World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Im Dunkeln allein (2) - Der Schmerz in mir

von Chris H

Kapitel 1

Sonntag, 15.November 1998
09:23 Uhr morgens


Dana Scully stand allein, ein paar Meter von den Anderen entfernt, auf Fox Mulders Beerdigung. Es regnete und die übrigen Trauergäste trugen alle schwarze Schirme bei sich. Scully nicht. Sie war völlig durchnässt, doch sie bemerkte es nicht. Der Regen tropfte von ihren schulterlangen Haaren, rann ihr über das Gesicht und vermischte sich mit ihren Tränen.

In den letzten zwei Tagen hatte sie so oft geweint, wie in ihrem ganzen Leben nicht. Am Abend, wenn sie an ihrem Fenster gestanden und in den Himmel hinaufgestarrt hatte, hatten sich ihre Augen mit Tränen gefüllt und sie war nicht in der Lage gewesen, sie zurückzuhalten. Obwohl sie sich immer wieder gesagt hatte, dass es ihr nichts brachte, sich die Augen auszuheulen und dass Mulder davon auch nicht wieder lebendig wurde, hatte sie sich nicht unter Kontrolle halten können. Und sie fragte sich ununterbrochen nach dem Grund. Warum es einem Mann wie Fox Mulder nicht gestattet gewesen war, zu leben. Mit ihr zu leben. An ihrer Seite und sein Leben mit ihr zu teilen. Es war eine Lektion, die Scully noch nicht gelernt hatte: Dass die Liebe so fair zu dem Einen und so grausam zu dem Anderen sein konnte.

Dana machte sich Vorwürfe. Sie hatte ihn Tag für Tag, Jahr für Jahr an ihrer Seite gehabt und nicht den Mut gefunden, sich ihre wahren Gefühle ihm gegenüber einzugestehen. Und jetzt war es zu spät. Zu spät, ihm all die Dinge zu sagen, die sie ihm vor Jahren hätte sagen können und sollen. Dana brauchte ihn. Aber es musste erst etwas so Schreckliches geschehen, um sie das sehen zu lassen. Und jetzt war es zu spät.

Don't leave me now
Leave me out in the pouring rain
With my back against the wall
Don't leave me now


"... Erde zu Erde, Asche zu Asche ..."

Die Worte des Geistlichen drangen nicht zu ihr durch. Sie erlebte die Beerdigung wie in Trance. Sie wollte nach Hause. Obwohl dort nichts auf sie wartete. Sie wollte weg von diesem unerträglichen Ort. In ihr warmes Apartment. Sie wollte weinen. Versuchen, den ganzen Schmerz aus sich heraus zu weinen. Dana fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis der Schmerz nachließ. Wie lange, bis sie wieder klar denken konnte? Wie lange, bis sie ihr Leben weiterleben konnte? Ein Leben ohne ihn.

Don't leave me now
Leave me out with nowhere to go
As the shadows start to fall
Don't leave me now


Dana starrte hinab in das offene Grab, auf den Fichtenholzsarg, der hinabgelassen wurde. Nein!, schrie es in ihr. Warum er? Sie wurde von heftigem Schluchzen geschüttelt. Er konnte sie nicht verlassen! Nicht jetzt, wo sie ihn am meisten brauchte!

Sie spürte einen starken Arm um ihre Schulter. Als sie aufsah, blickte sie in Skinners Gesicht. Sie erkannte, dass auch er geweint hatte. "Es tut mir leid, Dana. Ich weiß, was er Ihnen bedeutet hat. Er hat uns allen viel bedeutet. Es ist einfach nicht fair ...", flüsterte er und sah hinab auf seine Schuhe um seine Tränen vor ihr zu verbergen.

Dana konnte nicht anders. Sie schlang ihm ihre Arme um den Hals und begrub ihr Gesicht in seiner starken Schulter. Dana weinte. Und in diesem Moment erkannte sie, dass der Schmerz in ihr niemals nachlassen Würde.

Don't leave me now...

Es Überraschte niemanden, dass Agent Dana Scully am nächsten Morgen ihren Dienst quittierte. Auch, dass sie beschloss, aus D.C. fortzugehen und niemals wiederzukehren, kam nicht unerwartet.
Skinner versuchte nicht, sie umzustimmen. Er wusste, dass es Zeitverschwendung gewesen wäre. Er wusste, was sie fühlte. Sie hatte es ihm gesagt. Sie hatte ihm alles erzählt. Nach dem Begräbnis. Alles, vom Anfang bis zum tragischen Ende. Und er hatte sie verstanden. Er verstand jetzt, dass sie ihn geliebt haben musste. So sehr geliebt, wie ein Mensch einen anderen nur lieben konnte. Dass sie ihm nie etwas davon erzählt hatte, weil sie Angst gehabt hatte. Also ließ Skinner sie gehen, auch wenn er wusste, dass er sie wahrscheinlich niemals wiedersehen würde. Sie brauchte Zeit, um zu heilen. Zeit, um die schreckliche Tragödie zu verarbeiten. Auch er brauchte diese Zeit.

Deshalb war das Einzige, was er sagte, als sie ihre Kündigung einreichte: "Gehen Sie fort, Dana, weit fort und versuchen Sie, zu vergessen! Ich wünsche Ihnen viel Glück!" Er umarmte sie ein letztes Mal und bevor er sie gehen ließ, flüsterte er: "Ich werde Sie nie vergessen." Sie sagte nichts, sondern nickte nur schwach.

Als sie ihn ansah, mit ihren blauen Augen, sah er, dass in ihnen Tränen schimmerten. Bevor sie das Zimmer verließ, drehte sie sich noch einmal um und schien noch etwas sagen zu wollen. Doch dann entschied sie sich doch anders, lächelte schwach und schloss dann die Tür hinter sich. Es war das letzte Mal, dass sie sich im J. Edgar Hoover Building aufgehalten hatte. Sie sollte es niemals wiedersehen, weder von außen noch von innen.

Ende
Rezensionen