World of X

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Didn't see it coming

von Kinona

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Es tut mir leid.

Es tut mir so leid!

Ich habe alles falsch gemacht.

Von Anfang an.

Ich war so schrecklich blind... so blind.

Du hast mich geblendet! Als wir uns zum ersten Mal trafen, hast du mich mit deinem Glanz geblendet. Mit deiner Präsenz, deiner Stärke, deiner Faszination. Ich bewundere dich, denn ich weiß, dass ich niemals diesen Glanz haben werde.

Darum habe ich mich freiwillig in deinen Schatten gestellt.

Du bist die Sonne um die ich kreise.

Wusstest du das? Wusstest du, dass du zum Mittelpunkt meines Lebens geworden bist?

Ich hatte wirklich geglaubt, dass es immer so weitergehen kann.

Ich dachte, wir würden zusammen alt werden. Zusammen zur Hölle fahren, wenn es sein muss. Ganz gleich! Solange wir nur zusammen sind.

Das war meine feste Überzeugung.

Es tut mir leid!

Das habe ich wirklich geglaubt.

Ich hatte mich so sehr an diesen Gedanken geklammert, dass ich die Realität aus den Augen verlor.

Ich habe es wirklich nicht kommen sehen.

Von Anfang an war ich blind.

Ich hatte meine Augen weit geschlossen.

Ich war so in meine stille und heimliche Bewunderung für dich vertieft, dass ich gar nicht in Erwägung zog, dass du mehr in mir sehen könntest.

Du hast mich überrumpelt! Mit diesem einen Kuss hast du mein gesamtes Weltbild zum wanken gebracht. Es umgestürzt.

Ohne genau sagen zu können wann, habe ich begonnen dich auf ein Podest zu stellen. Ich habe dich zu meinem persönlichen Heiligen ernannt, dich zu meinem Engel erkoren. Engel! Vollkommene Wesen. Man darf zu ihnen aufsehen, doch niemand erwartet wirklich von ihnen erhört zu werden...

Und plötzlich lag ich in deinen Armen, plötzlich wurden meine Wünsche erhört. Plötzlich war alles anders. Für einen kurzen Moment in der Ewigkeit glaubte ich, das Paradies in deinen Augen gefunden zu haben.

Ich habe es wirklich nicht kommen sehen.

Es traf mich unvorbereitet.

Und als wäre ich neu geboren worden, versuchte ich mich in dieser neuen Welt zurechtzufinden. Ich versuchte Regeln und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Vergebens! Ich war so beschäftigt damit, die neuen Gegebenheiten zu akzeptieren, dass ich nicht erkannte, dass sie nicht von Dauer sein konnten.

Ich sagte ja bereits: Ich war blind!

Nur so ist zu erklären, dass ich nicht bemerkte, dass auf das Paradies nur die Vertreibung daraus folgen kann. All diese Jahre katholischen Religionsunterrichts, Beichte und Busse, Predigten und Messen, und ich habe es nicht kommen sehen.

Zum ersten Mal seit langem, zum ersten Mal überhaupt, hast du unsere Situation realistischer eingeschätzt, als ich.

Du hast meine Gaben dankbar angenommen, nahmst, was ich bereit war zu geben.

Du konntest ja nicht wissen, dass ich dir alles opfern würde.

Wie gesagt: Ich habe dich auf einen imaginären Thron erhoben, zu meinem Engel ernannt, ohne zu bedenken, dass so viel Ehre nur mit sehr viel Pflicht und Verantwortung einhergeht. Ich habe von dir Dinge erwartet, die du nicht geben konntest. Selbst wenn du es gewollt hättest, so hättest du meinem Bild von dir nicht gerecht werden können. Denn ich hatte aus den Augen verloren, dass du auch nur ein Mensch bist.

Und während ich mir eine Zukunft ausmalte, in der zum ersten Mal in meinem Leben alles richtig ist, vergaß ich, es als das zu genießen, was es war: die Magie des Augenblicks.

Ich glaubte in dir den Mann gefunden zu haben in dessen Armen ich sterben will, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will. Und erkannte nicht, dass das Schicksal etwas anderes für uns im Sinn hatte.

Jetzt sehe ich alles klar vor mir.

Alles ist zusammengebrochen.

Ich bin aufgewacht.

Und die Wahrheit schmerzt, wie grelles Licht in an Dunkelheit gewöhnten Augen.

Ich habe mich täuschen lassen. Ich dachte, es wäre alles gut. Ich fühlte mich auserwählt, geehrt und gesegnet meinen Engel lieben zu dürfen.

Ich wollte nicht sehen. Weigerte mich, aus meinem Traum zu erwachen. Und alles was bleibt, ist der Schmerz und die Einsamkeit.

Ich dachte, ich könnte dich dazu bringen mich so zu lieben, wie ich dich liebe.

Nun muss ich mir eingestehen, dass ich gescheitert bin.

Ich bin nicht dein erster Gedanke wenn du morgens aufstehst, nicht dein letzter bevor du schlafen gehst.

Für dich ist das was passiert ist, nicht mehr als eine weitere Geschichte aus deinem Leben. Eine von vielen. Eine, die schon lange beendet ist.

Mit diesem Gedanken muss ich mich abfinden.

Ich schwöre ich habe es nicht kommen sehen.

Mittlerweile weiß ich, dass nicht für jeden Blinden das Augenlicht ein Segen ist.

Irgendjemand sagte einmal: Komme nie in die Gunst einen Engel zu lieben, denn du wirst ihn auch mit all deiner Kraft nicht am Fliegen hindern können.

Ich habe mich geweigert es zu glauben, doch er hatte Recht.
O.k., o.k., ich gebe es ja zu: Ich bin besessen von dieser Engelssymbolik. Holt den Exorzisten! ;-)
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