mulder, sein Benehmen war nicht zwanghafter als dein eigenes.“ Er sah sie an und lächelte schuldbewusst und sie lächelte zurückhaltend und wippte mit ihren Zehen zur Betonung. „Es gibt einen Unterschied zwischen Liebe und Heranpirschen“, sagte sie simpel und ging zur Theke, um weitere Lebensmittel zu holen.



„Ich sitze nicht um 3 Uhr morgens in einem geparkten Auto vor deinem Appartement, während ich immer und immer wieder dasselbe Lied höre und die Nummernschilder jedes vorbeifahrenden Autos aufschreibe.“



„Aber du rufst mich alle zwanzig Minuten von der Telefonzelle aus an, wenn du dich vernachlässigt fühlst.“ Sie warf ihm eine Dose Mandarin-Orangen zu und er vollbrachte seine Pflicht als Großer, als er sie auf ein hohes Regal stellte. „Wenn ich deine Liebe nicht erwidern würde, würde ich dich vielleicht beunruhigen.“



„Ach so, wenn das Gefühl erwidert wird, dann ist zwanghaftes Verhalten okay?“



„Also.. dann ist es verständlicher. Willst du wechseln?“



„Was?“, fragte er und sah ihr ins Gesicht. Er war wieder von ihren Zehen abgelenkt worden. Scully seufzte geduldig und ging zu ihm und stellte sich dann auf ihre Zehen, um ihn kurz zu küssen.



„Kleider“, erklärte sie. „Willst du deine Kleider wechseln?“



„Oh, ja. Will ich -- uh -- Scully?“



„Ja?“



„Du hast deine Zehennägel lackiert, nicht wahr?“



„Ja, hab ich.“



„Ich verstehe. Das rechtfertig eine weitere Untersuchung.“



„Ich verlasse mich darauf“, meinte sie und ging zu den Lebensmitteln zurück.



******



Das Thema wurde wieder aufgegriffen, als Mulder sagte: „Also, du hast mich über Liebesbriefe aufgeklärt.“



„Habe ich das?“ Unter seinen Händen bog und schnurrte sie wie eine Katze. Ihre Zehen wurden sorgfältig untersucht und mit neuem Lack als ziemlich zufriedenstellend befunden.



„Warum man darin über Dinge sprechen kann als anderswo.“



„Hast du jemals einen Liebesbrief geschrieben, Mulder?“



„Habe ich. Geschrieben und erhalten. Natürlich waren die meisten davon in der ‘Wenn du mich magst, kreuz das Ja-Kästchen an’ -Weise geschrieben, aber ich war jung und dumm.“



„Und jetzt bist du alt und dumm“, murmelte Scully und kreischte dann, als er die Innenseite ihres linken Knies kitzelte. „Hör auf damit. Du weißt, dass ich da kitzlig bin.“



„Ja, das weiß ich.“ Er fuhr fort ihren Rücken wie ein verantwortungsbewusster Freund zu streicheln und sie aufhörte vor sich hinzumurmeln, dass es nicht fair war, da er nirgends kitzlig war und weiter schnurrte.



„Also hast du?“



„Habe ich was?“



„Jemals einen Liebesbrief geschrieben?“ Er lief mit seinen Fingern ihre Wirbel ab, hielt inne um ‘Heart and Soul’ zu spielen, wo ihre Taille in ihre Hüfte überging.



„Mmh.. nicht viele.“



„Ich wette, du hast viele erhalten.“



„Einige“, sagte sie ruhig und Mulder bog ich, um ihren Nacken zu küssen.



„Andere, als diese sehr simplen, meine ich.“



„Einige“, wiederholte sie. Ihre Stimme war bereits schläfrig. „Die meisten davon waren süß. Nicht besonders schlau, aber ehrlich. Das ist es, was einen guten Liebesbrief ausmacht, denke ich, dass er ehrlich ist.“



„Weil die meisten davon nur für ein Augenpaar gemeint sind, nehme ich an. Die Leute würden anderweitig nicht so ehrlich sein.“



„Ich habe eine Sammlung von Liebesbriefen zwischen berühmten Paaren“, sagte sie nach einer Weile. Sie drehte sich von ihrem Bauch auf ihren Rücken und machte eine Geste für ihn, um näher zu kommen. Und Mulder lehnte sich vorsichtig an sie. Er machte sich dauernd Sorgen darum sie zu erdrücken, wovon sie sagte es war lächerlich. Sie begann seine Schläfen mit ihren offenen Handflächen zu massieren und er schloss seine Augen und seufzte selig. „Einige davon sind wunderschön. Bei anderen merkst du, dass die Verfasser wussten, vorbeikommende und vorbeigehende sind und dass sie nichts weiter sind als. ich weiß nicht, Liebschaften.“



„Es ist schwer, gleichzeitig für die Ewigkeit und für dein ‘Sweetheart’ zu schreiben.“ Ihre Beine schlangen sich um seine Taille und er strich geistesabwesend mit einem Daumen über ihre schöne, weiche Haut ihrer Wade. „Ich weiß es nicht, Scully. Obwohl ich mir wegen ein paar Gründen nicht vorstellen kann, dass du leidenschaftliche Liebesbriefe schreibst.“



„Oh. Und warum nicht?“ Sie hörte auf seinen Kopf zu massieren und zwickte sein Ohrläppchen leicht.



„Wegen einigen Gründen kann ich mir vorstellen, dass deine Liebesbriefe Dinge wie „Lieber Goomba, letzte Nacht hast du deine Armbanduhr bei mir liegen lassen. In Liebe, Scully“ enthalten.“



„Goomba“, sagte sie und drückte wieder sein Ohr.



„Weil du nicht--„



„Gefühle offen zeige?“



„Nein“, meinte er, bemerkend, zu spät wie immer, dass sein Fuß bereits drin steckte. „Du zeigst sehr offen deine Gefühle, du bist nur nicht --“



„Gefühlvoll“, kam es von ihr. Sie begann, sauer zu klingen.



„Du redest keinem Menschen ein Ohr ab, ist alles, was ich sage. Du redest nicht davon, Dinge zu tun, du tust sie einfach. Ich beschwere mich deswegen nicht, das weißt du.“



„Hm“, sagte sie, aber er nahm an, ihm wurde vergeben, weil sie damit begann über seine Schulter zu streichen, wie er es mochte. Tiefe, Knochen erdrückende Schläge die seine Schulterblätter zurück an seinen Platz drückten. Der Himmel lag in Scullys Händen, besonders nach einer anstrengenden Woche. „Und was für Dinge enthalten deine Liebesbriefe, Mulder?“



„Ich sagte es dir... ‘wenn du mich magst, kreuz das Ja-Kästchen an’.“



Sie lachte. „Bedeutet das, du wirst jeden Tag mit mir Mittagessen?“



„Ich werde sogar meine Twinkies mit dir teilen.“



„Mein Held“, meinte sie. Sie rieb für eine Weile schweigend seinen Rücken und murmelte dann, als er begann einzuschlafen: „Goomba...“



******



Es kam einige Tage später in seinen Briefkasten Zuhause. Geschrieben auf einem cremefarbenem High-Quality-Papier, adressiert an Mr. Fox Mulder. In einer Tinte, die so dick und reich wie Schokoladensirup war - kein normaler Kugelschreiber würde Papier so schmähen wie dieser - geschlossen mit einem Wachssiegel und sogar leicht mit einem bekannten Duft besprüht. Mulder stand bei seinem Briefkasten, den Umschlag haltend und daran schnüffelnd, bis ein Nachbar vorbei lief und ihm einen seltsamen Blick zuwarf. „Parfümprobe“, sagte Mulder und schloss schnell seinen Briefkasten zu, um nach oben zu gehen.



„Gut, gut, gut, Agent Scully“, sagte er, als er alleine war. „Bist du jetzt verloren und unglücklich?“ Es würde ihn nicht überraschen, wenn dieses wunderschöne Schreiben nur „Goomba“ enthalten würde. Sie hatte an dem Wort Gefallen gefunden und benutze es in den letzten paar Tagen oft um sich an ihn zu wenden „Naja, es passt besser zu dir als Spooky“, hatte sie diesen Nachmittag gesagt und ihn unschuldig angeblinzelt.



Er glitt vorsichtig mit seinen Fingern unter den Umschlagflügel und versucht, nicht das Siegel zu brechen, als er den Brief öffnete. Die Briefmarken waren lilienfarbenblau, das Wachs leuchtend Blau. Kein schäbiges „S.W.A.K“ für Dana Scully, dachte er, nein, nein. Er zog das Blatt heraus und fuhr mit seinen Fingerspitzen über die angeraute Kannte. Sie hatte für das alles herausgeholt, dachte er, es war wie eine Einladung ins Weiße Haus zu bekommen.



Der einzige Bogen war voll von ihrer runden, präzisen Handschrift und er brauchte einen Moment, um es zu bewundern. Er liebte ihre Handschrift so sehr, wie er alles andere an ihr liebte, auf eine hilflose, unerklärliche Art. Er liebte es, dass er hier sehen konnte, wie sie die Feder ihres Stiftes auf das Papier drückte, um den Buchstaben anzufangen und dort, wo sie mit ihrer Hand etwas geschmiert hatte.



Er legte den Brief auf seinen Schreibtisch und ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser einzuschenken. Er schaltete die Stereoanlage ein und legte eine CD ein, die sie diese Woche liegen gelassen hatte, nahm das Glas und den Brief und legte sich, den Rücken gegen die Kissen gelehnt, auf sein Bett.

Das Licht im Zimmer war golden und warm und für eine oder zwei Minuten lag er so, beobachtete den Tanz der Staubkörner und lauschte dem Teil, bei dem Scully immer sagte: „Shh. Das ist die Stelle, in der die Zusammenhänge interessant werden.“



Er lächelte und begann zu lesen.



„Mein Liebling,



An diesem Morgen, als ich aufwachte, lag ich eine Weile im Bett, gefüllt mit einem Gefühl, das ich nicht annähernd benennen könnte. Es war wie in die Kindheit zurück zukehren, wenn man erwachsen ist - bekannt, aber niemals dasselbe. Es war ein Gefühl, dachte ich, dass ich vor vielen Monaten verloren hatte und niemals mehr wieder finden würde. Ich habe mich - natürlich nicht glücklich darüber - lediglich damit abgefunden.



Hast du jemals jemanden gekannt, den du jetzt so nicht mehr kennst? Jemanden, den du jeden Tag am selben Ort siehst? Mit dem du eine nickende Bekanntschaft hast, aber dessen Namen du nicht kennst? Und dann, eines Tages, sind sie gegangen. Und du weißt nicht wieso und du hast niemanden, um zu fragen. Und dann kommen sie unerklärbar und plötzlich zurück und du kannst nicht zum Nicken zurückkehren - du musst näher rangehen, lächeln und ‘Hallo’ sagen.



So fühlt es sich an. So als hätte ich jemanden verloren, von dem ich nicht wusste, dass er ein Freund ist und jetzt will ich ihm zu verstehen geben, wie wertvoll er für mich ist und wie viel ich tun werde, um diese Freundschaft zu erhalten.



Als ich heute Morgen im Bett lag, erinnerte ich mich an den Namen dieses Gefühls und kann es jetzt benennen: Freude. Es ist ein sonderbares Wort, oder nicht? Freude. Simpel, noch tiefer als Glück und wertvoller als Zufriedenheit. Ich stelle mir Freude immer als gelb und tanzend vor - wie eine Brise über ein Feld von Butterblumen. Oder wie ein Drachen, dessen Schnur gerissen ist. Und dann gibt es diesen verzückten Moment, wenn er höher steigt und du denkst, dass er geradewegs in die Sonne fliegt. Es sind Tausende kleiner Dinge, die mich erstaunen und erfreuen lassen. Und als ich an diesem Morgen im Bett lag, bemerkte ich, dass es auch Freude bringt, jemanden zu haben, der dieses Gefühl mit einem teilt.



Und der Grund für meine Freude schlief neben mir. Wunderschön im Morgenlicht, warm wie der Sonnenaufgang, köstlich und stark und so viele liebliche, schöne Sachen. Ich konnte nur dich beim Schlafen beobachten, zu glücklich, dass dein Schlaf so friedlich war, um ihn zu stören.



Von all den Geschenken, die du mir gegeben hast, ist es das, was ich am meisten schätze. Du schenkst mir Freude, Mulder, und ich liebe dich dafür.



Scully“



Er las den Brief wieder und wieder. Er fuhr über die Wörter, kostend und genießend. Hatte sie wirklich gesagt...? Sie hatte es gesagt. Er war dabei, den Hörer abzunehmen und anzurufen, um ihr zu sagen, was ihre Wörter in ihm inspirierten. Als er realisierte, dass das die falsche Art war, es loszuwerden. Er kannte ein Schreibwarengeschäft nicht weit entfernt. Sie könnten ihm helfen, gutes Papier und eine dazu passende Tinte zu finden. Und er wusste bereits, wie er seinen Brief beginnen würde....



„Mein Liebling,



ich fand einen Schatz, der auf mich wartete, als ich heute nach Hause kam. Nicht einer aus Gold oder Juwelen, aber aus Wörtern. Kostbare Wörter, die kostbarsten aller Wörter....“



- Ende
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