World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Haunted

von XFilerN

Kapitel 2

„Was meinen Sie damit, das FBI wird sich der Sache annehmen?“ George van de Kamp sah den Police Officer vor sich mit mürrischem Gesichtsausdruck an. „Was zum Teufel hat denn das FBI damit zu tun?“

„Bitte, beruhigen Sie sich, Sir. Das FBI hat den Fall übernommen und wird alles daransetzen, den Täter zu finden und zu verhaften. In einem kleinen Ort wie diesem sind wir…“ Er versuchte die richtigen Worte zu finden, ohne dabei zu klingen, als seien er und seine Kollegen mit diesem Fall schlichtweg überfordert, obgleich das traurigerweise der Wahrheit entsprach. Sie hatten es noch niemals zuvor mit versuchter Kindesentführung, kaltblütigem Mord und Bandstiftung in nur einem Fall zu tun gehabt. Keiner der Beamten hier hatte jemals einen Schuss aus der Waffe abgefeuert, die sie alle im Grunde nur zu Einschüchterungszwecken trugen.

George rieb sich das Kinn und schaute den Officer abschätzend an. „Ich habe meine Frau verloren und mein verdammtes Haus ist abgebrannt. Außer meinem Sohn ist mir nichts mehr geblieben und Sie verlangen von mir, dass ich jetzt hierbleibe, damit mich das FBI zu dieser Sache verhören kann?“ Der Officer nickte, erwiderte jedoch nichts. „Und Sie können den Fall nicht allein klären und diesen seltsamen Kerl finden?“

„Hören Sie“, sagte der Officer und atmete tief durch. Langsam verlor er die Geduld mit van de Kamp. „Wir sind nicht gut genug ausgerüstet, um den Tatort korrekt zu untersuchen. Wir haben noch nicht einmal ein eigenes gerichtsmedizinisches Labor, von einer Pathologie ganz zu schweigen. Im Fernsehen, bei diesen netten CSI Cops sieht das immer leicht aus, aber das ist es nicht. Und wir wollen das hier richtig machen. Ihre Frau wurde nach Ihrer Aussage an die Decke des Kinderzimmers gehängt, abgestochen und schließlich in Brand gesteckt. So etwas gab es hier in Spring Creek noch nie und so etwas soll auch nicht wieder vorkommen. Aus diesem Grund wollen wir es richtig machen und die Profis ranlassen. Das FBI hat alle nötigen Labore und Befugnisse. Sie werden den Mörder Ihrer Frau finden und dingfest machen.“

„Können Sie mir das versprechen?“ Mr. van de Kamp wirkte fast schon trotzig. Seit Tagen lebte er mit nichts als dem, was er in den Taschen hatte und übernachtete mit dem Baby in einem Hotel, das noch nicht einmal ein Babybett anbot. Seine Versicherung vertröstete ihn bislang und meinte, sie müssen die Untersuchungsergebnisse abwarten, ehe sie ihm die Versicherungssumme für das Haus ausbezahlen könnten.

Der Officer biss sich auf die Lippen. Ein solches Versprechen konnte er natürlich nicht geben, auch wenn er es nur allzu gern täte. Der Gedanke, dass sich ein brutaler Killer in ihrer sonst friedlichen Stadt aufhielt, in dem seine eigenen Kinder aufwuchsen und nachts durch die Straßen zogen, gefiel ihm ganz und gar nicht. „Ich werde das FBI nach besten Wissen und Gewissen unterstützen und Sie auf den Laufenden halten. Bitte bleiben Sie bis zum Abschluss der Untersuchungen in der Stadt, Mr. van de Kamp.“

„Eine Wahl habe ich ja wohl nicht.“ Frustriert stand er von seinem Stuhl auf, nahm den Kindersitz samt William, der schlief, und seufzte hörbar. „Sie wissen, wo Sie mich finden.“

„Danke für Ihre Kooperation“, meinte der Officer nur abschließend, ehe van de Kamp grummelnd das kleine Büro verließ.

***

„Du weißt, dass wir für die Reisekosten allein aufkommen müssen“, erklärte John Doggett seiner Partnerin, als er in den Wagen stieg.

Monica Reyes hatte auf dem Beifahrersitz Platz genommen, zog die Autotüre zu und schnallte sich an. „Ich weiß das, John. Aber wir müssen dem nachgehen. Stell dir nur mal vor, Dana fragt irgendwann nach William und wir müssen ihr sagen, dass seine Adoptivmutter auf tragische Weise umkam und wir nicht wissen, wie es ihm geht. Kannst du dir vorstellen, wie sie reagieren würde?“

„Nur zu gut“, seufzte Doggett und ließ den Wagen an. „Wie weit ist es bis…?“ Er hatte den Ort vergessen.

„Spring Creek“, vollendete sie seinen Satz. „Fast fünfhundert Meilen.“

„Nur gut, dass wir das auf eigene Faust machen und in so ein Kaff natürlich kein Flugzeug fliegt, weil weit und breit kein Flughaften ist.“

„Warum bist du so sarkastisch? Ich kann das auch allein durchziehen. Bleib du ruhig hier und…“

„Beachte mich nicht weiter“, sagte Doggett und warf seiner Partnerin einen flüchtigen Blick zu, als er den Wagen auf die Straße lenkte. „Ich habe nur einen schlechten Tag.“

„Du hast nie schlechte Tage, John.“ Monica machte eine Pause und musterte ihn von der Seite. „Was ist wirklich mit dir los?“

Es vergingen einige gedehnte Minuten, bis John endlich damit herausrückte, was ihn wirklich wurmte. „Du verschweigst mir irgendwas.“

„Wie kommst du darauf?“ Sie drehte die Heizung im Auto an, als ihr bewusst wurde, dass sie kalte Hände hatte und leicht fröstelte. Kein Wunder, es war mitten in der Nacht, als sie aufbrachen. Sie wollten keine weitere Zeit verschwenden.

Zu ihrem Glück hatten sie kurzfristigen Urlaub genehmigt bekommen. Ihre Kollegen tuschelten ohnehin schon einige Zeit hinter ihren Rücken und vermuteten, dass sie beide ein Verhältnis hatten. Reyes wollte nicht daran denken, was morgenfrüh im Büro los sein würde, wenn die anderen Agenten feststellen, dass das Duo gemeinsam Urlaub genommen hatte.

„Du wärst nicht so besorgt, wenn es ein Unfall gewesen wäre, Monica. Ein tragischer Unfall, aber weiter nichts. Das ist doch Humbug, den du mir erzählt hast.“ Immer wieder sah er von der Straße flüchtig zu ihr hinüber. Sie sah ihn nicht an, was seine Annahme bestätigte. Sie konnte ihm nicht mehr ins Gesicht sehen, jetzt da er sie ertappt hatte.

Reyes seufzte. „Die Aussage von Mr. van de Kamp… ist ein wenig… Wie soll ich sagen? Seltsam.“

„Seltsam? Inwiefern?“

Und während Reyes ihrem Partner die genaue Aussage wiedergab, die van de Kamp bei der örtlichen Polizei gemacht hatte, konnte sie an Doggetts Gesichtsausdruck erkennen, dass er so etwas bereits vermutet hatte.

„Das hört sich spooky an, Monica. Du musst unbedingt in seine Fußstapfen treten, oder?“ Er sah sie diesmal nicht an, behielt den Blick konzentriert auf der Straße.

„Wessen Fußstapfen?“

„Spooky Mulders, wessen sonst?“, fragte er rein rhetorisch entgegen. „Hör’ mal, wir haben uns doch so gut eingearbeitet und hatten verdammtes Glück, dass man uns nicht in getrennte Abteilungen gesteckt hat. Musst du das jetzt riskieren, in dem du einem Fall nachgehst, der eine typische X-Akte sein könnte?“

„Wer sagt, dass das eine X-Akte ist? Ich versuche nur herauszufinden, was dort passiert ist. Und ich will sicherstellen, dass es William weiterhin guthat, wo er jetzt ist. Dana wäre nicht sehr angetan, wenn wir diese Sache ignorieren würden.“

„Du benutzt sie gerne als Schild, nicht wahr?“ Er schüttelte ein wenig amüsiert den Kopf. Im Grunde hatte sie ja Recht und das war ihm durchaus klar. Er wünschte sich nur, dass dieser Fall ein wenig… normaler wäre. Er wollte diesen Kram mit den X-Akten einfach hinter sich lassen und normal weiterleben. Mit diesem ganzen Humbug konnte er nach wie vor einfach absolut nichts anfangen.

Zu sehen, wie seine Partnerin sich für den Fall interessierte, machte ihn jedoch glücklich. Sie schien es richtig zu genießen, wieder durchs Land zu fahren, um seltsamen Geschehnissen auf den Grund zu gehen. Sie und Mulder hätten sich, so vermutete Doggett, sehr gut verstanden, wenn sie die Gelegenheit gehabt hätten, sich besser kennen zu lernen. Sie beide waren Gläubige, wie geschaffen für die X-Akten.

Reyes erwiderte darauf nichts und sie fuhren einfach ihrem Ziel entgegen, ohne das Thema weiter auszubreiten.

***

„Wohin genau fahren wir eigentlich?“, verlangte Dean nach einiger Zeit zu erfahren. Sam hatte ihm nur die ungefähre Richtung gewiesen, jedoch nichts weiter verraten.

„Spring Creek.“ Sam tat möglichst gelassen. Er hatte es absichtlich vermieden, seinem Bruder zu sagen, dass sie ihr Weg bis nach Kentucky führen würde. Von Wyoming aus war das nämlich alles andere als ein Katzensprung.

„Welches Spring Creek? Es gibt mehr als einen Ort mit diesem Namen.“ Dean begann zu ahnen, dass sein Bruder ihn hinhielt. Er wurde zunehmend ungeduldiger. Nicht, dass er es eilig hatte, irgendwo hinzukommen, oder so. Er hatte ja keinen Termin. Aber er konnte es nicht leiden mitten in der Nacht geweckt zu werden, um anschließend mehrere Stunden, ohne Essen, Trinken und anderer Annehmlichkeiten, im Wagen zu sitzen und zu fahren.

Nachdem er Yellow Eye zur Hölle geschickt – und dabei versehendlich tausende anderer Dämonen freigelassen hatte – stand ihm nun gar nicht der Sinn danach, Hirngespinsten nachzujagen. Und er glaubte nicht wirklich daran, dass sie an ihrem Zielort auf Yellow Eye treffen würden. Sie hatten beide gesehen, wie er in seine dämonischen Bestandteile zerfallen war und nichts als eine dünne Rauchwolke hinterlassen hatte. Selbst die spirituelle Erscheinung ihres Vaters hatte ihren Seelenfrieden gefunden. Eine entscheidende Tatsache, die Deans Meinung nur bekräftigte.

Sam räusperte sich und klappte den Laptop auf seinem Schoß auf. Googlemap war darauf zu sehen und er ließ sich eine Route ausrechnen. „Kentucky“, murmelte er ein wenig undeutlich – was natürlich Absicht war.

„Oh, Mann! Ich glaub’s nicht! Da sind wir doch bestimmt einen Tag lang unterwegs. Und da sind noch keine Pinkelpausen drin und nichts.“ Dean seufzte theatralisch. „Ich hoffe für dich, dass es wirklich Yellow Eye ist, der dort sein Unwesen treibt. Ansonsten wirst du bald meine dämonische Seite kennen lernen!“

Sam setzte ein geheucheltes Grinsen auf. „Ich weiß, dass wir alle Hände voll zu tun haben, Dean. Aber wir haben die Pflicht dem nachzugehen. Nicht auszudenken, was ein zweiter Dämon wie Yellow Eye anrichten könnte. Und wer weiß, was er vorhat.“

„Er wird versuchen den ‚Höllenschlund’ zu öffnen, genauso wie der andere Hurensohn auch. Wenn es denn wirklich ein Dämon dieser Art ist.“

„Natürlich“, pflichtete ihm Sam bei.

„Wir haben das Tor einigermaßen schnell geschlossen. Es kann durchaus sein, dass… dass wir einen vergleichbar nervigen Bastard wie Yellow Eye freigelassen haben, der das Werk des ersten vollenden will.“

„Es wäre eigentlich logisch. Es gibt nur wenige wirklich einzigartige Dämonen. Auch Dämonen pflanzen sich fort und…“

„Urgh“, unterbrach ihn Dean. „Andererseits hoffe ich, dass du Recht hast. In einem Jahr lass ich es dich dann wissen, wenn ich die heißen Dämonen abgecheckt hab.“ Dean grinste frech, doch Sam fand das gar nicht komisch.

„Wir werden einen Weg finden diesen Deal zu umgehen, Dean. Ich lasse das nicht zu.“

„Darüber reden wir nicht, habe ich gesagt.“ Er hatte sein Leben für Sams geopfert. Er hatte einen Pakt geschlossen, den er nicht so einfach würde, auflösen können. Dean wusste das. Ein Teil von ihm hatte sich bereits damit abgefunden, dass er nur noch zwölf Monate zu leben hatte. Und er wollte das Beste daraus machen.

„Aber“, versuchte Sam zu sagen, wurde jedoch durch Deans scharfen Seitenblick sofort zum Schweigen verdonnert.

„Wir müssen einen Rasthof suchen. Ich brauch was zu essen und Kaffee. Und mein Baby hier“, Dean streichelte beinahe zärtlich das Armaturenbrett seines heiß geliebten Impalas, „braucht Sprit.“ Dann drehte er das Radio an, schob eine Metallica Kassette ein und drehte die Anlage auf.

Für ihn war damit das Thema ausdiskutiert und Sam kannte seinen Bruder gut genug, als dass er gerade jetzt versuchen wollte zu rebellieren. Sam mochte es nicht, die Dinge unausgesprochen zu lassen, doch es war Deans Art mit gewissen Begebenheiten umzugehen und Sam versuchte es zu respektieren. Sie würden dieses Thema irgendwann besprechen. Irgendwann… nur eben nicht zu diesem Zeitpunkt.

***

Es war bereits weit nach 21.00 Uhr, als sie der Haustür einen kräftigen Stoß verpasste und sich ihrer Pumps entledigte. Die letzte Autopsie hatte eine kleine Ewigkeit gedauert, aber immerhin konnte sie einige sehr wichtige Hinweise finden, die dem CSI Team helfen würden, den Mörder zu finden. Und allein deshalb fühlte sie sich gut, wenn auch erschöpft.

„Hey Schatz“, grüßte Mulder seine Frau, schloss sie innig in die Arme und gab ihr anschließend einen langen Kuss. „Wie war die Arbeit?“

„Mit einem Wort: Anstrengend“, erwiderte sie und versuchte zu lächeln. Er stellte sich hinter sie, massierte ihre verspannte Schulter und dirigierte sie schließlich durch den langen Flur ins Esszimmer. Dort angekommen wollte Scully ihren müden Augen nicht trauen.

Der Esszimmertisch war liebevoll gedeckt. Zwei lange, weiße Kerzen ragten aus silbernen Kerzenhaltern empor und erhellten den Raum gerade genug, dass sie etwas sehen konnte. Bizarre Schatten tanzten an den Wänden, zu leiser, klassischer Musik – Scully erkannte Beethoven – die aus der kleinen Stereoanlage auf dem Sideboard drang.

Sie frischte ihr Lächeln auf, diesmal war es ehrlich, und drehte sich zu Mulder um. „Du musst schon lange gewartet haben.“ Die Kerzen waren allerdings noch nicht lange an. Sie waren kaum abgebrannt.

Mulder zuckte die Schultern. „Auf dich würde ich ewig warten.“ Sie küssten sich abermals und er ließ sie am Tisch platz nehmen. „Ich wärme nur schnell das Essen wieder auf, dann bin ich ganz dein. Entspann dich einfach so lange und trink etwas von dem Rotwein.“ Er schenkte ihr ein Glas ein und ließ sie mit einem Kuss auf die Stirn im Esszimmer allein.

Als sie vor so vielen Jahren in Spooky Mulders Büro getreten war, hatte sie sich nicht im Geringsten vorstellen können, dass dieser beim FBI so unbeliebte, jedoch brillante Mann, eines Tages ihr Ehemann sein würde. Und schon gar nicht hatte Scully zu träumen gewagt, dass diese geheime Sehnsucht wahr würde, nach allem, was sie zusammen durchgestanden hatten.

Wie viele Frauen konnten schon auf eine derart bewegte Vergangenheit zurückblicken wie sie? Und doch hatten sie es irgendwie bis hierhergeschafft. Es war nicht perfekt, für keinen von ihnen. Sie sprachen es nicht aus, aber William fehlte zu ihrem Glück. Sie beide wussten das. Im Augenblick jedoch, war es ihr genug, dass es fast perfekt war. Sie war glücklich. Und er war es auch.

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