World of X

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Workin‘ Overtime

von Spooky

Kapitel 2

Als die Autopsie und der zweite Tag des Seminars gegen 22. 00 Uhr zuende war, hatte Scully das dringende Bedürfnis so schnell wie möglich in ihr Hotel zu kommen.

Sie schloss die Tür und lehnt sich im Dunkeln gegen das kühle Holz.

Noch immer kreisten ihre Gedanken um den Jungen, dessen Körper sie zerlegt hatte, um sein Lächeln, sein seltsam verdicktes Blut und die Frage, warum um Himmels Willen Darryl Banks sich der Wissenschaft zur Verfügung gestellt haben sollte, wo sein junger Körper eigentlich doch schon ein Auslaufmodell war und warum es keinen einzigen Totenschein gegeben hatte. Müde sank sie in die Knie und schloss die Hände vor ihrem Gesicht.

Scully hatte keine Ahnung, wie lange sie dort im Dunkeln auf dem Boden gesessen hatte, aber als sie wieder ganz zu sich kam, war es zwei Uhr morgens. Sie musste eingeschlafen sein. Fröstelnd stand sie auf und griff zögernd nach dem Telefon.

"Mulder." Die Stimme ihres Partners klang verschlafen, aber ihn zu hören, gab ihr ein wenig Sicherheit und Beständigkeit zurück.

"Hallo."

"Scully? Sind Sie das?"

"Hm."

"Alles, ok mit Ihnen? Sie klingen irgendwie deprimiert. Läuft das Seminar nicht gut?"

"Nicht gut? Es läuft einfach prima." Scully konnte den sarkastischen Ton nicht in ihrer Stimme unterdrücken. "Ich habe heute einen Jungen in seine Einzelteile zerlegt und alles im Namen der Wissenschaft, Mulder." Ihre Stimme brach leicht und Mulder richtete sich besorgt in seinem Bett auf.

"Scully. Das ist Ihr Job. Sie machen das nicht zum ersten Mal. Was stimmt nicht?" Scully schniefte leicht und wischte sich über ihre Wangen. Normalerweise war das nicht ihr Ding, sich mitten in der Nacht bei ihrem Partner auszuheulen, aber es ging ihr furchtbar und sie hatte das Gefühl etwas schreckliches getan zu haben.

"Es war der Junge, dem ich gestern das Leben gerettet habe. Er war in der Lobby zusammengebrochen, nachdem wir zusammen telefoniert hatten. Ich konnte ihn wiederbeleben, begleitete ihn ins Krankenhaus, aber man entließ ihn. Er wollte leben, Mulder. Er war schwer herzkrank und er wollte nicht sein Leben in einem Krankenhaus fristen, bis man ein passendes Herz gefunden hatte.

Und dann als das Tuch heute zurückgeschlagen wurde, lag er auf diesem verdammten Tisch und war nichts weiter als Objekt für die Wissenschaft. Ich, er war unser Demonstrationsobjekt, Mulder und die ganze Zeit musste ich an den Jungen vom Vortag denken, an seinen Lebensmut und sein Lächeln. Es war so furchtbar. Und sie hatten nicht mal einen Totenschein, sein Blut war so seltsam und ich hätte am liebsten alles hingeschmissen."

Mulder hörte geduldig und mitfühlend zu und Scullys Erläuterungen wurden hier und da durch eindeutige leise Schluchzer unterbrochen. Mulder brauchte nicht bei seiner Partnerin zu sein, um dies zu spüren.

"Das tut mir leid, Scully."

"Mulder, können Sie mir einen Gefallen tun?"

"Sicher. Was brauchen Sie?"

"Ich möchte, dass sie Darryl Banks für mich überprüfen. Seit ich ihn auf diesem Tisch gesehen haben, lässt mich dieses Gefühl nicht los. Er hatte keinen Grund sich der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. Ich meine, er war jung, da macht man sich in der Regel über so etwas keine Gedanken. Er wollte leben, war so positiv eingestellt und ich habe keinen Totenschein zu sehen bekommen. Jeder Tote hat aber einen und wenn Darryl sich der Wissenschaft zur Verfügung gestellt hat, dann gibt es darüber in der Datenbank Aufzeichnungen. Außerdem wäre das Krankenhaus verpflichtet gewesen, eine Autopsie durchzuführen, immerhin war er an seinem Todestag dort Patient gewesen und er wurde nicht obduziert. Könnten Sie das für mich prüfen, Mulder?"

"Scully, wissen Sie, was Sie gerade damit andeuten?"

"Ich will gar nichts andeuten, aber ich habe eben dieses Gefühl, dass ich nicht loswerde."

"Ok. Ich prüfe es und melde mich morgen. Wann kann ich Sie erreichen?"

"Egal. Wann immer Sie die Informationen haben. Ich nehme mein Handy mit. Danke, Mulder!"

"Gern geschehen. Geht es Ihnen besser?"

"Es geht so. Vielleicht brauche ich nur etwas Schlaf. Bis Morgen". Scully beendete das Gespräch und schloss die Augen. Sie hatte dieses Gefühl und es ließ sie nicht los.









Gerichtsmedizinisches Institut, am nächsten Morgen



An diesem Morgen konnte Scully den Ausführungen des Professors nicht besonders aufmerksam folgen. Sie dachte noch immer nach über den vergangenen Tag, Darryl Banks, vor allem über sein Blut und darüber hinaus wartete sie brennend auf den Anruf von Mulder.

Eine Gefrierverfahren sollte sein Blut dermaßen verklumpt haben? Kein Verfahren der Welt, jedenfalls keines, das sie bisher kennen gelernt hatte, brachte diese Ergebnisse hervor. Mulders Anruf am Nachmittag lärmte in die Stille hinein und Scully verließ sich entschuldigend den Raum.

"Scully?"

"Ja, Mulder, was haben sie herausgefunden?"

"Tja, Scully. Sie haben anscheinend einen guten Riecher. Darryl Banks war tatsächlich in keiner Datenbank, außer der Organspendebank gemeldet. Es gibt auch keine Eintragungen über eine Einlieferung in ein Krankenhaus am Tag seines Todes. Also gibt es auch keinen Totenschein. Sie konnten keinen sehen, weil es keinen gibt."

"Das heißt, sie haben mich hier angelogen, Mulder? Wenn Darryl nicht durch ein Krankenhaus hierher kam, wie dann?"

"Ich will ja nichts andeuten, aber haben sie nicht mal angedeutet, dass an den medizinischen Fakultäten immer chronischer Leichenmangel herrscht?"

"Danke, Mulder. Das hat mir sehr geholfen. Ich muss zurück ins Seminar. Ich melde mich wieder bei Ihnen. Ansonsten sehen wir uns Samstag Abend."

Scully schaltete ihr Handy aus, klappte es zu und sah sich um. Anscheinend hatte niemand ihr Gespräch mit Mulder mitbekommen. Solange der Professor und sein kleiner Assistent mit dem Seminar beschäftigt waren, hätte sie Gelegenheit sich etwas umzusehen. Sie öffnete die Tür zu den Untersuchungssälen und trat leise ein. Was sie nicht merkte war, dass der Helfershelfer des Professors ihr gesamtes Gespräch mitbekommen hatte und ihr nun vorsichtig wie ein Schatten folgte.



Die Kühle in dem großen alten Raum ließ Dana erschaudern. Sie machte sich auf die Suche nach Hinweisen. Es musste Unterlagen über diese Toten geben. Irgendetwas. Leise zog sie einige Schubladen auf, aber was sie fand, gehörte nicht zu diesen Toten. Nichts über Darryl Banks. Es war, als hätten diese Menschen niemals gelebt.

Sie schlüpfte in ein paar Handschuhe und nahm aus einem Regal ein Probenröhrchen. Wenn sie schon nichts über die Herkunft der Toten hatte finden können, dann wollte sie wenigstens die Chance nutzen und sich das Blut von Darryl unter dem Mikroskop näher ansehen.

Vorsichtig nahm sie eine Probe seines Blutes und warf das Mikroskop an. Sein Blut war merkwürdig verklumpt. Noch immer, als sei es in Gelee verwandelt worden. Nichts hatte sich verändert und Scully schüttelte ungläubig ihren Kopf. Durch eine Kühlung konnte dieser Zustand nicht hervorgerufen worden sein. Sie stellte das Gerät noch auf eine Stufe schärfer und erkannte Rückstände, die nicht dorthin gehörten. Sie konnte sie nicht benennen, aber sie gehörten nicht dorthin. Verwundert hob sie den Kopf und rieb sich über die Augen. Als sie plötzlich ein Geräusch hinter sich hörte, fuhr sie herum und blickte in das Gesicht des Assistenten.

"Gott, Taylor. Sie haben mich erschreckt!"

"Was machen Sie denn hier, Dr. Scully?"

"Ich wollte mir noch etwas genauer ansehen, was mir gestern aufgefallen ist."

"Und? Haben Sie gefunden, wonach Sie gesucht haben?"

"Nein."

"Sie verpassen den besten Teil des Seminars, Dr. Scully. Vielleicht sollten Sie zurück in die Vorlesung gehen." Scully lächelte und griff nach der Blutprobe.

"Sicher haben Sie Recht, Taylor", erklärte sie und machte sich auf den Rückweg in den Vorlesungssaal, als sie einen stechenden Stich in ihrer Schulter spürte und erschrocken umfuhr. Taylor hielt teuflisch grinsend eine Spritze in seiner Hand und noch bevor sie schreien oder etwas anderes tun konnte, gaben ihre Beine nach und Scully fiel benommen zu Boden. Alles um sie herum drehte sich und Taylors Stimme hörte sich an, als käme sie durch eine dicke Wand, als er dicht neben ihr kniete und sprach.

"Tja, so ist das eben, wenn man sein hübsches, kleines Näschen in Angelegenheiten steckt, die einen nichts angehen, was? Sie haben gestern schon gemerkt, dass etwas mit dem Blut nicht stimmt, nicht wahr? Alle anderen Teilnehmer konnten meine Ausrede akzeptieren, aber Sie mussten ja weiterforschen. Es ist eine neue Methode, die das Blut so werden lässt. Ähnlich dem Plastinieren, Dr. Scully. Das kennen Sie doch sicher, nicht wahr? Diese Assistentenstelle hat mir die Gelegenheit geboten an meinem eigenen neuen Wirkstoff zu arbeiten, der das Plastinieren noch schneller werden lässt. Ist das nicht irre? Es wird mich sehr reich machen, Dr. Scully. Dauernd brauchte der Professor neue Leichen für seine neue Methode. Zum Testen versteht sich und na ja, ich konnte diese Menschen vorher auch sehr gut gebrauchen. So schlugen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Der Professor interessierte sich nicht so sehr für die Herkunft seiner Objekte und na ja, jetzt stehen irgendwie nur Sie zwischen mir und unendlichem Reichtum. Haben Sie eine Ahnung, wer da wohl den kürzeren zieht?"

Scully versuchte sich aufzurichten, doch das Betäubungsmittel in ihrem Körper machte dies unmöglich.

"Strengen Sie sich nicht an. Ich brauche Sie lebend. Dann klappt das besser mit meinem Wirkstoff. Bisher hatte ich nur zwei mal die Gelegenheit ihn zu testen, aber da war er noch nicht so weiterentwickelt. Ich meine, ich musste die Leichen ja immer abgeben, und darauf achten, dass der Professor keinen Verdacht schöpft, aber ich denke, bei Ihnen könnte es klappen. Sie werden mein erstes Versuchsobjekt seit langen. Darryl Banks sollte es schon werden, aber wie konnte ich ahnen, dass sein Herz das nicht mitmachte?" Scully regte sich erschrocken und versuchte wenigstens um Hilfe zu schreien, aber ihre gesamte Motorik war gestört und als Taylor ihr eine weitere Spritze gab, betete sie, dass dies nicht das Ende war.





Key West, Sonntag Vormittag



"Jetzt öffnen Sie schon die verdammte Tür!", fluchte Mulder ungehalten und schob den Pagen an die Seite, sobald er dies getan hatte.

Seit seinem Gespräch mit Scully am Donnerstag hatte er sie nicht wieder gesprochen. Er hatte sich zuerst nichts dabei gedacht, aber als er sie am Abend für ihr Treffen abholen wollte, war Scully nicht daheim gewesen und überhaupt schien niemand zu wissen, wo sie war.

Als er vom Flughafen erfahren hatte, dass sie den Rückflug nicht angetreten und im Hotel auch noch nicht ausgecheckt hatte, bekam er ein ungutes Gefühl in der Magengegend und Skinner schickte ihn nach Key West, um Scully zu finden.

"Wann haben Sie Agent Scully zuletzt gesehen!?", herrschte er den Pagen an.

"Donnerstag Morgen. Sie ging nach dem Frühstück zu diesem Seminar."

"Und danach?"

"Danach?"

"Ist sie nicht wieder gekommen?"

"Nein."

"Und das kam Ihnen nicht seltsam vor?"

"Sir, sie ist eine erwachsene Frau." Mulder beendete die Durchsuchung und stürzte ohne ein weiteres Wort zu verlieren nach draußen, um mit dem Taxi zu dem Institut zu fahren, an dem das Seminar stattgefunden hatte. Ohne auf das Gezeter der Sekretärin zu achten, platzte er in den Autopsiesaal, um den Professor zu sprechen.

"Es tut mir leid, Sir, ich konnte ihn nicht aufhalten!", erklärte die junge Frau und zog sich leise zurück.

"Schon gut. Wie kann ich Ihnen helfen?"

"Ich bin Special Agent Mulder vom FBI und ich bin auf der Suche nach meiner Partnerin, die hier die Woche über an Ihrem Seminar teilgenommen hat. Dr. Dana Scully."

"Oh, Dr. Scully. Ja, ich erinnere mich! Aber sie müsste doch längst wieder in Washington sein. Ihr Vorgesetzter rief mich am Freitag an und sagte, dass sie wegen eines Falles zurück nach D.C. berufen wäre und nicht länger am Seminar teilnehmen könne, was ich sehr schade fand, denn ich hielt die junge Dame, unter uns gesagt, für ausgesprochen talentiert."

"Niemand hat Scully vom FBI zurückbeordert, Professor."

"Nicht? Aber, Taylor hat gesagt, dass er mit jemandem vom FBI gesprochen hätte und seit Freitag war Dr. Scully dann auch nicht mehr da."

"Wer ist Taylor?"

"Dr. Taylor, mein Assistent. Er ist heute nicht da. Hat seinen freien Tag."

"Wo kann ich ihn finden?"

"Fragen Sie meine Sekretärin, sie kann Ihnen seine Adresse geben. Und jetzt wäre ich sehr froh, wenn Sie mich nicht länger stören würden, Agent Mulder."



Taylors Haus lag am Ende der Welt. Die Fahrt dorthin dauerte lange und die schwüle Hitze brachte Mulder, zusammen mit der Sorge um Scully, fast um den Verstand.



"Ah, wie schön, dass sie wieder unter den Lebenden weilen, Dr. Scully! Ich habe mir schon Sorgen gemacht, denn sie haben äußerst intensiv auf das Beruhigungsmittel reagiert, aber jetzt sind sie ja wieder wach."

Dana drehte langsam ihren Kopf und wartete bis ihre Augen sich etwas an die Umgebung gewöhnt hatten, bevor sie bemerkte, dass sie sich nur schlecht bewegen konnte, weil sie offensichtlich auf diesem OP-Tisch arretiert war. Panik ergriff sie und sie begann an ihren Fesseln zu reißen.

"He, nicht. Sie verletzten sich noch und wie sieht das hinterher aus. Ts, ts, ts. Keine Angst, es wird nicht weh tun. Jetzt wo Ihr Kreislauf wieder vollständig fit ist, werde ich Ihnen gleich eine kleine Spritze geben und Ihr Kreislauf transportiert dann das Serum bis in die kleinste Zelle Ihres Körpers, damit es auch schön verteilt wird. Es dürfte nicht besonders lange dauern und keine Sorge, Sie werden auch nicht so viel davon mitbekommen!"

"Sie sind ja krank, Taylor. Machen Sie mich los. Ich bin FBI-Agentin. Man sucht sicherlich schon nach mir. Damit kommen Sie nicht durch!"

"Oh, ich denke nicht, dass ich damit Schwierigkeiten haben werde. Sie bleiben ja in meine Privatausstellung, Scully. Sie dienen dem Dienste der Wissenschaft. So wie meine beiden anderen Objekte, an denen ich allerdings später noch etwas nachbessern musste." Taylor lächelte und zog ein Tuch ganz in der Nähe vor eine Nische weg. Scullys Atem stockte.

"Bitte, tun Sie das nicht, Taylor. Das wollen Sie doch gar nicht."

"Sch, sch, sch. Keine Angst. Sie werden noch wesentlich schöner, als die beiden dort, weil mein Verfahren, mein Serum jetzt ausgereifter ist."

"Man wird Ihnen auf die Schliche kommen."

"Ach was. Wenn das der angesehenste Professor für Pathologie nicht konnte, wer soll es dann? Ein simples Gegenmittel hat genügt, um die Wirkung umzukehren. Niemand hat meine Forschung je entdeckt oder wird es. Darryl Banks hingegen, war ein Fehler, das gebe ich zu. Er war schneller tot, als ich das Gegenmittel spritzen konnte. Deshalb war sein Blut noch leicht verdickt, als sie ihn untersuchten. Es ging eben nicht mehr, das Verfahren vollständig rückgängig zu machen. Simples Kochsalz reicht dafür aus. Ist das nicht wundervoll?"

"Sie haben diese Menschen ermordet, Taylor. Sie sind krank, wissen Sie das? Sie brauchen Hilfe."

"Kommen Sie, Dr. Scully. Sie wissen, dass schon immer Opfer nötig waren, um die Wissenschaft voranzutreiben." Seine geschickten Finger hoben ein kleines Fläschchen mit eine kristallfarbenen Flüssigkeit und Scully begann erneut an ihren Fesseln zu reißen.

"So, dann können wir ja starten, oder? Bereit, wenn Sie bereit sind sozusagen, Dr. Scully."

Scully spürte den Einstich in ihrem Bein und die Hitze, die sofort danach durch ihren Körper glitt.

Im selben Moment zog ein flackerndes Licht über dem Eingang zum Keller die ganze Aufmerksamkeit Taylors auf sich.

"Verdammt, es ist jemand an der Tür. Sie entschuldigen mich doch einen Moment, nicht wahr, Dr. Scully? Und dass Sie mir nicht weglaufen. Ich bin gleich wieder da!"

Sobald er den Raum verlassen hatte, blickte Scully sich fiebrig um. Sie konnte spüren, dass etwas mit ihrem Körper nicht stimmte, dass sie sich kaum bewegen konnte und ihr das Atmen schwerer fiel. Sie musste sich irgendwie losmachen, das war ihre einzige Chance, solange das Serum noch nicht voll von ihrem Körper Besitz ergriffen hatte. Wenige Zentimeter von ihrem Händen entfernt hatte Taylor das OP-Besteck zurückgelassen.



Mulder klingelte nun schon zum zweiten Mal und wartete entnervt vor dem Eingang, bis sich schließlich die Tür öffnete.

"Sind Sie Dr. Taylor?"

"Ja."

"Fox Mulder, FBI. Ich komme gerade von Ihrem Vorgesetzten und er hat mir mitgeteilt, dass Sie derjenige waren, dem Dr. Scully gesagt hatte, dass sie wieder zurück nach Washington müsse wegen eines neuen Falles."

"Ja, das ist richtig. Dr. Scully wollte sofort abreisen und bat mich, das dem Professor mitzuteilen. Stimmt etwas nicht?"

"Agent Scully ist nicht in Washington angekommen. Genauer gesagt wissen wir nichts über ihren Verbleib, Dr."



Scully bekam eines der Skalpelle zu fassen und schnitt die erste Fessel durch, dann die zweite und ungeschickt durch das Serum, das ihren Körper durchflutete, fiel sie zu Boden, als sie versuchte aufzustehen. Ihre Motorik war so gut wie lahmgelegt, aber sie erkannte ganz deutlich die Stimme ihres Partners, der sich oben an der Tür mit Taylor unterhielt. Verzweifelt versuchte sie zu schreien, aber ihre Stimme war zu schwach. Wenn Mulder jetzt ging, würde sie die nächsten Stunden nicht mehr erleben. Mühsam schleppte sie sich über den Boden in Richtung ihrer Jacke, die auf dem Boden lag.



"Das tut mir leid, ich hoffe, Sie finden sie bald", erklärte Taylor betont mitfühlend und wurde von Mulders Handy unterbrochen.

"Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment, Dr. Taylor. – Mulder, ja?"

Scullys Herz begann zu rasen, als sie Mulders Stimme so nahe hörte, aber es fiel ihr schwer in vollständigen Sätzen zu reden.

"Hilf mir", brachte sie leise hervor und das Wort Keller und dann brach die Verbindung ab, weil Scullys Akku zu schwach war.

"Scully!! Scully, verdammt melden Sie sich!", fauchte er und drückte verzweifelt die eins, um Scully erneut zu erreichen.

"Tja, also, ich hoffe, Sie finden ihre Partnerin unversehrt wieder. Wenn Sie sonst keine Fragen haben, Agent Mulder. Ich bin ein viel beschäftigter Mann."

"Ja, schon gut danke." Mulders ganze Aufmerksamkeit galt dem Klingeln des Handys. Er betete, dass Scully am anderen Ende der Leitung dranging, während er sich auf den Rückweg zum Wagen machte, der hinter dem Haus stand.

Plötzlich galt sein ganzes Interesse einem leisen Klingeln, dass er in der Stille der Umgebung ausmachte und es war ein Klingeln, dass er besser kannte als alles andere. Seit vier Jahren hatte Scullys Handy den selben Klingelton. Immer auf voller Lautstärke gestellt, weil sie es sonst schon mal überhörte, kam diese Klingeln offensichtlich aus dem Keller dieses Hauses. Mulder zögerte keine weitere Sekunde, lief zurück zur Vorderseite des Hauses, brach die Tür auf und sah im nächsten Moment, wie Taylor durch die Hintertür flüchtete.

"Scully!! Scully!!" Er hastete durch die Räume des Hauses, bis er den Eingang zum Keller fand und die Treppen herunterstürzte, wo er seine Partnerin auf dem Boden liegend vorfand.

"Scully, oh Gott. Was hat er dir angetan?", flüsterte er ängstlich und blickte in die erschrockenen Augen seiner Partnerin.

"Kochsalz, Natriumchlorid", flüsterte sie leise. "Du musst es mir spritzen. Da!", erklärte Scully schwach und deutete auf den Arzneikasten.

Mulder kam mit einem Fläschchen zurück und hielt es Scully vor die Augen.

"Das?"

"Ja!! Du musst es mir spritzen, jetzt!" Mulder riss ein Spritzenpäckchen auf und griff nach der Flasche.

"Scully, ich kann das nicht, ich bin kein Arzt!"

"Mach schon! Du musst! Halt die Flasche auf den Kopf und dann ziehst du die Spritze auf." Mulder tat, was Scully ihm erklärte und schaute besorgt auf seine Partnerin herunter, deren Atem sehr schwach ging und die sehr leise sprach.

"Sehr gut. Und jetzt musst Du meine Venen finden. Dazu musst du meinen Arm kurz abbinden, dann geht es leichter!"

"Dana, ich – eine Spritze ist eine Sache, aber eine intervenöse eine andere....."

"Wenn Du mir diese Spritzte nicht gibst, werde ich sterben, Mulder. So einfach ist das. Also, los!"

Vorsichtig und hastig zugleich löste Mulder seinen Schlips und band damit Danas Arm oberhalb ab, bis die Adern deutlich hervortraten. Vorsichtig fühlte er mit seinem Finger über ihre Vene, die nun deutlich hervortrat und blickte dann in Scullys Gesicht.

"Mach schon, Mulder!", drängte Scully und so sehr er sich auch dagegen sträubte Dana diese Nadel in den Arm zu stechen, er tat es. Scully biss die Zähne zusammen und zog scharf die Luft ein, als Mulder den Inhalt der Spritzt in Ihren Körper beförderte und sie dann ängstlich ansah.

"Der Krankenwagen ist unterwegs, Dana, du musst durchhalten. Denk daran, du schuldest mir noch ein Date.", flüsterte er leise und streichelte besorgt über ihr Haar. "Alles wird wieder gut. Du kannst mich nicht so einfach hier alleine lassen."

Dana lächelte und griff nach Mulders Hand. Die Schmerzen, waren unglaublich. Es war als hätte sie eine Woche am Stück Sport getrieben und einen riesen Muskelkater. Als sie später in Krankenwagen das Bewusstsein verlor, spürte sie Mulders Hand noch immer und sie spürte sie auch, als sie vier Tage später in General langsam wieder zu sich kam.



Das helle Sonnenlicht, das durch die großen Scheiben in den Raum schienen, blendeten zuerst ihre Augen, als sie langsam zu sich kam und noch keine Orientierung hatte, aber dieser markante Duft und die weichen Finger konnten nur zu einer Person gehören.

Mulder saß auf ihrem Bett und streichelte sanft durch ihr Gesicht.

"Hey, willkommen zurück", flüsterte er leise und erntete ein schwaches Lächeln, das sein Herz erwärmte. Nach all den Tagen, die er an Scully Seite in diesem Raum verbracht hatte, war ihr Lächeln wie ein Geschenk Gottes.

"He."

"Na, wie fühlen Sie sich?" Danas Augen waren noch immer geschlossen.

"Irgendwie hat mir das mit dem "du" besser gefallen, Mulder", erklärte sie leise und zauberte damit ein Lächeln auf das Gesicht ihres Partners, der vorsichtig ihre Hand streichelte.

"Ich hatte wahnsinnige Angst, Scully. Ich dachte, ich würde dich mit dieser Spritze umbringen oder dich so verlieren. Ich habe mich selten so hilflos gefühlt."

Dana betrachtete ihren Arm, der grün und blau war und lächelte.

"Für deine erste Spritze unter Stress war das gar nicht schlecht. Ich meine, ich lebe noch und der blaue Fleck wird auch wieder weggehen, Mulder!"

"Ja, mach du nur deine Witze, Scully. Aber das ist und bleibt hoffentlich meine erste und letzte Spritze, die ich dir verpassen musste. Wenigstens weiß ich jetzt, warum ich nicht Arzt geworden bin. Das ist wirklich scheußlich gewesen." Dana lachte und ihr Kopf fiel sanft vor seine Schulter, wo sie ihn liegen ließ, bis Mulder mit beiden Händen ihn vorsichtig anhob und mit seinen Daumen über ihre Wangen streichelte. Seine Augen verloren sich in ihren und wie oft schon waren sie in all den Jahren an diesem Punkt angekommen. Sekundenlang hielten sie sich mit ihren Augen gefangen und kosteten die prickelnde Spannung, die zwischen ihnen herrschte, aus, bis Dana es schließlich nicht mehr aushielt.

"Wirst du mich jemals küssen, Mulder?"

"Bitte?"

"Wirst du mich jemals küssen?" Mit dieser Frage hatte sie ihn völlig aus dem Gleichgewicht geworfen.

"Ich habe dich schon einmal geküsst, Scully!"

"Das war kein Kuss." Mulder lächelte und küsste Scully sanft auf den Mund.

"Du möchtest also, dass ich dich anders küsse?", fragte er unschuldig, wobei er seine Lippen erneut auf Danas drückte und empfing ein deutliches Nicken. Unzählige Male berührten sie sich sanft mit ihren Lippen, knabberte daran, schmeckten das leichte Prickeln, bis Mulders Zunge sanft und bittend über Danas Oberlippe fuhr. Ihre ersten Küsse waren sanft, zögernd, forschend, bis sie an Zutrauen, Intensität und Leidenschaft zunahmen und sie sich gegenseitig den Atem raubten. Wenige Sekunden darauf riss Mulders Handy beide in die Realität zurück. Während er sprach, barg er Danas Kopf an seinem Hals und streichelte durch ihr Haar, abgelenkt davon, dass Dana sanfte Küsschen über seinem Puls verteilte. So schnell es ging, beendete Mulder das Gespräch und zog Dana wieder enger in seine Arme.

"He, du machst es einem nicht gerade leicht, dabei zu telefonieren", flüsterte er und Scully lächelte. Sie küssten sich erneut, doch nach einem Moment löste er sich sanft von ihr und blickte sie liebevoll an.

"So gerne ich bleiben würde, das war Skinner. Er will mich zurück in Washington haben. Ich muss in einer Stunde am Flughafen sein. Sie haben einen neuen Fall." Mulder streichelte durch ihr Gesicht. "Keine Angst. Das Zimmer wird gut bewacht, so lange Taylor auf freiem Fuß ist. Der Doc sagt, du musst bis Samstag noch hier bleiben. Wenn du möchtest, kann ich dich am Samstag dann abholen und wir verbringen das Wochenende ganz hier in der Nähe. Meinem Cousin gehört ein wunderschönes Ferienhaus am Meer, was meinst du?" Mulder blickte sie hoffnungsvoll an und lächelte.



"Gern, also nächstes Wochenende?"

"Hm"

"Ok. Dann hab ich ja jetzt etwas, wofür es sich lohnt schnell gesund zu werden", flüsterte Dana leise und suchte erneut nach Mulders weichen Lippen.



Einundeinhalb Stunden später saß Mulder zufrieden und glücklich im Flieger Richtung Washington und blickte in den Sonnenuntergang, der über Florida hereinbrach. In den letzten Stunden hatte sich sein Leben komplett verändert. Er konnte es kaum fassen, dass Scully tatsächlich das selbe für ihn empfand und das sie endlich zueinander gefunden hatten. Zum ersten Mal seit Jahren interessierte ihn nicht die Art des Falles, der in D.C. auf ihn wartete, sondern nur die Zeit, die er brauchen würde, um ihn ad acta zu legen. Sicherlich würde er ihn mit der selben Sorgfalt wie immer bearbeiten, allerdings war dieses Mal sein Antrieb ein anderer.





Fini



So, ich hoffe, es hat euch gefallen!

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