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With our without you

von Foxy

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Den ganzen Rückflug über ging Scully das Gespräch mit Sheela nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder schwirrten Wortfetzen durch ihre Gedanken.

Wortfetzen, die sie selbst gesagt hatte und von denen sie niemals gedacht hätte, dass sie sie irgendwann einmal laut aussprechen würde. Doch jetzt, nachdem sie es getan hatte, war es wie ein Geständnis. Bis zum heutigen Tag hatte sie es mit mehr oder weniger großem Erfolg geschafft, ihre Gefühle für Mulder zu unterdrücken oder zu leugnen.

Aber nun lagen die Dinge anders. Als sie Sheela erzählte, dass es manchmal passierte, dass aus einer Freundschaft mehr wurde, ganz plötzlich und unerwartet, hatte sie nicht von ihr und Homan gesprochen. Während sie sprach hatte sie einen Schmerz gespürt, der so tief saß, dass sie sich fast nicht mehr an ihn erinnert hätte.

Dennoch erinnerte sie sich noch genau an den Tag, an dem sie sich in ihren Partner verliebt hatte. Es war genau so, wie sie es Sheela beschrieben hatte. Als habe jemand einen Schalter umgelegt. Sie war wie an jedem Morgen ins Büro gekommen und wappnete sich wie gewöhnlich vor irgendwelchen spinnerten Ideen, die Mulder in der Nacht ausgebrütet hatte. Als sie das Büro betrat, saß Mulder hinter seinem Schreibtisch und blickte auf, als er sie hereinkommen hörte. Argwöhnisch hatte sie die Tür hinter sich geschlossen und dann lächelte er. Es war ein Lächeln, wie sie es schon viele Male zuvor bei ihm gesehen hatte, doch irgendetwas ließ ihr eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Sie versuchte objektiv zu bleiben. Es war schließlich Mulder, der ihr dort gegenüber saß. Ihr Partner und Freund. Mehr nicht.

Doch seit diesen Minuten hatte sie sich ihm gegenüber auf eine Art und Weise angezogen gefühlt, die sie zu Beginn etwas verwirrt hatte. Sie beobachtete ihn in Momenten, in denen er sie nicht beachtete. Wenn er sie ansah, oder ihr ein Lächeln schenkte, ging ein Kribbeln durch ihren Magen, wie sie es schon lange nicht mehr gespürt hatte. Nach und nach war das anfängliche verliebt sein einem Gefühl gewichen, dass so viel stärker war, dass sie Angst bekam. Angst davor, Mulder könne ihre Gefühle nicht erwidern. Angst davor, verletzlich zu sein. Angst davor, dass Mulder sie als vollwertigen Partner nicht mehr akzeptieren konnte. So verbarg sie ihre Gefühle tief in ihrem Herzen und nahm den Schmerz in Kauf. Seit ein paar Jahren war das ständig quälende Gefühl so sehr Teil ihrer Selbst geworden, dass sie ihn nicht mehr wahrnahm.

Hin und wieder jedoch, wenn sie sich unbeobachtet fühlte, musterte sie ihn. Das Alles war passiert, bevor sie ihre Schwester und ihren Vater verloren hatte und die Geschehnisse der darauffolgenden Jahre hatte sie in ihrem handeln bestätigt. Sie hatte mit Mulders Hilfe den Krebs besiegt und sie war sich nicht sicher, ob sie es bis hierher geschafft hätte, wenn sie ihm ihre Gefühle gestanden hätte.

Mittlerweile war sich Scully beinahe sicher, dass Mulder ebenso empfand wie sie, doch auch er machte keine Anstalten sich ihr anzuvertrauen.

Wie oft hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als sich in seinen Armen zu verbergen, beschützt von ihm, ihm einfach nur Nahe zu sein und die Wärme seines Körpers zu spüren.

Einmal waren sie sich so nahe gewesen. Damals auf dem Flur vor Mulders Appartement. Den Ausdruck in seinen haselnussbraunen Augen würde sie niemals vergessen und sie bewahrte diesen kurzen Moment der Nähe tief in ihrem Innern. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie noch immer seinen Atem warm auf ihrem Gesicht spüren.

Scully hob den Blick von ihrem Buch, auf das sie sich sowieso nicht konzentrieren konnte, und wandte den Kopf nach rechts. Mulder hatte seinen Sitz nach hinten gelegt und schlief. Zumindest sah es so aus. Seine Augen waren geschlossen und seine Brust hob und senkte sich langsam und regelmäßig bei jedem Atemzug, den er tat. Scully lächelte, und konnte sich nur mühsam beherrschen, ihm nicht eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen, und plötzlich war das Kribbeln wieder da.

Über ihnen leuchteten die Anschnallzeichen rot auf und der Captain verkündete über Mikrofon, dass sich die Maschine im Landeanflug auf Washington D.C. befinde.

Durch das Geräusch wachte Mulder auf und blinzelte verschlafen in das grelle Licht der Leselampe über Scullys Sitz.

"Sind wir schon da?", fragte er, streckte sich und brachte seine Rückenlehne in eine aufrechte Position.

"Sieht beinahe so aus!" Scully blickte aus dem Fenster. Es war bereits dunkel draußen und die Lichter der Millionenmetropole sahen aus dieser Höhe aus wie glitzernde Diamanten, die auf einem schwarzen Samtkissen lagen.

Mulder beugte sich zum Fenster hinüber und sah hinaus. Ihre Gesichter nur wenige Zentimeter von ein einander getrennt.

"Was meinen sie, ob Bill wohl schon schläft, oder ob er gerade unsere Steuergelder mit vollen Händen beim Poker verliert?" Er tippte mit dem Zeigefinger gegen die Fensterscheibe. Unter ihnen tauchte deutlich sichtbar das weiße Haus auf und Scully musste unwillkürlich lächeln.

Sie sahen sich an, dann ließ sich Mulder auf seinen Sitz fallen und stöhnte genüsslich.

"Ich habe so schön geträumt....", sagte er und rückte sich seine Krawatte zurecht.

"Schön für sie!" kommentiere Scully knapp, klappte ihr Buch zu und ließ es in ihre Tasche gleiten. Dann schloss sie den Gurt um ihre Taille und sah wieder aus dem Fenster. Diese wenigen Tage waren so turbulent gewesen, dass sie sich nur noch auf eines freute: ein heißes Bad und ihr Bett.

"Ist irgendwas?", fragte Mulder und sah sie besorgt an.

Scully atmete tief durch. Es war falsch ihren Frust an dem einzigen Menschen auszulassen, der ihr wirklich etwas bedeutete. Sie lächelte ihn entschuldigend an.

"Tut mir leid. Ich bin einfach nur müde."

Mulder machte eine wegwerfende Handbewegung.

"Ist in Ordnung. Ich kann mir auch besseres vorstellen, als mit einer Kuh beworfen zu werden."

Sie schwiegen, bis das Flugzeug gelandet war und sie am Rollband ihre Taschen in Empfang nehmen konnten. Sie hingen ihren eigenen Gedanken nach, und erst als Scully am Zoll aufgefordert wurde ihre Tasche zu öffnen, schienen sie wieder in die Realität zurückzukehren.

Scully sah den jungen Beamten erstaunt an, als dieser sie aufforderte die Tasche zu öffnen.

"Wieso?", fragte sie überrascht und Mulder, der hinter ihr stand, trat einen
Schritt näher.

"Reine Routine, Ma’am", erwiderte der Zollbeamte mit unbewegter Miene.

"Ich glaube nicht, dass das nötig ist!" sagte Scully und griff nach ihrer Tasche, "ich komme von einem Inlandsflug aus Kansas. Was gäbe es da zu verzollen?"

Doch der Beamte legte eine Hand auf die Tasche und sagte mit lauter Stimme:

"Würden sie bitte die Tasche öffnen! Es sind zurzeit Drogen im Umlauf!"

"Hören sie!", mischte sich Mulder ein und zog seinen Ausweis aus der Innentasche seines Jacketts, "ich glaube nicht, dass die Lady irgendeine Art von Drogen mit sich führt. Special Agent Dana Scully ist meine Partnerin." Er hielt ihm seine Marke unter die Nase.

Der junge Beamte schluckte und sah sich nach seinem älteren Kollegen um, der aber gerade beschäftigt war.

Die Menschen drehten sich bereits nach ihnen um. Scully stöhnte genervt und zückte dann ihren Ausweis. Mit einem vernichtenden Blick hielt sie ihn dem Beamten hin und griff nach ihrer Tasche. Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Zollbereich und steuerte auf den Ausgang zu. Mulder hastete hinter ihr her und achtete nicht weiter auf die Entschuldigungsversuche des Zollbeamten. Sein grauer Mantel wehte wie ein Umhang hinter ihm her. Er erreichte Scully hinter den großen Schwingtüren. Sie stand wie angewurzelt
da und starrte finster in den grauen Winterhimmel, der schwer über der Stadt hing und aus dem bereits einzelne Tropfen fielen.

"Ich habe ihn verhaftet und ihm seine Rechte vorgelesen“, sagte Mulder ernst, " wollen sie ihn jetzt auspeitschen?"

Scully gab einen resignierenden Laut von sich.

"Ich hasse Regen", murmelte sie und wandte sich ihrem Partner zu.

Mulder erschrak, als er ihren müden Blick kreuzte. Die sonst so lebhaften, intelligenten blauen Augen hatten etwas von dem Charme und dem Wissensdurst eingebüßt, in den er sich vor so langer Zeit verliebt hatte.

Es war an einem dieser Tage gewesen, an dem sie ihm mit vor Aufregung geröteten Wangen versuchte hatte klarzumachen, dass es weder Vampire noch Geister gab, und das der Fall den sie gerade bearbeiteten die größte Zeitverschwendung des Jahrtausends war.

Sie hatte mit in die Seiten gestemmten Händen zu ihm aufgesehen. Ihre Augen blitzten kampflustig. Mit einer schnellen Bewegung warf sie die Haare in den Nacken und bohrte ihren Blick herausfordernd in seine Augen. Er hatte diese Bewegung und dieses Szenario wohl schon hundert Mal erlebt, doch in diesem Moment sah er sie in einem ganz anderen Licht. Die blauen Augen sprühten vor Lebensfreude und ließen ihm einen Schauer über den Rücken rieseln. Ihre Lippen, der rote Lippenstift ließ sie sanft glänzen, waren leicht geöffnet.
Volle Lippen, sinnlich und plötzlich sah er nicht mehr seine Partnerin, seine beste Freundin, den einzigen Menschen, dem er bedingungslos vertrauen konnte, sondern eine wunderschöne Frau.

Er bemerkte zum ersten Mal dass eng geschnittene Oberteil und den knapp knielangen Rock. Er sah ihre schlanken Beine und die hochhackigen Schuhe und wie sie sich darauf bewegte. Sie war so atemberaubend schön, dass er tief Luft holen musste, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Er konnte den Blick nicht von ihr nehmen und hätte sie beinahe noch länger angestarrt, wenn sie nicht in eine amüsiertes Lachen ausgebrochen wäre.

Seit diesem Tag hatte er Scully vollkommen anders betrachtet. Er musterte sie verstohlen, wenn sie ihn nicht ansah. Er freute sich jeden Morgen wie ein Schuljunge, wenn er sie wiedersah. Hatte Schmetterlinge im Bauch und sog ihren Anblick tief in sich auf, als wäre es das letzte Mal, dass er sie sah.

Er hatte keine Freude mehr an seiner Videosammlung und nachts lag er wach auf seiner Couch und träumte davon, wie es sein mochte, sie in den Armen zu halten, sie zu küssen – sie zu lieben.... und zum ersten Mal in seinem Leben wünschte er sich, dass sein Leben nicht so gefährlich war, nicht so verwirrend und nicht so einsam. Wie oft hatte er vor dem Spiegel gestanden und geübt, ihr seine Liebe zu gestehen.

Doch dann bekam sie Krebs und Mulder begann zu begreifen, dass er sie nicht lieben durfte, nicht so lange dies nicht zu ende war. Er versuchte sie zu beschützen und zu retten, mit allem was in seiner Macht Stand. Als sie schwer krank im Hospital lag hätte er beinahe seine Seele an den Teufel verkauft, um das einzige zu retten, was sein Leben lebenswert machte. Noch heute, nach so langer Zeit konnte er deutlich den Schmerz und die Qualen spüren, die er in diesen Tagen durchlebt hatte.

Und dann war da noch der Kuss gewesen - der keiner war. Vor seinem Appartement. Er konnte sich bis heute nicht erklären, wie es dazu gekommen war. Natürlich wollte er sie küssen, doch in diesem Moment musste es so aussehen, als sei dies das einzige Mittel, mit dem er sie zurückhalten konnte ihren Dienst zu quittieren. Er wollte sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn Scully nicht von dieser Biene gestochen worden wäre. So hatte er gelernt, seine Gefühle zu verstecken und sogar zu leugnen. Er war sich nicht sicher, ob Scully so empfand wie er. Sie war in letzter Zeit so distanziert gewesen und maß ihn hin und wieder mit abschätzigen Blicken, die er nicht deuten konnte.

All das schoss ihm durch den Kopf, als er sie ansah. Ihr Blick war so müde, und auf eine Art und Weise traurig, die ihm einen Stich ins Herz versetzte. Was war geschehen, dass sie so traurig machen konnte.

Ihm wurde bewusste, dass er eine ganze Zeit lang geschwiegen hatte und er beeilte sich, etwas Konstruktives zu sagen.

"Soll ich sie nach hause bringen?" fragte er und konnte sich nur mit Mühe zurückhalten, ihr über die Wange zu streichen. Sie sah so hilflos und so verletzt aus, dass er den unbändigen Wunsch verspürte, sie in die Arme zu nehmen, sie zu trösten und sie nie wieder loszulassen.

In diesem Moment wandte Scully sich ab und ging ihm voraus zum Parkhaus. Sie hatte nicht auf seine Frage geantwortet, doch das brauchte sie auch nicht. Mit der Zeit hatten sie gelernt die Gesten und Stimmungen des Anderen zu deuten. Auch ohne viele Worte.

Der Weg vom Flughafen nach Georgetown dauerte eine halbe Stunde und in dieser Zeit sprachen sie kein Wort.

Zwei Menschen, die sich nicht trauten, sich ihre Liebe einzugestehen. Die hohe Mauern um ihre Gefühle errichtet hatten. Mauern, die einzureißen es eines Tages großer Kraft bedurfte. Einer Kraft, die sie dann aufzubringen vielleicht nicht mehr in der Lage waren. Und eben diese verborgenen Gefühle waren es, die sie zu einer Einheit verschweißten, deren Kraft so groß war, dass sie jedes Hindernis überwinden konnten.

Als Mulder den Wagen vor Scullys Haus abstellte, brach er zum ersten Mal das Schweigen: "Wollen sie mir nicht sagen, was mit ihnen los ist?", fragte er und sah sie an.

"Es geht mir gut Mulder, wirklich." Sie lächelte ihn in der Hoffnung an, dass er es dabei belassen würde. Doch sie wusste, dass sie Mulder so leicht nicht los wurde.

"Sind sie sicher?", folgte die nächste Frage prompt. Mulder hatte sie schon so oft in demselben Tonfall "Es geht mir gut!" sagen hören, dass er wusste, dass sie log.

"Ich bin bloß müde. Vielleicht habe ich mir irgendwo eine Erkältung eingefangen."

Sie kämpfte verzweifelt gegen die Tränen an, die ihr in den Augen stachen und im Hals brannten. Inständig betete sie, er möge sie in Ruhe lassen. Sie wusste nicht, wie lange sie ihre Beherrschung noch aufrecht erhalten konnte.

"Danke fürs nach hause bringen. Wir sehen uns am Montag!" sagte sie hastig und stieg aus dem Auto ohne ihn noch einmal anzusehen.

Mulder sah ihr nach und wendete dann das Auto. Gedankenversunken fuhr er nach Arlington und erst als er vor seinem Haus parkte, stellte er fest, dass sie ihre Aktentasche im Wagen hatte liegen lassen. Er öffnete sie und prüfte, ob der Inhalt wichtig genug war, sie ihr noch heute zu bringen. Schließlich gestand er sich ein, dass er nur einen Vorwand suchte, um wieder zu ihr zu fahren. Eine Sekunde zögerte er noch, dann ließ er den Motor wieder an.

Scully hatte sich gerade von Bluse und Rock entledigt, als es an der Tür klopfte.

Überrascht sah sie auf die Uhr, die neben dem Bett stand. Es war schon nach 20:00 Uhr, wer mochte das wohl sein. Hastig schlüpfte sie in ihren Bademantel und griff nach ihrer Pistole, die im Schulterholster über einem Stuhl hing.

Es klopfte wieder. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und presste ihr rechtes Auge gegen den Spion. Vor der Tür stand Mulder, in einer Hand hielt er ihre Aktentasche.

Scully öffnete die Tür. "Habe ich etwas vergessen?", fragte sie.

Mulder nickte und legte den Kopf ein wenig schief.

"Darf ich hereinkommen?"

Oh, natürlich. Entschuldigung!" sie öffnete die Tür ein Stück weiter und ließ ihn herein.

Mulder sah sich in der Wohnung um. Seit er das letzte Mal hier gewesen war hatte sich nichts verändert. Er hielt ihr die Mappe hin und Scully nahm sie entgegen. Unschlüssig standen sie im Raum. Mulder musterte sie einen Moment lang. Sie sah süß aus in dem weißen Frottémantel.

"Ich...äh.....möchten sie etwas trinken?" Scully wusste nicht warum, doch plötzlich wollte sie nicht, dass Mulder ging.

"Gerne!" Mulder zog seinen Mantel aus und hängte ihn neben Scullys an die Garderobe.

"Was möchten sie denn?" fragte sie über die Schulter auf dem Weg zur Küche.

"Ein Glas Wein wäre nicht schlecht!"

"In Ordnung!"

Er hörte sie mit Gläsern klappern und Schranktüren öffnen und wieder schließen. Schließlich ertönte das dumpfe PLOPP eines Weinkorkens, der aus der Flasche rutscht.

Sie gesellte sich zu ihm auf die Couch und reichte ihm ein Glas, gefüllt mit dunkelrot schimmernder Flüssigkeit. Er trank einen Schluck und spürte, wie der Alkohol warm seine Kehle hinunter rann.

Wieder schwiegen sie eine Weile, dann war es erneut Mulder, der das Schweigen brach.

"Auf die Gefahr hin, dass ich sie nerve."

Scully sah ihn neugierig an. Was hatte er sich nun schon wieder ausgedacht!?!?

"Seit wir aus Kansas zurück sind, sehen sie aus, als sei ihr Hund gestorben. Was ist los mit ihnen?"

"Keine Witze über Queequag!" warnte sie ihn.

Mulder lächelte bei dem Gedanken an Scullys kleinen Hund, der bei einem ihrer Fälle von einem Alligator gefressen worden war. Dann sah er sie auffordernd an. Scully wich seinem Blick aus.

"Es ist nichts!" sagte sie und starrte konzentriert in ihr Glas, als fände sie die richtige Antwort im Wein.

"Ich habe mich mit Sheela unterhalten. Wenn wir nicht gewesen wären, hätte Homan vielleicht noch Menschen umgebracht."

Mulder sah sie verständnislos an.

"Sie wollen sagen, dass sie Mitleid mit Menschen haben, die gar nicht gestorben sind?"

"Nicht direkt. Aber mir tun die zwei schon leid. Stellen sie sich mal vor, was alles hätte passieren können."

In Mulders Kopf schrillten die Alarmsirenen. Wie konnte sie ihm solch hirnverbrannten Schwachsinn auftischen und auch noch glauben, dass er ihr das abkaufte!

"Sehen sie mich an!" forderte er sie mit ungeduldiger Stimme auf.

Scully hob widerwillig den Blick, und wieder traf ihn die Traurigkeit in ihren Augen wie eine Ohrfeige, "Glauben sie allen Ernstes, dass ich ihnen das abnehme. Ich bin es, Mulder. Sie können mir alles erzählen. Ich bin für sie da, egal was es ist. So schlimm kann es nicht sein, dass sie es mir nicht erzählen können."

Tränen schossen Scully in die Augen und ihre mühsam antrainierte Beherrschung, war dahin, Wut und Verzweiflung schwangen in ihrer Stimme mit, als sie zu sprechen begann.

"Nein Mulder! Ich glaube nicht, dass sie mir glauben. Ich glaube aber auch nicht, dass ich ihnen alles erzählen kann was ich denke."

Entsetzt starrte er sie an:

"Scully, ich – wenn ich etwas falsches gesagt habe, tut es mir leid...." Sie hob eine Hand, um ihn zu unterbrechen. Mit dem Handrücken wischte sie sich über die Augen. Als sie weiter sprach, war die Wut aus ihrer Stimme gewichen, aber die Verzweiflung war geblieben: " Ich möchte ihnen so vieles sagen. Glauben sie mir, aber ich kann es nicht. Es würde gegen alle Regeln verstoßen, die ich in den letzten 5 1/2 Jahren befolgt habe."

Plötzlich griff Mulder nach Scullys Hand und sie sah ihm zum ersten Mal an diesem Abend in die Augen. In seinem Blick war so viel Wärme und Zuneigung, dass sie nicht wusste, ob sie Lachen oder Weinen sollte. Stattdessen hob er seine Hand zu ihrem Gesicht und legte sie an ihre Wange. Erschrocken wich Scully zurück, stand von der Couch auf und taumelte einige Schritte rückwärts in den Raum hinein. Überwältigt von all den unterdrückten Emotionen und Gefühlen strömten ihre Tränen in Bächen über ihr Gesicht. Verzweifelt rang sie nach Fassung und als sie wieder sprechen konnte sagte sie mit zitternder Stimme:

"Tun sie das nicht Mulder! Ich will nicht, dass die uns auseinander bringen. Ich will nicht, dass es so endet." Ihre Stimme versagte und sie begann heftig zu schluchzen.

Sie zitterte am ganzen Körper und musste sich an einem Stuhl festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Mit wenigen Schritten war Mulder bei ihr und wollte sie in den Arm nehmen, doch Scully wehrte sich. Sie schlug seine Hände zur Seite und trat noch weiter rückwärts. Sie stieß gegen einen Schrank und endlich gelang es Mulder, sie zu fassen zu kriegen. Er zog sie an sich, doch auch jetzt noch schlug sie mit den Fäusten gegen seine Brust.

"Schsch....", sagte er beruhigend. Schließlich gab sie ihren Widerstand auf, schlang ihre Arme um seine Taille, vergrub das Gesicht an seiner Brust und weinte hemmungslos. Mulder drückte sie fest an sich, als die Anspannung und die Traurigkeit der vergangenen Wochen aus ihr herausbrachten. Er küsste sie auf den Kopf und barg sie in seinen Armen, als wolle er sie nie wieder loslassen. Langsam wurde sie ruhiger und schluchzte nur noch leise. Sie zitterte noch immer am ganzen Körper.

Seine Hand glitt von ihrem Rücken zu ihrem Hals und unter den seidigen gold-roten Haaren streichelte er die weiche Haut ihres Nackens. Mit der anderen Hand strich er über ihren Rücken und zog sie noch näher an sich. Er spürte ihren warmen Körper an seinem, ihr Atem strich warm durch sein Baumwollhemd und plötzlich hatte er keinen anderen Wunsch mehr, als ihr zu sagen, dass er sie liebte. Ihr all die Liebe zu schenken, die er über die ganzen Jahre hinweg angestaut hatte. Es war richtig. Er neigte seinen Kopf soweit hinunter, dass sein Mund an ihrem Ohr war.

"Ich liebe dich!" flüsterte er zärtlich und als sie den Kopf hob, setzte sein Herz einen Schlag aus.

"Ich habe dich schon immer geliebt, und ich werde dich immer lieben", sagte er und streichelte über ihr Haar, "ich habe lange genug damit zugebracht meine Gefühle für dich zu verstecken. Ich will nicht länger alleine sein. Ich will morgens aufwachen und in dein Gesicht blicken."

"Es wird nie wieder so sein wie früher!", sagte Scully leise, aber sie spürte, dass sie es nicht mehr aufhalten konnte, und wollte.

"Nein!" erwiderte er sanft und lächelte zärtlich, "es wird nie wieder so sein wie früher. Es wird besser sein!"

"Ich liebe dich auch“, sagte sie endlich und lächelte zum ersten Mal an diesem Tag. "Lass mich nie wieder los!"

Er neigte den Kopf zu ihrem hinunter und als sich ihre Lippen berührten, vertrieb der Kuss die Rastlosigkeit und Unruhe aus Fox Mulders Herz. Zum ersten Mal in seinem Leben.



**** ENDE ****
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