World of X

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One hundred lines

von Jenna Tooms

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Ihr Körper.



Ihr Körper ist kompakt und rund. Ihr Körper ist warm und weich. „Dein Körper“, sagt er zu ihr, „ist für’s Vögeln gemacht.“, und sie lacht nur, weil er zwischen ihr, in ihr, um sie geschlungen und geschützt ist von ihren kleinen Füßen und starken Armen. Er darf Sachen wie diese Sagen, wenn sie so sind wie jetzt.



Sein Körper.



Sein Körper ist lang und gestreckt. Sein Körper trägt mehr Narben als ihrer. „Dein Körper“, sagt sie „ist wie eine griechische Statue. Dein Körper ist wunderschön.“, sagt sie in sein zweifelndes Gesicht, aber er lächelt und küsst sie.



Ihre Körper.



Ihre Körper bewegen sich langsam zusammen. Nicht völlig zusammen - sie lernen sich immer noch kennen - aber dorthin kommend. Ihrer ist der Rhythmus des Meeres, einfach, sanft. Er war landfest schon sein ganzes Leben lang, aber er denkt, wenn er sich in ihr bewegt, dass er segeln lernen könnte.



Ihre Körper brennen nach dem anderen, sehnen sich nach dem anderen, wenn sie nicht Liebende sind. Wenn sie anständige und höfliche Partner sind, denkt er, dass er immer noch den Abdruck ihrer Hände auf seiner Haut fühlen kann. Wenn er sie durch ihre Klamotten berührt, nur eine Hand zwischen ihrer Schulter, zittert sie.



Das ist mehr als Leidenschaft, denkt er. Er will es Liebe nennen.



Er schläft ein bisschen, gegen ihre Brüste gebettet und wacht auf durch ihre Bewegung. Der Mond ist aufgegangen, silberne Strahlen über ihr Bett werfend. „Magie.“, flüstert er.



„Hungrig.“, antwortet sie, schlüpft aus seinen Armen und steht auf. Ihr Körper ist blass und geisterhaft im Dunkeln. Im Dunkeln hat sie kein Verlangen nach Kleidung und geht, nackt wie Eva, aus seinem Schlafzimmer.



„Du bist cremig.“, sagt er und sie lacht vom Ende des Flurs aus. Er runzelt für einen Moment die Stirn, lächelt dann und steht auf, um zu folgen. Er würde es erklären, wenn sie es will: dass sie süß und weich und beruhigend ist, dass sie sein Verlangen kühlt und seinen Durst stillt, dass er ihren Geschmack auf der Zunge behalten will.



Oder er wird es nicht. Vielleicht wird er sie raten lassen. Vielleicht wird er sie fragen lassen.



Sie hatte in der Küche einen Brotlaib, eine Butterdose und ein Marmeladenglas hervorgeholt. Sie beschmiert eine Brotscheibe und reicht sie ihm. „Iss.“



„Ja.“ Sie sorgt für ihn. Das ist, was sie tut. Er fragt sich, ob sie überhaupt darüber nachdenkt oder ob sie daran gewöhnt ist die Hausfrau zu sein, dass sie nicht danach fragt, ob er es will oder braucht.



Braucht, wahrscheinlich nicht. Will, oh ja.



Sie hat das Licht nicht angeschaltet und die Küche ist silbern vom Mondlicht und golden von den Straßenlaternen. Ihre Finger sind klebrig, als er ihre Hand küsst. Er lutscht den Rest der Marmelade von ihren Fingern. Im Dunkeln kann er sanft sein. Im Dunkeln lässt sie ihn sich lieben. Im Dunkeln sind sie zwei andere Leute als am Tag.



Sie reicht ihm Milch und sagt weich: „Ich bin also cremig?“



„Ja.“ Er trinkt, studiert sie einen Augenblick. Sie leuchtet. Er fühlt sich wie eine Dschungelkatze, die in ihrem Revier herumstreift, bereit, auf ihren Happen zuzuspringen. „Du bist wie belgische Schokolade.“



„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass du betrunken bist.“



„Nein. Nur verliebt.“



Da. Da sind die Worte, ausgesprochen, nicht nur in seinem Kopf. Er lächelt nicht, dreht sich aber auch nicht weg. „Oh.“, ist alles, was sie sagt.



Es ist besser, als er erhofft hatte und er entscheidet, ihre schläfrigen Augen und entspannten Schultern auszunutzen. Er tunkt seine Finger ins Glas und streicht Himbeermarmelade über ihre Brüste. Ihre Brüste heben und senken sich einmal. Sie greift nach der Theke. „Oh.“, sagt sie wieder, aber es ist dieses Mal ein Luftzug, dieses Mal ist es ein Seufzen und sie hält sich aufrecht, als er seinen Kopf senkt, um sie sauber zu machen. „Oh.“, noch weicher, noch länger.



Klebrige Finger gleiten über ihre Hüfte und er geht auf die Knie, um dem fruchtigen klebrigen Pfad zu folgen. Die Beeren sind herb, ihre Haut ist süß - das perfekte Medium für Marmelade, denkt er mit einem Glucksen. Er malt Spiralen auf ihre Oberschenkel. „Das ist mein Name.“, erklärt er ihr, ein Symbol unterhalb ihrer linken Brust zeichnend. „Mein Name sieht so in Hebräisch aus.“



Ihre Augen treffen seine. „Das macht mich nicht zu deinem. Deinen Namen auf mich schreibend.“



„Ich weiß. Es ist nicht wichtig.“ Seine Zunge schleckt seinen Namen weg. „Ich habe nur gespielt.“ Zickzack bedeutet Wasser - ihr Symbol. Linien bedeuten Erde - ihr beerdigter Liebhaber. Spiralen für das Baby - er erinnert sich, vor langer Zeit gelesen zu haben, dass Spiralen Frau bedeuten, Geburt, die Kraft des Mondes und die Kraft der monatlichen Blutung.



Sie ist ein Irrgarten und manchmal hat er Angst, dass sein Faden reißen wird.



Er zeigt ihr ein anderes Symbol auf ihrem Arm. „Deinen Namen gibt es nicht in Hebräisch. Das hier ist am nächsten. Dan. Richter.“



Sie flüstert: „Ist es das, was ich bin? Dein Richter?“



Er fügt eine dünne Spur hinzu und sagt: „Nein. Das hier macht es von Dan zu Daniel. Gott ist mein Richter.“ Er leckt ihren Namen weg und malt einen anderen. „Das bedeutet das, was du bist.“ Stern. Engel. In Hebräisch ist es dasselbe.



„Wie sieht der Name deiner Frau aus?“, fragt sie mit weicher Stimme.



Er blickt sie an. „Ex.“, erinnert er sie sanft, aber zeichnet den Namen dennoch. Sarah. Prinzessin. Und bevor sie fragen kann, fügt er Luke und den hebräischen Namen für Fox hinzu. Drei Verluste auf ihr geschrieben - zwei zur Erde, einer ins eigene Leben - und wischt sie dann weg. Niemand existiert im Mondlicht, außer ihnen zwei.



„Küss mich.“, flüstert sie und ihre Augen sind traurig.



Er steht auf und hält ihr Gesicht in seinen Händen. Ihre Augen, ihre Nase, ihre Lippen. Oh, ihre Lippen. Dünn vor Zorn oder geschwollen von Küssen, nagend vor Beunruhigung oder nass von Tränen, er liebt ihre Lippen. Das erste Mal als er sie küsste, hatte er Angst, er würde blaue Flecken zurücklassen. Jetzt weiß er, dass sie stärker als das ist.



Er küsst sie, bis sie bebt, ihre Arme wandern um seinen Nacken, und hebt sie dann auf die Theke. Sie keucht, aber entspannt sich, vertraut ihm. Sie lehnt sich in seiner Umarmung zurück. Zittert wegen der kalten Unterfläche und öffnet ihre Beine.



Er hat ihr mehr Geschichten zu erzählen, wenn er denken würde, dass sie zuhört. Begräbnishügel seit Anbeginn der Zeit, um das zu repräsentieren, wie er sie sieht, der angeschwollene Bauch, die Öffnung der Gebärmutter. Wiedergeburt einer symbolischen Frau, gemacht aus Erde und Stein. Er fragt sich manchmal was von ihr wiedergeboren wird.



Aber anstatt zu sprechen, beugt er sich zu ihr und schmeckt sie dort, wo sie herb ist, wie die Beeren und cremig, wie die Milch und warm, wie ihre Hand und rauchig, wie ein glimmendes Feuer. Er hat es ihr nicht gesagt, aber er will während der Geburt bei ihr sein. Er will das Baby in ihre Arme legen mit dem Gelöbnis, nichts, niemand, wird ihr oder dem Kind Schaden zufügen, solange er lebt. Sie hat von ihm keine Versprechungen verlangt, aber das ist etwas, was er jeden Tag macht, mit jedem Kuss, jedes Mal, wenn er in sie dringt, mit jedem Blick und jeder Berührung.



Niemand wird dir wehtun. Nicht unter meiner Aufsicht.



Sie will von ihm keine Versprechungen und was sie will, kann er ihr ganz leicht geben. Das. Seinen Körper, ihrem Körper Freude bringen, mit Fingern und einem Penis und einer Zunge. Er wünschte, er könnte vortäuschen, dass sie nur Körper wären, dass es da keine Vergangenheit oder Schmerz oder Kummer gibt, die sie voneinander fernhalten - aber dann würde er sie nicht lieben, wenn es nichts außer ihrem Körper gäbe. Ihre Schönheit belagerte ihn, aber es war ihre Seele, die die Pforten öffnete.



Falls es schließlich keine Liebe ist, ist es Zärtlichkeit und Weichheit und Schutz.



Ihre Oberschenkel erzittern und ihre Zehen krümmen sich. „Oh.“, seufzt sie glücklich in diesem Moment. „Mm.“ Im Dunkeln kann er ihr das geben - er kann 'Ich liebe dich' über ihre Klitoris schreiben und sie wird seufzen: „Ja.“ Er kann sie mit Hieroglyphen und Manuskripten markieren, Wörter, geschrieben mit seiner Zunge und eingebrannt in seine Seele. 'Du bist mein Stern. Ich liebe dich.'



Und wenn sie seinen Namen ausruft, ist er hoffnungsvoll, weil, wenn es nicht Liebe ist, könnte es so werden, eines Tages, wenn sie mehr will, als nur seinen Körper.







Ende







„Tonight I can write the sadest lines.
I loved her, and sometimes she loved me too.“
--- Pablo Neruda


26. Juli 2003
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