World of X

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Licht in der Dunkelheit

von Steffi Raatz

Kapitel 2

"Hallo."

Sie blickte von ihrem Buch auf und nickte mir zu.

In stummer Absprache stand sie auf, um ihren Platz für mich zu räumen. Ich nahm ihren Platz ein und betrachtete meinen Partner mit kummervoller Miene. Wie lange war es her, dass ich ihn nicht mehr gesehen hatte...

Seufzend richtete ich mich wieder auf, um ans Fenster zu gehen und nach eventuellen Verfolgern Ausschau zu halten. Meine Gedanken schweiften jedoch ab und führten mich in die Zeit zurück, in der wir noch ein Team waren. Sein verschmitztes Lausbubenlächeln taucht vor meinem geistigen Auge auf; der Glanz in seinen Augen, wenn wir eine neue X-Akte geöffnet hatten.

Nun lag er vor mir, eingefallenes Gesicht, dunkle Ränder unter den Augen, struppiges, viel zu langes Haar. Ich musste meine Tränen zurückhalten.

Wo war mein starker, unergründlicher Fox William Mulder geblieben?

Ein leises Röcheln ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken und in seine Richtung wirbeln. Hatte ich ein Lebenszeichen von ihm vernommen?

Ich trat näher an ihn heran und richtete mein Augenmerk auf seine Augenlider, die zu zucken begannen. Als Ärztin war mir klar, dass er kurz vorm Aufwachen stand, als Partner und Freundin konnte ich noch nicht so recht daran glauben.

In meinem ganzen bisherigen Leben hatte ich noch nie so zwischen Erleichterung und Entsetzen gestanden wie in dem Augenblick, als er die Augen öffnete und mich ansah.

Seine Augen lagen tief in den Augenhöhlen und Schmerz und Verwirrung machten sich darin breit, während er sich umsah. Sein Blick wirkte leer und verschwommen. Ich musste mehrmals tief Luft holen, ehe ich mich überwinden konnte, näher an ihn heranzutreten.

"Mulder?" Vorsichtig strich ich eine Haarsträhne aus seinem Gesicht. Ein verwirrter Blick streifte mich. Er schien mich nicht zu erkennen.

Wahrscheinlich hätte ich laut losgeheult, wenn meine Mutter nicht in diesem Augenblick den Raum betreten hätte. So riss ich mich zusammen, vermied es jedoch Mulder weiterhin in die Augen zu blicken.

"Ist er wach?"

"Ja", seufzte ich, "aber er erkennt mich nicht!"

Sie legte tröstend ihre Hand auf meine Schulter: "Das wird noch kommen, Dana, bestimmt!"

Ich nickte, empfand jedoch nicht den gleichen Optimismus wie meine Mutter.

Kurze Zeit später saß ich wieder im Wohnzimmer und blickte in das Kaminfeuer. Tief in meinem Inneren spürte ich das Verlangen aus dem Haus zu rennen und zu schreien.

Was war nur geschehen? Drei lange Jahre hatte ich darauf gewartet, dass er wieder auftauchen würde, doch jetzt empfand ich Wut und Verzweiflung in mir.

Ich hatte das dringende Bedürfnis mit jemandem zu sprechen, aber mit wem? Mit meiner Mutter, das wusste ich, hatte es keinen Sinn.

Ich brauchte jemanden, der mich in meiner Situation vielleicht verstand, mir weiterhelfen konnte und dem ich bedingungslos vertrauen konnte. Leider fielen mir nur Byers, Langley und Frohike ein.

Mich mit den drei zu treffen, stellte sich jedoch unter den gegebenen Umständen, als zu gefährlich heraus. Also blieb nur noch eine letzte Person...

"Agent Scully, was...?" Ich ließ Skinner nicht zu Wort kommen und zwängte mich vorbei an ihm in seine Wohnung. Mit verschränkten Armen betrachtete er mich: "Wo haben Sie gesteckt?"

"Sir, ich..."

"Wollten Sie genauso verschwinden wie Agent Mulder?"

"Ich brauche Ihre Hilfe!", platzte es aus mir heraus. Skinner sah mich sehr verwundert an. Ich glaube, er hatte mich noch nie in solch aufgewühltem Zustand gesehen.

"Ich habe Ihnen gesagt, wenn Sie Probleme haben, können Sie zu mir kommen. Also?"

Nervös trat ich von einem Bein auf das andere. Konnte ich ihm wirklich vertrauen? Aber wem sollte ich sonst vertrauen? Er hatte die ganzen Jahre während Mulders Abwesenheit immer hilfsbereit an meiner Seite gestanden. Ich musste es riskieren.

"Ich habe Mulder gefunden!" Meine Worte kamen langsam und leise über meine Lippen, aber sie schwebten wie ein Damoklesschwert über mir im Raum. War es ein tödlicher Fehler gewesen sich Skinner anzuvertrauen? Ich schwankte, denn eine Reaktion von ihm blieb aus. "Sir?"

"Sie haben was?"

"Ich habe Mulder gefunden", wiederholte ich mit zum Zerreißen gespannten Nerven.

"Wie kann ich Ihnen helfen?"

Keine überflüssigen Fragen, keine Belehrungen, sein einfaches Hilfsangebot überzeugte mich endgültig und so erzählte ich ihm die Geschichte haarklein...

"Warum sind Sie ausgerechnet zu mir gekommen?"

Ich lächelte: "Mulder vertraute nur wenigen Menschen wirklich, ich denke, Sie zählten dazu."

"Er muss in ein Krankenhaus."

"Nur wenn Sie seine Sicherheit garantieren könnten und das können Sie nicht, nicht wahr?"

"Sie haben Recht", seufzte er und schritt nachdenklich im Raum auf und ab. "Wo befindet er sich zurzeit?"

"Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das erzählen sollte."

Er blickte in mein skeptisches Gesicht und schüttelte traurig den Kopf: "Ich dachte, Sie vertrauen mir?"

"Ja, nein... ich... verstehen Sie mich doch...", setzte ich verzweifelt an.

"Aber wie soll ich Ihnen helfen, sie eventuell beschützen, wenn Sie mir nicht verraten wo Sie sich mit Mulder verstecken?"

Schweren Herzens lüftete ich schließlich mein Geheimnis. Wenn er mir wirklich helfen wollte, dann hatte er das Recht, alles zu wissen.

Als ich Skinner Stunden später zu Mulder ins Zimmer führte, war mir von vornherein klar, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Zwar war Skinner kein Verräter und ich konnte ihm vertrauen, aber ich hatte die Verfolger wahrgenommen, als ich das Haus meiner Mutter betrat. Ich fühlte mich dumm und hilflos, weil ich darauf vorbereitet hätte sein müssen.

Ich widmete mich wieder Skinner, der mich mit einem fragenden Blick bedachte. "War er zwischendurch wach?"

"Ja, aber er erkennt seine Umgebung nicht." , fügte ich in Gedanken zu, wollte und konnte es jedoch nicht gegenüber Skinner erwähnen.
Mein Blick schweifte wieder zum Fenster.

Skinners Hand legte sich auf meine Schulter: "Werden wir überwacht?"

"Ja, bereits seit wir das Haus betreten haben und bestimmt auch schon vorher." Ich drehte mich um und lächelte nervös: "Ich hätte es wissen müssen!"

"Scully, machen Sie sich jetzt keine Vorwürfe! Sie haben Mulder wieder gefunden, das allein zählt!"

"Na und?", platzte es wütend und enttäuscht aus mir raus, "das ist nicht der Mulder, den ich kannte! Er kennt mich nicht und draußen stehen Männer, die ihn töten wollen! Was zählt jetzt noch?" Erschrocken stellte ich fest, dass ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte und so ergab ich mich hemmungslos der Versuchung zu weinen.

Skinner führte mich stützend zu dem Stuhl neben dem Bett, in dem Mulder lag. Mein Blick fiel wieder auf sein eingefallenes Gesicht und mein Herz machte einen Satz als ich registrierte, dass er mich beobachtete.

"Mulder...", flüsterte ich und beugte mich vor, um ihm eine wirre Strähne aus dem Gesicht zu streifen. Ich konnte ihn doch nicht einfach aufgeben...

Seine Hand glitt unter der Decke vor und plötzlich spürte ich, wie er meine Kette umfasste. Sie musste unter meiner Bluse hervorgerutscht sein, als ich mich zu ihm herüber gebeugt hatte.

"Scully...", hörte ich seine leise Stimme. Sein Blick verweilte auf dem Anhänger. Tränen stiegen mir in die Augen. Er erkannte mich...

"Dana!", hallte der Ruf meiner Mutter aus dem Erdgeschoss und ließ mich aufschrecken.

Skinner eilte zum Fenster und dann zur Tür: "Wir bekommen Besuch!"

Entsetzt richtete ich mich auf.

"Was geht hier vor?", vernahm ich Mulders leise Stimme neben mir. Scheinbar schien er jetzt vollkommen aus seiner Lethargie erwacht.

"Man sucht nach Ihnen!" Skinners Haltung war angespannt.

"Skinner?" Mulder sah mich fragend an.

"Ja, er ist der Einzige, dem ich trauen konnte. Jetzt müssen wir hier auf jeden Fall erst einmal verschwinden!" Zärtlich betrachtete ich das geschundene Gesicht.

"Können Sie gehen, Mulder?" Skinner trat näher, um ihm unter die Arme zu greifen. Dankend nahm Mulder die Hilfe an.

Ich ließ einen Blick aus dem Fenster schweifen und erkannte vier Fahrzeuge mit jeweils drei Insassen. Sechs davon waren bereits ausgestiegen und steuerten auf das Haus meiner Mutter zu. Es schien, als säßen wir in der Falle.

"Dana, nehmt die Kellerluke auf der anderen Hausseite!" Meine Mutter war wild am delegieren.

"Und was ist mit dir, Mutter?", fragend blickte ich sie von der Treppe herab an.

"Ich habe die Polizei informiert, dass sich merkwürdige Personen vorm Haus herumtreiben. Wenn alles gut geht, sind die in ein paar Minuten hier."

"Bist du sicher, dass du hier bleiben willst?" Sorge klang in meiner Stimme mit.

"Dana, Liebes, wenn ich nicht hier bleibe, wer hält sie dann auf?"

Ich seufzte: "Du bist sicher?"

"Geht endlich!"

Schweren Herzens eilte ich hinter Skinner und Mulder her, die sich bereits an die ersten Treppenstufen zum Keller gewagt hatten. Ich überholte sie am Treppenabsatz und begutachtete erst einmal unseren Fluchtweg, um sicher zu gehen, dass wir dort nicht in die Arme unserer Verfolger geraten würden.

Skinner und Mulder waren nun auf meiner Höhe und ich vernahm Mulders geschwächte Stimme neben mir: "Scully, wohin?"

Ja, diese Frage lag mir auch auf der Seele. Mein Blick wanderte zu Skinner, der mich ebenso ratlos anblickte. "Erst einmal raus hier!", zischte er schließlich.

Ich öffnete die Kellerluke und spähte vorsichtig hinaus.

Wir hatten darüber gesprochen, wie wir Mulder schützen konnten, dass er gepflegt werden musste, wir hatten diskutiert, ob wir es den Behörden melden sollten, aber wir hatten nie wirklich an solch eine Situation oder ein Versteck gedacht. So weit hätte es in unseren Vorstellungen und Plänen nicht kommen sollen.

Es war eine anstrengende Tortur für uns alle, bis wir zwischen den Häusern und Gärten zu einer angrenzenden Hauptstraße gelangten, auf der wir ein Taxi anhalten konnten.

Erst innerhalb des Taxis begannen wir wirklich darüber nachzudenken, wohin wir nun sollten...

"Haben Sie nicht Freunde, zu denen wir gehen könnten?" Ich spürte die Anspannung in Skinners Stimme. Er wusste wozu diese Leute fähig waren, die uns verfolgten. Für seinen Geschmack hatte er schon zu oft mit Ihnen Kontakt gehabt.

"Freunde? Meinen Sie da wird man uns nicht suchen?" Ich spürte das flaue Gefühl von Angst in meinem Magen.

"Byers..." Mulder hustete. "Langley... und Frohike."

Ich richtete mein Augenmerk auf ihn: "Aber das ist zu gefährlich!"

"Ich halte das für die einzige Möglichkeit", entgegnete er schwach.

"Und er?" Ich wiegte den Kopf in Skinners Richtung. Mulder sah mir intensiv in die Augen, einer Antwort bedurfte es nicht mehr. Es galt am Leben zu bleiben und nicht, Geheimnisse zu wahren.

schimpfte ich in Gedanken mit mir selbst.

Rückblickend erinnere ich mich an eine verworrene Fahrt durch Washington D. C., die uns letztendlich in die Nähe von Byers, Langley und Frohike brachte. Skinner stellte keine Fragen, selbst in dem Moment nicht, als er Mulders Freunden, unseren heimlichen Informanten, gegenüber stand.

"Wer hat denn den Vorschlag gemacht, hierher zu kommen?" Langley schien nicht sehr begeistert.

"Ich!" krächzte Mulder und betrachtete seine drei Freunde mit einem verzerrten Lächeln, "ich wollte euch nach so langer Zeit wieder sehen." Ich sah das verzerrte Lächeln um seine Mundwinkel und seinen klaren, strahlenden Blick. Er war noch immer der Mulder, den ich drei Jahre zuvor verloren hatte. Seine Augen verrieten mir seinen ungebrochenen Willen. Was immer sie mit ihm angestellt hatten, sie hatten es nicht geschafft, seinen Willen zu brechen. Sie hatten es nicht geschafft! Ein triumphales Gefühl erfasste mich.

"Hier könnt ihr auch nicht bleiben! Man wird uns alle aufspüren!", drängte Byers.

"Könnt ihr uns eine Flucht ermöglichen?" Mulder schien zu wissen, was er wollte.

"Sicher. Wohin?", entgegnete Langley...

Einer von Langleys Kontaktpersonen schaffte uns per Wagen aus Washington D. C. heraus und dort zu einer kleinen Landebahn.

"Scully, Mulder, ich werde Sie hier verlassen."

Ich betrachtete Skinner mit einem forschenden Blick: "Sind Sie sicher?"

"Wenn ich nicht bald wieder beim FBI auftauche, wird man misstrauisch, falls man das nicht sogar schon ist, und dann ist der ganze Staatsapparat auf Ihren Fersen."

Skinners Erklärung klang logisch, aber nicht akzeptabel. "Sie könnten uns verraten..."

"Könnte ich", entgegnete er, "aber dann wären Sie vermutlich jetzt nicht hier, wenn ich die Absicht hätte oder gehabt hätte", schließt er zu Recht.

Mulder war schwach auf den Beinen, konnte nur durch meine Hilfe stehen, machte sich dennoch die Mühe, sich zu Skinner zu beugen und ihm die Hand dankend auf die Schulter zu legen.

Skinner kehrte mit dem Informanten zurück nach Washington D.C., während wir eine kleine Chesna betraten und Washington weit hinter uns ließen.

Nach einer längeren Zeit, ich kann nicht mehr sagen, wie viele Stunden es waren, landeten wir am Rande eines Berges, wo wir bereits von einem weiteren Informanten Lagleys abgeholt wurden. Er hatte alles in wenigen Minuten durchorganisiert gehabt, ich war wirklich verblüfft.

Unsere Endstation befand sich irgendwo in den Bergen, aber wo, konnte ich nicht sagen. Ich konnte nicht mal genau sagen um welche Berge es sich handelte...

"Jetzt müssen wir uns wohl ziemlich lange ertragen..."

Ich lächelte über Mulders Bemerkung: "Ertragen?"

Ich reichte ihm eine Tasse heißen Kaffee und setzte mich zu ihm auf die Couch. Sein Blick ruhte noch immer fragend auf mir. Amüsiert trank ich einen Schluck.

"Was ist daran so lustig?"

"Ich halte 'ertragen' für das falsche Wort. Ich bin froh, dass Sie wieder da sind, Mulder, da werde ich Ihre Anwesenheit auch längere Zeit 'ertragen' können", erklärte ich.

Ich erhielt keine Antwort, vernahm aber das versteckte Lächeln auf seinem Gesicht, als er die Tasse an die Lippen setzte.

Mulder erholte sich langsam. Ich tat mein Möglichstes ihn wieder aufzupäppeln, jedoch konnte ich nicht in seine Psyche eindringen. Er lachte mit mir, scherzte, wie in früheren Zeiten und sein Körper erlangte langsam und stetig seine Kondition und Kraft zurück. Er sah äußerlich immer mehr dem Mulder ähnlich, der mich vor drei Jahren verlassen hatte. Innerlich jedoch, versteckte er sich vor mir.

Langley hatte ganze Arbeit geleistet und so bekamen wir nur ein einziges Mal Besuch von einem Boten, der uns mitteilte, dass man mich gemäß meinem Wunsch, offiziell vom Dienst entlassen hatte. Mir war klar, dass Skinner so handeln musste, aber es verwirrte mich im ersten Augenblick doch ein wenig, von meinem eigenen Kündigungswunsch zu lesen.

"Bereuen Sie es?", vernahm ich Mulders Stimme hinter mir.

"Was?"

"Dass Sie durch mich entlassen wurden."

Ich schüttelte energisch den Kopf: "Oh Mulder, was reden Sie für einen Unsinn!" Er blickte mich fragend an. "Sie wieder zu finden, war es mir wert!", entgegnete ich leise, meine Hand nach seiner tastend.

Er umschloss meine Hand und führte mich zur Couch, wo wir uns nebeneinander setzten und lange in die Augen blickten, ehe Mulder seine ganze Kraft zusammen nahm und mir endlich von seinen Torturen zu erzählen begann...

Ich hörte ihm stundenlang zu, spürte Tränen, Wut und Verzweiflung in mir aufsteigen über all die schrecklichen Dinge, die man ihm angetan hatte. Als ich seinen Ausführungen über die Außerirdischenentführung lauschte, erwiderte ich nichts. Keine Belehrungen, keine Widerworte, ich würde ihn glauben lassen. Er wäre sonst nicht mehr mein Mulder gewesen. Mein Mulder, den ich fest in mein Herz geschlossen hatte, für den ich mein Leben geopfert hätte.

"Na ja, erst dachte ich wirklich, ich wäre in einem Raumschiff und von Außerirdischen entführt..." , ermahnte ich mich. "…dann jedoch wurde mir klar, dass eine Verschwörung dahinter steckte und man mich nur für Versuchszwecke entführt hatte. Ich denke, ich wusste und weiß zu viel!"

Ein gequältes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. , schoss es mir durch den Kopf.

Man hatte ihn auf dem Weg zum Wagen, drei Jahre zuvor, von hinten angegriffen und überwältigt. Er war nicht darauf gefasst gewesen und hatte sich überrumpeln lassen. Alles woran er sich erinnerte, waren vier Männer, die ihn überwältigten. Als nächstes fand er sich in einem riesigen Labor wieder, wie er später herausfand. Man hatte den Raum in helles, weißes Licht getaucht, so dass er nicht viel um sich herum erkennen konnte und annahm sich in einem Raumschiff zu befinden.

Als man begann die ersten Experimente mit ihm durchzuführen, ihm lähmende Mittel spritzte und etliche Wahrheitsseren, kam langsam die Erkenntnis, dass es sich nicht um Außerirdische handeln konnte. Man fragte ihn über Dinge aus, die nur für seine ärgsten Feinde interessant sein konnten.

Die Zeit schien nicht zu vergehen. Dreimal hatte er versucht zu entkommen und jedes Mal wurden die Bestrafungen dafür schlimmer, bis er so erschöpft von den Medikamenten und Züchtigungen war, dass er sich nicht mehr wehren konnte.

Was man wirklich von ihm wollte, war nur sein Wissensstand, den er, wie er mir laut lachend verkündete, nie ganz preisgegeben hatte. Seine Flucht jedoch blieb ihm bis heute ein Rätsel und ich beließ es dabei.

"Und ich schätze, ich kann den Rest meines Lebens jetzt Versteck spielen." Er holte tief Luft und die Last der Erinnerung schien sich ein wenig von ihm zu lösen.

Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter. Eigentlich sollte es nur eine tröstende Geste werden, doch es wurde eine zärtliche. "Mulder..."

"Und Sie werden sich mit mir verstecken müssen." Er schüttelte traurig den Kopf.

"Nicht..., Mulder, bitte hören Sie auf sich Vorwürfe zu machen." Ich holte tief Luft um den Kloß in meinem Hals loszuwerden. "Ich habe diese Bürde freiwillig auf mich genommen." , schoss es mir im gleichen Augenblick durch den Kopf, als mir die Worte über die Lippen kamen.

Er sah mich an und ich dachte, mein Herzschlag müsse aussetzen. "Warum haben Sie das auf sich genommen, Scully?" Ich zögerte. Sollte ich ihm sagen, dass er mir gefehlt hatte, dass das Leben ohne ihn langweilig und einsam war?

"Weil ich Sie brauche, Mulder", kam es leise über meine Lippen. Ich spürte seine Augen auf mich gerichtet, während er mit der einen Hand die kleine goldene Kette zwischen die Finger nahm.

"Sie haben sie all die Zeit getragen?"

Ich nickte und legte meine Hand auf seine, die meinen Anhänger umschloss: "Ich habe sie jeden Tag getragen, so wie ich jeden Tag gehofft habe, Sie würden einfach um die Ecke marschieren und mir erzählen, Sie waren nur einen Kaffee trinken."

Wir versanken in den Augen des anderen. Eine ganze Weile saßen wir nur so da, meine Hand auf seiner, tief ineinander versunken. Mit einem Male spürte ich einen Ruck durch ihn gehen, als ob ein Gewittersturm in seinem Inneren tobte, dann zog er mich an sich und schloss mich ungestüm in die Arme. Ich lächelte glücklich und schmiegte mich ganz fest an ihn.

Nach einem Augenblick ließ er mich wieder los und lehnte sich auf der Couch zurück. Ich winkelte mein Beine an und überließ mich der Stärke seines Armes. "Danke."

Ich sah überrascht auf: "Wofür?"

"Für alles, für die Zuversicht, für den Glauben an mich, für die Opfer..."

"Opfer? Ich habe keine wirklichen Opfer erbracht. Für mich fühlt es sich einfach nur richtig an."

Er lachte. Und es war ein erleichtertes, glückliches Lachen. "Dana, du bist mein Licht in der Dunkelheit, ich habe es immer gewusst!" Strahlend drückte er mich an sich und sein Lachen verklang noch lange nicht...

Noch heute sitzen wir in dieser Hütte in den Bergen, jetzt seit genau zwei Jahren... Das Versteckspiel vor unseren Verfolgern würde vielleicht nie enden, doch wir fanden endlich unsere Zusammengehörigkeit. Sollten wir je die Chance auf einen neuen Anfang erhalten, werden wir diesen gemeinsam beschließen. Vielleicht geben unsere Verfolger irgendwann auf, vielleicht wollen sie uns irgendwann gar nicht mehr finden?

Gestern erhielten wir eine Nachricht von Skinner über einen von Frohikes Boten. Man habe uns für tot erklärt, lautete die erschreckende Nachricht. Ich habe Mulder fragend angesehen. Vielleicht sollte das unsere Chance für einen Neuanfang sein...


ENDE
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