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The X-Files: Lost Investigations (Season 3.2)

von meiko

Kapitel 3: Dies

The X-Files: Lost Investigations
Season 3

3.6 Dies (Teil 3 von 3)

Created by Chris Carter
Written by meiko

Redaktion und Artwork
Gabi S.


[Opening Credits]



Appalachian Mountains
Mont Jaques-Cartier

Entsetzt starrten Scully und Doggett auf die bewusstlose Gestalt des Schattenmannes.
"Wie haben die uns hier finden können?", fragte Dana erschüttert.
Noch immer stand die Tür der Blockhütte offen und vereinzelte Schneeflocken tanzten - vom Nachtwind getrieben - in den leeren Raum hinein.
John ließ sich schwer auf dem Holzboden nieder und blies in die erstarrten Hände.
"Das haben sie gar nicht", sagte er nachdenklich. "Wenn sie ganz sicher gewusst hätten, welchen Weg wir einschlagen, dann hätten die uns hier mit einer ganzen Mannschaft auflauern und uns fertig machen können." Er stützte den Kopf in die Hände und verfiel in Schweigen.

Scully wusste, was das bedeutete. Es hieß, dass sie hier nicht bleiben konnten. Schon wieder, ein weiteres Mal, war ihr Versteck wertlos geworden. Sie mussten fliehen, fort von hier, an einen anderen Ort, den die Soldaten der Schattenregierung nicht so schnell aufspüren würden.

"Wann müssen wir aufbrechen?"
John antwortete nicht. Zu schwer lasteten die letzten Wochen, Monate... Jahre auf seiner Erinnerung um sich mit einem einfachen Achselzucken verscheuchen zu lassen.
Dana trat zu ihm und ließ sich neben ihm nieder. "John", sagte sie sanft. "Ich verstehe, wie dir zumute sein muss. Aber es hilft nichts, wir müssen uns wieder auf den Weg machen. Hier auf dem Gipfel können wir nicht bleiben. Sobald wir ein neues Versteck gefunden haben, werden wir Monica zu uns holen. Jetzt ist es zu gefährlich. Für sie - und für euer Kind!"

Ein trauriges Lächeln streifte John Doggetts Mundwinkel. "Du hast recht", sagte er leise. "Wir haben schon zu viel verloren, um uns jetzt noch aufs Spiel zu setzen. Den Soldaten werden wir hier lassen. Wenn er sich nicht meldet, wird man ihn hier suchen. Ich denke, bis morgen haben wir noch Zeit."

Scullys Feuerzeug flammte auf und entzündete eines der im Kamin aufgestapelten Holzscheite.
"Die Ruhe wird uns beiden gut tun", sagte sie.
"Was ist mit deiner Informantin?", fragte John plötzlich. "Weiß sie überhaupt, wie sie dich erreichen kann?"
Scully nickte. "Wir besitzen beide noch ein paar Mobiltelefone, die wir jeweils nur ein einziges Mal benutzen und anschließend zerstören. Wo auch immer wir miteinander Verbindung aufnehmen - man wird uns nicht schnell genug orten können!"

Der Boden war hart, doch bald taten die weichen Schlafsäcke und das Flackern des Kaminfeuers ihre Wirkung. Der Tag würde ein weiteres Mal über ihren Köpfen zum Leben erwachen und neue Hoffnung mit sich bringen.

***

Hier.

< Ich sitze in dem abgedunkelten Raum und starre blicklos auf das leere, weiße Blatt auf dem Schreibtisch vor mir. Mein Rücken schmerzt wie nach tausenden von Hieben, während mein Geist nicht weniger Qualen erduldet.
Wenn ich den Kopf ein wenig nach links wende, kann ich ihn sehen: Still liegt er in den Kissen, starr und einsam. Ich frage mich dann jedes Mal, ob das Leben schon aus ihm gewichen ist und ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob ich nicht den Moment herbeisehnen soll, in dem...
Doch halt. Nicht so; nicht hier.

Ich schließe die Augen und bemerke, wie mich ihre Art zu denken immer und immer wieder überfällt.
Auch wenn ich mich dagegen wehre - es kehrt stets zu mir zurück. Ich wünschte, ich könnte es abschütteln, denn der alte Mann auf dem Krankenbett ist mein Vater.

Ich lausche in mich. Welchen Klang hat das Wort in meinem Inneren? Welche verborgene Feder wird von diesem Wort aufgezogen und welche Saite wird schließlich zum Klingen gebracht?

Der Ton verhallt in mir und lässt mich ratlos mit mir selbst zurück.

Mein Vater bewegt sich. Unruhig wälzt er sich in den Decken herum, die Stirn unter dem schütteren weißen Haar schweißbedeckt.
Ich werde später an meinem Bericht weiterarbeiten, doch jetzt ruft mich erst einmal die Pflicht. >

***

"Vater?" Die junge Frau strich ihre braunen Locken zur Seite und betrachtete den alten Mann auf dem Bett besorgt. Er sah wirklich schlecht aus. Selbst nach deren Maßstäben sah er schlecht aus.

Der alte Mann antwortete nicht. Bangen Blickes beobachtete sie die Anzeigen auf den medizinischen Geräten. Eine unregelmäßige Kurve zuckte über den grünen Bildschirm und hinterließ mit jedem Ausschlag einen geisterhaften Schein auf dem Monitor.

Die Tür sprang auf und drei weiß bekittelte Personen platzten ins Zimmer.
"Aus dem Weg!", knurrte einer von ihnen unsensibel und kratzte auf der fleckigen Haut unter seinem dürren Bart herum. Sein weißes Hemd stand offen und zeigte darunter den grauen Stoff einer eng anliegenden Uniform.
Seine beiden Begleiter umringten das Bett und beobachteten stumm, wie der Bärtige die Messgeräte justierte. Schließlich wandte er sich der jungen Frau zu und maß sie mit abschätzigem Blick.
"Es geht zu Ende", sagte er kühl. "Ich bin sicher, das hätte ihn amüsiert. Damals, als er noch seinen anderen Namen trug."

Sie schluckte. Die Worte des Mannes brannten in ihrem Schädel und und fraßen sich immer tiefer in ihr Gehirn. "Ja", sagte sie schließlich mit trockener Kehle. "Als man ihn noch als Frank Black kannte."

***

Frank Black atmete tief die kalte Luft des Abends ein und trat aus dem Schatten. Vielleicht konnte er noch einmal die Sonne sehen, so wie er sie seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte.

"Jordan... Catherine... ", hauchte eine Stimme, und er erschrak, als ihm bewusst wurde, dass er seine eigenen Worte in die Ferne gesprochen hatte.

Das verlöschende Licht des Tages blendete ihn, ein letztes Mal, und dann war der Augenblick gekommen, da das strahlende Gestirn seinen letzten grünen Strahl über die weite, glatte Fläche des Meeres schickte.
Wieder stiegen in seinen Gedanken die Bilder seiner Tochter und seiner Frau hoch, Bilder... Erinnerungen. Frank schloss die Augen. Mehr würde ihm nicht bleiben, das war ihm nun klar.
Wie schnell die Gedanken doch verflogen, überlegte er. Und noch während es allmählich Nacht wurde, zogen die Gesichter all der Menschen an ihm vorüber, die sein karges Leben auf die eine oder andere Weise mit ihm geteilt hatten.
Süß. Bitter. Ja, befand er. Meist bitter.

Giebelhouse konnte er dort sehen, Peter Watts, Mulder und Scully... So viele Menschen.
Ein weiterer Gedanke tauchte vor ihm auf: Das Sonnenlicht. Ob es in all diesen Jahren auch einmal nur für ihn allein geschienen hatte? Eine Stunde? Angst stieg in ihm auf. Eine Minute nur, nein... Nur eine Sekunde.

Und schließlich, ganz am Ende der Prozession sah er schließlich das Gesicht, dass er am meisten von allen herbeigesehnt hatte, das er nur noch ein einziges Mal sehen und dann tief in seinem Inneren verschließen wollte: Jordan.
"Meine Tochter", sagte er mit brechender Stimme.

Als er an sich herunter blickte, konnte er das Wasser sehen, das ihm bereits bis zur Hüfte gestiegen war. Ein Lächeln zuckte über sein Gesicht, und in diesem Augenblick war ihm klar, dass das Ende nun nicht mehr lange auf sich warten lassen konnte.
Der letzte Lichtschein verblasste matt am Himmel und die ersten Sternbilder funkelten durch die Nacht.
Dann schlug das Wasser über seinem Kopf zusammen und er sank tief und immer tiefer in jene andere Welt.

< Jordan > dachte er mit dem letzten Schlag seines Herzens. < Ich habe dir längst verziehen. >

***

Jordan Black ließ den Kopf hängen und ein kleiner salziger Strom rann aus ihren geschlossenen Lidern, über die Wangen und benetzte den weißen Stoff der Klinikkleidung.

Schließlich hob sie den Kopf und beobachtete, wie die Männer schweigend die Überwachungsapparate ausschalteten und sich zum Gehen umwandten.
"Es hat nicht funktioniert, nicht wahr?", sagte sie erst leise, sehr leise - doch noch bevor die Worte ganz ihre Lippen verlassen hatten, übermannte sie ihre alte Wut.
Bebend vor Zorn sprang sie auf und stellte sich dem Bärtigen und seinen Helfern in den Weg. "Es hat nicht funktioniert, was Sie vorhatten, und Sie kennen auch den Grund dafür!"

"Miss Black", zischte der Bärtige und sah sie drohend an. "Geben Sie den Weg frei, sonst sehe ich mich gezwungen..."
"Was?", rief sie. "Was wollen Sie denn noch? Ihr lächerliches Experiment ist fehlgeschlagen und Sie..."
Sie zögerte. Für eine Sekunde umspielte ein sarkastisches Lächeln ihre Lippen. "Sie wissen es gar nicht! Sie haben nicht die geringste Ahnung, warum wir keine eindeutigen Bilder von ihm erhalten haben, richtig? Sie können sich noch immer nicht erklären, warum das hier" - sie tippte mit dem Zeigefinger gegen die Klemmmappe unter dem Arm des Laboranten - „unsere einzige Ausbeute seines Mentalscans ist!"

Befriedigt trat sie einen Schritt zurück und gab den Weg frei. Unbeholfen drehten sich die Männer um und verließen das Zimmer.

***

Medical Research Center
Blackburn, PA

[Auszug aus dem Bericht der Forschungsleitung] ... muss das Experiment, nach Abwägung aller während der Testphase gesammelten Informationen, als gescheitert eingestuft werden. Die während der Scanvorgänge von der Testperson an SETLIB3 übermittelten Bilder sind – trotz der bereits bekannten mentalen Fähigkeiten der Versuchsperson – bruchstückhaft, ungenau und deuten zu keiner Zeit darauf hin, mehr als die empathischen Reste von Traumbildern zu sein. Das Ziel, genaue Information über den Aufenthaltsort der gesuchten Personen zu erlangen, konnte nicht erreicht werden.

***

Das Haus am Meer. Die Bäume reichten an dieser Stelle des Atlantiks bis dicht an die Küste heran. Dort, wo sie das schäumende Wasser fast erreichten, zerbrach die Küstenlinie in mehrere schroffe Felsen und fiel steil zum Meer hin ab.
Jordan Black wandte das Gesicht vom Wind ab und ein einsames Lächeln schlich sich in ihr Gesicht. Obwohl ihr Vater nicht oft hier gewesen war, hatte er das Haus immer geliebt - damals, nach Mutters Tod.

Sie seufzte und beschloss, es schnell hinter sich zu bringen. Jede Minute, die sie wartete, machte es nur schlimmer.
Jordan zog ihr Mobiltelefon aus der Tasche und tippte eine Nummer von einem Zettel ab.
„Ja?“, erklang eine reservierte Stimme. Statisches Rauschen überschattete die Verbindung, doch sie hatte kein Problem, Dana Scullys Stimme zu erkennen. Möglich, dass sie bereits abgehört wurden, doch das spielte jetzt keine Rolle mehr. Beide Telefone wurden ohnehin nach diesem Gespräch vernichtet.
„Dana? Hier ist Jordan Black“, rief sie. „Ich wollte Ihnen nur sagen... Es ist vorüber.“
Zögern am anderen Ende der Leitung.
Jordan spürte, dass Scully etwas sagen wollte, also sprach sie schnell weiter. „Und noch etwas, Dana. Die haben nichts von ihm erfahren können. Vielleicht war das der letzte Dienst, den ich ihm noch erweisen konnte.“

Die Reste vergangener Schuld nagten an ihr, doch mit jedem neuen Tag konnte sie besser damit leben. Sie hatte kooperiert. Sie hatte scheinbar eingewilligt, ihr faschistoides Spiel mitzuspielen - das war ihr eigener Weg gewesen, mit der Bedrohung, die diese Menschen darstellten, fertigzuwerden.
Und irgendwie... Ja, irgendwie hatte es funktioniert. Das Experiment war natürlich fehlgeschlagen, aber was vielleicht viel wichtiger war: Auf diese Weise hatte sie ihr eigenes kleines Geheimnis für sich behalten können.
Sie dachte an ihren Vater, und der Gedanke an die Gabe, die er ihr hinterlassen hatte, erfüllte sie mit Wehmut.
Sie hatte es ihm nie gesagt, aber vielleicht hatte er es all die Jahre geahnt: Jordan Black besaß die gleichen empathischen Fähigkeiten wie ihr Vater.
Sie schloss die Augen. Mochte es zuende gehen. Sie hatte sich ihnen verweigert.

Als Scully schließlich antwortete, war ihre Stimme durch das Rauschen kaum noch zu hören, doch Jordan war es von Kind an gewöhnt, zwischen den Zeilen zu lesen.
„Danke“, sagte sie nur. „Leben Sie wohl.“

Jordan klappte das Telefon zu und warf es mit einer weit ausholenden Geste ins Meer. Eine plötzliche Windbö verfing sich in ihren Harren und nahm ihr für einen Moment den Atem.
„Alles Gute“, murmelte sie. „Leb wohl, Daddy!“


Ende.


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