World of X

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Sleep

von Spooky

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Mulder betrachtete seine Partnerin schon den halben Vormittag, ohne dass sie es weiter bemerkte. Scullys Gedanken waren ganz woanders und genau das sah man ihr auch an. Mulder sah auf die Uhr. Bis zur Beerdigung waren es noch zwei Stunden.

"Scully?", fragte er leise, aber seine Partnerin reagierte nicht im Geringsten. Seit dem vergangenem Montag stand Dana noch immer leicht unter Schock.

Mulder ging langsam zu ihr, hockte sich vor sie und hob vorsichtig ihr Kinn etwas an. Er blickte in die traurigsten Augen, die er jemals gesehen hatte und legte instinktiv beide Arme schützend um sie.

"Alles wird wieder gut, Scully. Wir werden dieses Schwein finden. Glauben sie mir. Es ist nur eine Frage der Zeit", versicherte er ihr und Scully lehnte sich sanft gegen ihn, atmete seinen Duft ein und hielt ihn fest ganz tief in ihr. Wann immer es ihr schlecht ging, war dies genau das, was ihr Halt gab.

"Wieso sie, Mulder? Ich versteh das nicht! Sie hat doch niemandem etwas getan. Wie kann jemand nur so etwas tun? Ich versteh das nicht ", fragte Scully und Mulder nickte. So oft es auch geschah und so oft er mit dieser erschreckenden Wahrheit schon in seinem Job konfrontiert wurde, die Fragen der Freunde und Verwandten blieben immer dieselben, auf der Suche nach einer Erklärung. Es war leichter, so lange es niemanden traf, den man kannte. Mulder hatte Jules zwar nur einige Male kurz gesehen, aber er wusste, dass Scully und sie sich schon seit dem Studium kannten und mehr als gute Freunde gewesen waren.

"Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass wir den kriegen. Irgendwann machen diese Kerle Fehler, Scully und dann werden wir ihn kriegen". Mulder streichelte über ihr weiches Haar und ließ sie erst los, als Skinner in ihr Büro trat. Ihr Vorgesetzter stockte etwas, angesichts des Bildes das sich ihm bot. Bisher hatte er Scully immer als knallharten Ermittler gesehen, aber dort in Mulders Armen war sie nichts anderes, als ein Mensch, der nach Trost und Halt suchte. Dass sie den genau bei Mulder fand, wunderte ihn nicht wenig, denn er war nicht blind und konnte diese einzigartige Verbindung zwischen seinen Agenten fühlen. Als Scully damals verschwunden war, bekam Skinner zum ersten Mal mit, wie groß Mulders Sorgen um seine Partnerin waren, wie sehr er unter Scullys Verschwinden litt und wie verändert Mulder dann wieder nach ihrem Auftauchen war. Es war nicht zu übersehen, dass die Partnerschaft zwischen ihnen etwas ganz besonderes war. Ob die zwei privat etwas miteinander hatten, mochte er nicht zu sagen. Sicherlich wären sie auch zu schlau es an die große Glocke zu hängen, obwohl es ihm egal war, so lange ihre Arbeit nicht darunter litt. Wie konnte er auch mit Steinen werfen? Schließlich hatte er Sharon damals auch hier im FBI kennen- und lieben gelernt und er wusste nur allzu gut um den Stress den eine solche Beziehung ausübte, wenn man sie geheim halten musste.



Scully löste sich aus Mulders Armen und stich sich nervös eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Es war ihr nicht gerade besonders angenehm vor ihrem Vorgesetzten Schwäche zu zeigen. Skinner hielt einen Umschlag in den Händen. Ein Fall, den Skinner persönlich nach unten brachte? Mulders Aufmerksamkeit war geweckt. Wenn das nur nicht wieder so eine Gurkengeschichte war.

"Agents. Das hier ist heute Morgen auf meinen Schreibtisch geflattert und so wie es nach dem ersten Lesen aussieht, ist das wohl ein Fall, der in ihr Gebiet fällt. Wenn sie es allerdings ablehnen möchten daran zu arbeiten, dann könnte ich das gut verstehen!“ Scully sah ihren Boss merkwürdig an und Mulder überflog das Deckblatt. Seine Stirn kräuselte sich.

"Mulder? Würde mich vielleicht auch mal jemand einweihen?", fragte Scully ungeduldig und Mulder sah zu Skinner, bevor er sich wieder seiner Partnerin zu wand.

"Scully. Dieser Fall hat etwas mit dem Tod von Jules zu tun. Wir haben mehrere Hinweise mit übereinstimmenden Morden gefunden. Unklar ist bei jedem einzelnen Fall, wie der Täter ins Haus kam, denn die Spurensicherung fand jedes Opfer in seinen verschlossenen vier Wänden vor. Kein Einbruch, nichts".

Skinner nickte. Genau. Genau das ist rätselhaft. Entweder die Opfer kannten alle ihren Mörder und haben ihn hereingelassen oder wir haben es hier mit Houdini zu tun. Stellt sich dann aber noch die Frage, wie der Kerl wieder heraus kam. Wir sind uns da eben sehr unschlüssig und deshalb möchte ich ihnen auch diesen Fall geben, Agent Mulder. Fest steht, dass wir nicht so recht weiter kommen. Sie haben Erfahrung im Umgang mit Serientätern. Bitte arbeiten sie mit der Abteilung für Gewaltverbrechen zusammen und halten sie mich auch dem Laufenden!“ Scully konnte es nicht so ganz fassen. Skinner spielte mit dem Gedanken, dass das hier eine X- Akte war, nur weil man sich noch nicht erklären konnte, wie dieses Schwein in die Häuser gekommen war?

Nachdem Skinner das Büro verlassen hatte, platzte ihre Wut lauthals aus Scully heraus:" Wieso hast du diesen Fall angenommen? Und sag mir bitte nicht, dass du das für eine X- Akte hältst, Mulder!“

"Scully. Niemand sagt, dass wir nicht auf Hochtouren an diesem Fall weiterarbeiten, aber dieses Detail mit den verschlossenen Wohnungen ist doch wirklich ein Rätsel. Wir werden doch mit der Abteilung Gewaltverbrechen zusammenarbeiten. Was ist so schlimm, wenn dieser Fall eine X- Akte wäre?", fragte Mulder behutsam und Dana fuhr ihn an.

"Was so schlimm wäre? Ich will das dieser Fall nicht irgendwie lächerlich gemacht wird. Niemand wir ihn hier ernst nehmen, wenn wir daran mitarbeiten!", zischte sie und Mulder sah sie erstaunt an.

"Scully, wir zwei werden nur versuchen das Detail mit den verschlossenen Türen zu lüften. Wenn sich mehr ergibt, gut, wenn die Jungs aus der anderen Abteilung schneller sind, noch besser!!“

"Und was denkst du, wer diese Frauen ermordet? So ein Kerl wie dieser Rappo oder Tooms vielleicht?", fragte sie sarkastisch und Mulder schwieg. "Ich zweifle eben daran, dass irgendwelche Ideen aus der X-Welt uns hierbei helfen werden. Du hättest diesen Fall ablehnen sollen, Mulder!“

"Oh, du hältst unsere Arbeit also immer noch für Spinnerei, was? Wann wirst du endlich etwas offener? Tooms? Rappo? Du warst doch auch bei diesen Fällen dabei, Scully. Warum soll es hier nicht möglich sein? Ich werde diesen Fall bearbeiten, auch wenn es dir nicht passt. Es ist mir egal, ob dieser Kerl nun ein Geist oder ein Mensch ist! Alles was ich will, ist ihn zu stoppen und wenn du denkst, dass du an diesem Fall nicht mit mir arbeiten kannst, dann solltest du so lange vielleicht mehr mit den Kollegen der Abteilung für Gewaltverbrechen arbeiten. Die sind schön analytisch. Glaub mir, dass würde dir sehr entgegen kommen!", erklärte Mulder etwas beleidigt, aber für den letzten Satz hätte er sich am liebsten geohrfeigt. Er hatte ihn nur gesagt, um Dana bewusst zu verletzen und als sie ihre Jacke nahm und sein Büro mit den Worten, er könne sie mal verließ, tat es ihm sehr leid. Gut gemacht alter Junge, dachte er. Scully war schon fertig genug gewesen wegen dem ganzen, der bevorstehenden Beerdigung, und nun machte er sich auch noch so blöd an. In Momenten wie diesen fragte er sich manchmal, ob sein Psychologiestudium eigentlich schon zu weit zurücklag.

Sie war einfach nur wütend, traurig und hatte Angst, dass man den Fall irgendwie nicht ernst nehmen konnte, wo doch alles was Scully wollte, nur war, dass man diesen Kerl hinter Schloss und Riegel brachte. Mulder schnappte sich etwas später seine Jacke und fuhr Richtung Friedhof, denn sein mieses Gewissen ließ ihn einfach nicht zur Ruhe kommen.



Er näherte sich ruhig und vorsichtig den trauernden Verwandten und Freunden und erspähte Scully nach einem kurzen Moment. Sie musste wohl noch daheim gewesen sein, denn sie trug nicht mehr ihre Dienstkleidung, sondern ein schlichtes schwarzes Kleid. Obwohl es ihr mehr als gut stand und ihre Figur darin perfekt zum Vorschein kam, hatte er nur Augen für ihr blasses Gesicht, als er Dana von der Seite ansah und für ihren Unterkiefer, den sie fest zusammenpresste.

Sie erschrak etwas, als sie plötzlich seine Hand spürte, die ihre sanft umfasste, aber es fühlte sich so gut an seine Nähe dort in diesem Moment und es war ihr auch egal warum er gekommen war. Als die letzten Verwandten ihre Blumen auf den Sarg gelegt hatten, trat sie ein Stück vor und tat dasselbe mit den zwei Rosen, die sie in ihren Händen hielt. Gott, es war nicht fair. Nicht sie. Warum? Scullys Hand glitt vor ihren Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken und im nächsten Moment spürte sie Mulders Hände auf ihren Schultern. Sie drehte sich um und lehnte sich gegen ihn, seine Hände fuhren hoch in ihren Nacken und hielten sie sanft fest, bis Dana sich wieder löste und sie langsam zu den Autos zurückgingen. Mulder blieb an Danas Wagen stehen und sah sie an.

"Es tut mir leid, wegen dem, was ich heute Morgen im Büro gesagt habe. Das war nicht fair. Ich war nur etwas sauer im ersten Moment. Scully, ich verspreche dir, dass ich diesen Fall genau so intensiv wie alle anderen bearbeiten werden. Ich will den Mörder ja auch finden. Vielleicht ist mein Ansatz nur ein anderer, aber wir wollen alle dasselbe. Immerhin decken wir so beide Richtungen ab. Die Jungs von der Abteilung Gewaltverbrechen suchen nach dem nahe liegenden und ich betrachte eben eine extremere Möglichkeit.

Wieso sollte es hier nicht auch so sein, wie bei Tooms oder Rappo? Astralprojektion- wir haben das doch schon erlebt!“ Dana lächelte, obwohl ihr zum Heulen war. "Sorry, ich hab auch wohl etwas überreagiert", flüsterte sie und Mulder öffnete ihre Wagentür. "Ich nehme an, dass du heute nicht mehr ins Büro kommst, oder?", fragte er und Scully schüttelte den Kopf. "Nein", entgegnete sie kurz und umarmte Mulder dann kurz. "Danke, dass du hier warst". Sie stieg ein und fuhr heim.

Den Rest des Nachmittags verbrachte Mulder mit dem Sichten der anderen Fälle, in denen es identische Morde gab. Alles erstreckte sich gebietsmäßig um die Stadt. Keine großartigen Entfernungen. Der Täter wanderte also nicht. Er musste sich sehr sicher sein, nicht entdeckt zu werden. Gegen 22.00 Uhr rieb Mulder sich müde über das Gesicht, nachdem er seine Brille abgesetzt hatte. Er brauchte Schlaf, sonst würde er eh keinen klaren Gedanken fassen können. Ob Scully wohl schon schlief? Er packte seine Klamotten und fuhr heim.



Der nächste Tag begann mit purem Sonnenschein und Scully dachte darüber nach, wie vergänglich alles war. Gerade noch da und nun plötzlich verschwunden und dennoch lief alles andere weiter. Nur die Erinnerungen bleiben und als sie an ihren Vater und ihre Schwester denken musste, verbannte sie so schnell es ging diese Gedanken. Sie wollte sich jetzt nicht herunterziehen lassen. Sie würde diesen Kerl schon finden und dann würde er zahlen für all die Morde, für alle seine unschuldigen Opfer.

Als sie das Büro betrat und Mulder bereits dort schon wieder sitzen sah, fragte sie sich unweigerlich, wie er das anstellte. Sie konnte die Tage an einer Hand abzählen, an denen sie eher als er im Büro gewesen war. Legte Mulder überhaupt wert auf ein Privatleben?

"Morgen Scully!", begrüßte er sie freundlich und winkte sie zu sich, um ihr die Ergebnisse seiner bisherigen Arbeit zu zeigen. Dana nahm auf der Lehne seines Stuhls Platz und Mulder fiel auf, dass sie ein anderes Parfum trug als sonst, denn das war nicht der gewöhnliche Duft, der ihm sonst so vertraut war.

"Neues Parfum, Scully?“ Dana sah ihn an wie das achte Weltwunder und lächelte.

"Yep. Ein Geschenk. Ich dachte, ich dachte ich probier das mal aus. Was denken sie?“ Es war ein Geschenk? Na toll! Wer um alles in der Welt schenkte seiner Partnerin Parfum? Nicht dass es nicht auch anderen Männern auffiel, dass Scully eine atemberaubende Frau war, er kannte nur allzu viele Kollegen, die ihr alles mögliche zu Füßen legen wollen würden, aber dass das offensichtlich auch jemand tat, passte Mulder ganz und gar nicht.

"Und Mulder?", drängelte Scully.

"Ich mochte das andere lieber, wenn sie mich schon so fragen. Sag deinem Verehrer, dass er einen schlechten Geschmack hat", entgegnete er und Dana lächelte. Hörte sie da etwa eine Spur Eifersucht heraus?

"Tja, dann muss ich meine Mom wohl doch noch bitten es umzutauschen, was?", fragte sie verschmitzt und schnappte sich eine Akte, um sie zu lesen.

Ihre Mom hatte ihr das Parfum geschenkt? Na toll. Er machte hier noch den kompletten Volltrottel aus sich. Wenn sie seine kleine Anmerkung nur nicht so verstanden hatte, wie sie gemeint war!



Gegen Mittag überkam Mulder der Hunger und er schleppte Scully mit in ein kleines Restaurant an der nächsten Querstrasse, weil er sich sicher war, dass ihr etwas Ablenkung von dem Fall gut täte. Im Gegensatz zu ihm hatte Dana nicht viel Hunger gehabt, aber Mulders Pommes sahen wirklich verlockend aus und so fischte sie sich einige nach und nach von seinem Teller, was Mulder lächelnd hinnahm.

"Scully, also, ich wollte eigentlich noch kurz sagen, dass du deine Mom nicht bitten musst, dieses Parfum umzutauschen. So schlimm ist es gar nicht. Eigentlich riecht es sogar sehr gut", stotterte er leicht und Dana grinste.

"Ach ja? Eben fandest du es noch furchtbar!", konterte sie und wartete darauf, wie Mulder wohl seinen Hals aus der Schlinge ziehen würde.

"Na ja, ich fand es eben nur ungewohnt zuerst", flunkerte er. Sollte er schließlich sagen, dass er angenommen hatte, ein anderer Kerl hätte es ihr geschenkt und er hatte nur aus Eifersucht gesagt, dass es ihm nicht gefällt? Nein, dass ging nicht. Sie war seine Partnerin und nicht sein Eigentum und so wie er Scully kannte hatte sie sicher eher wenig für eifersüchtige Männer übrig.

"Du findest es also nicht schrecklich?", fragte sie und Mulder lächelte verlegen.

"Nein, es ist..." Peeeeeeeeep. Sein Handy unterbrach seine Antwort und nach einem Moment erlosch auch jegliches Lächeln aus Mulders Gesicht.

"Was ist?", fragte Dana besorgt.

"Es gibt wieder ein Opfer. Wir müssen los!", antwortete Mulder knapp und ca. zwanzig Minuten später erreichten sie den neuen Tatort, wo sie von einem Kollegen empfangen wurden.

"Der selbe?", fragte Mulder und Agent Roberts nickte.

"Ja, alles genau gleich. Aber dieses Mal haben wir einen Fingerabdruck. Jeff Tyrell. Ich habe schon jemanden hingeschickt, aber der Kerl hat wohl ein Alibi!“

"Egal. Wir bleiben erst mal an ihm dran. Das ist die erste greifbare Spur in diesem Fall", ordnete Mulder an und während er sich am Tatort umsah, betrachtete Dana das Opfer. Mit Macht musste sie die Bilder ihrer Freundin aus ihrem Kopf verbannen. Jetzt galt es nur noch diesen Kerl zu schnappen.

Mulder ließ Mr. Tyrell vorladen zu einem Verhör, auch wenn er ein Alibi hatte und sich mehr als beschwerte.

"Das wird noch Konsequenzen für sie haben, Agent Mulder. Das verspreche ich ihnen!", drohte er, doch Mulder grinste. Mit diesen Drohungen war er schon gar nicht aus der Ruhe zu bringen. Schließlich rasselte er ständig mit seinen Vorgesetzten aneinander.

"Mr. Tyrell. Wo waren sie in der vergangenen Nacht zwischen 22.00 Uhr und Mitternacht!", fragte er.

"Zuhause. Wie oft muss ich das denn noch sagen? Meine Frau kann das bezeugen!", zischte er und Mulder nickte.

"Und was haben sie gemacht?"

"Was ich gemacht habe? Ich habe geschlafen, man! Das tut man doch für gewöhnlich um diese Zeit, oder?“

"Ich weiß nicht, ob man das für gewöhnlich tut. Sagen sie es mir doch", provozierte Mulder weiter. Er hatte von Anfang an ein schlechtes Gefühl bei diesem Kerl.

"Ich habe geschlafen, Agent Mulder".

"Kennen sie Tina Caruso?"

"Nein!“

"So, sie kennen sie nicht? Wie erklären sie sich dann, dass ihre Fingerabdrücke überall im Haus von Miss Caruso zu finden sind?", hakte er nach.

"Das kann nicht sein. Ich kenne die Frau nicht!“

"Na ja. Dann irren sich unsere Abdruckspezialisten wohl, oder was?“ Mulder knallte das Gutachten demonstrativ vor Tyrell auf den Tisch.

"Wahrscheinlich können sie sich dann auch nicht daran erinnern, wie ihre Fingerabdrücke auf den Körper von Miss. Caruso kommen, geschweige denn, warum wir Sperma von ihnen dort in ihr gefunden haben, oder?“ Tyrell verhaspelte sich und schluckte hart.

"Ok. Ok. Ich hab mir ihr gevögelt. Wir hatten ein Verhältnis und das war es auch schon, aber ich habe sie nicht ermordet! Wir hatten Schluss gemacht und dann bin ich nach Hause gefahren".

Mulder hielt einen Moment inne, als Agent Roberts den Raum betrat.

"Sein Alibi ist wasserdicht, Mulder. Die hatten eine Party daheim. Seine Frau und mindestens zehn weitere Zeugen sagen übereinstimmend aus, dass Tyrell daheim war. Er ist sogar noch auf dem Sofa während der Party eingeschlafen!“ Mulder schüttelte seinen Kopf. Er hasste es Typen laufen zu lassen, bei denen er ein schlechtes Gefühl hatte.

"Sie können gehen, Sir", sagte er kühl. "Aber halten die sich bitte in der Stadt auf, falls wir noch Fragen haben".

"In Ordnung. Ich hoffe, sie kriegen dieses Schwein!", sagte er und Mulder sah ihn lange an.

"Ach, was ich noch fragen wollte, Mr. Tyrell. Wie haben sie in der letzten Nacht geschlafen?“

"Wie ich geschlafen habe? Gut, wie immer!!", konterte er und brach dann in ein kurzes Gelächter aus. "Agent Mulder sie wollen doch nicht andeuten, dass ich schlafwandele und dabei diese armen Frauen töte, oder? Na ja und selbst wenn sie das wollten, dürfte es schwer zu beweisen sein, denn mindestens zehn Personen haben mich ja die ganze Zeit zu Hause gesehen!“ Tyrell sah die anderen Agenten an, die ebenfalls leicht schmunzelten und verließ dann den Raum. Agent Roberts blieb als einziger.

"War ein guter Versuch. Ich trau dem auch nicht über den Weg", sagte er und Mulder staunte nicht schlecht über die Antwort seines jungen Kollegen. "Irgendwas ist doch hier komisch!“

"Ja, denk ich auch. Kann ich die Akten von dem Kerl bekommen?", bat Mulder und Roberts nickte.

Etwas später traf er im Büro wieder auf Scully, die ihn erwartungsvoll ansah.

"Und? Haben wir ihn?“ Mulder setzte sich, legte seine Füße auf den Tisch und sah sie an.

"Nein. Der Typ hat ein super dichtes Alibi und doch ist was mit ihm faul. Das spüre ich einfach, Scully!“ Dana nickte und reichte ihm eine Akte.

"Das sind die Sachen, die Roberts gerade hat rübergeschickt für dich", sagte sie und packte ihre eigenen Sachen langsam zusammen.

"Scully. Was ist los? Schon nach hause?", fragte Mulder erstaunt und Scully lächelte sanft. "Schon vergessen? Meine Mom hat mich gebeten ihr beim Umzug zu helfen. Morgen hab ich doch frei! Ich weiß, dass das jetzt blöd ist, aber was soll ich machen?“ Mulder nickte verständnisvoll.

"Kein Problem. Ich denke einen Tag lang kann ich gerade auf dich verzichten", meinte er charmant und Dana lächelte zurück. "Also dann bis übermorgen, Mulder! Wenn etwas Wichtiges passiert, halt mich auf dem Laufenden."



Der nächste Tag rollte an mit Möbelpacken und schleppen für Scully und mit Akten wälzen für Mulder. Es war heiß und schwül und Mulder hoffte endlich einen Hinweis im Leben von Tyrell zu finden, der seinen Verdacht bestätigte, bis ihm plötzlich ein psychologisches Gutachten in die Hände fiel, das ganz unten in den Akten lag. Tyrell war also doch kein unbeschriebenes Blatt. Mit sechs Jahren kam er in eine Pflegefamilie, weil seine eigene Mutter sich nicht um ihn kümmerte. Mit achtzehn wurde er verurteilt wegen sexueller Nötigung und Körperverletzung und seit einigen Jahren war er wegen Schlafstörungen in Behandlung.

Mulder besprach sich mit seinem derzeitigen Therapeuten und erfuhr, dass Tyrell Schwierigkeiten hätte richtig einzuschlafen. Seine Werte und Messungen wären entweder ungewöhnlich schlecht oder ungewöhnlich hoch. Was wenn es dasselbe war wie damals bei diesem Rappo? Es passte doch alles zusammen. Was, wenn er sich aus seinem Körper lösen konnte und dann nur noch in seinem Astralkörper wäre? Das würde dann auch den Zustand der geschlossenen Türen erklären. Mulder kaute an seinem Stift und überlegte nach einem Weg Tyrell zu fassen, denn mittlerweile war er sich sicher. Zumindest zu 99% .



Nach dem ganzen Schleppen der Kartons und diesem Verrückten, der sie im Supermarkt angebaggert hatte, sehnte Scully sich nur noch nach einem entspannenden Bad.



Dieser Kerl im Supermarkt war doch wirklich das letzte gewesen. Für wen hatte der sich denn gehalten? Adonis? Na ja. Jetzt lag wenigstens ein friedlicher Abend vor ihr. Müde und erschöpft verteilte sie ihre Kleider auf dem Weg zum Bad in der gesamten Wohnung und suchte sich ein wohl duftendes Badeöl aus.

Als das warme Wasser ihren Körper umspielte, schloss sie genüsslich die Augen und dachte an gar nichts, bis kurz darauf das Telefon ihre Ruhe störte. Super! Hab ich eigentlich auch mal Ruhe?

Nur in ihr großes Handtuch gewickelt stiefelte sie schnell ins Wohnzimmer und nahm ab.

"Ja!!!", ihre Stimme verriet ihre Gereiztheit und Mulder schluckte.

"Ich wollte nicht stören, Scully. Ich hab was Neues. Dieser Tyrell. Ich denke, er ist unser Mann. Vorsichtshalber hab ich Roberts zu seinem Haus geschickt. Der Kerl ist schon früher auffällig gewesen, was den Umgang mit Frauen angeht. Er ist vorbestraft und seit einiger Zeit in Behandlung wegen massiven Schlafstörungen. Was wenn er sich von seinem Körper lösen kann, Scully. Wir haben das doch schon mal erlebt!", versuchte er es vorsichtig.

"Du meinst die Sache mit diesem Rappo, Astralprojektion? Damit willst du erklären, wie der Mörder in die verschlossenen Häuser kam?“

"Ja, so ungefähr hab ich mir das gedacht. – Klingt etwas verrückt, was?“ Mulder konnte ihr Schmunzeln beinahe hören.

"Kommt darauf an, wem du es erzählen willst. Ich bin ja schon etwas mehr an die Chaostheorien meines Partners gewöhnt".

"Ha ha ha, sehr lustig Scully. Nein, es ist mein ernst, wirklich."

"Ich weiß, Mulder. Aber wie sollen wir den Kerl dann fassen? Dann sitzt Roberts dort völlig falsch vor dem Haus von Tyrell", sagte Scully und zog ihr Handtuch etwas höher, als ihr langsam kalt wurde. "Mir wird langsam kalt, Mulder. Ich geh dann wieder in meine Badewanne, wenn es nicht noch etwas dringendes gibt, dass du zu erzählen, hast, ok?“

"Du bist gerade am Baden?", fragte er und Scully lachte.
"Nein, jetzt gerade steh ich hier in meinem Handtuch und frier mir alles Mögliche ab!", erklärte sie und Mulder schluckte leicht nervös. Allein der Gedanke, dass Scully dort halbnackt stand, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Mein Gott, wie ein Teenie, schalt er sich selber und hörte Scully noch immer kichern.

"He, darf ich auch mitlachen?", fragte er und Dana lächelte.

"Es ist nichts. Das hat mich nur gerade an etwas erinnert".

"Und das wäre?“

"Na ja, es hat etwas mit dir und ganz bestimmten Telefonnummern zu tun!", antwortete Scully und Mulder verstand, was sie meinte.

"Ah, ich wusste ja gar nicht, dass du auf so etwas stehst Scully. Was hast du an?", fragte Mulder provozierend und Dana lachte.

"Hmm, lass mal sehen. Wenig, sehr, sehr wenig, würde ich sagen!", flüsterte sie und gab ihrer Stimme extra einen betont erotischen Klang, der genau so auch bei Mulder ankam. Er konnte es nicht fassen, aber Scullys Stimme war mit Sicherheit das erotischste, dass er jemals gehört hatte und ihre Wirkung bereitete sich besonders in den tieferen Regionen seines Körpers besonders schnell aus.

"Ähm, Scully, wir sollten das lieber lassen!", sagte er schüchtern und Dana schmunzelte erneut. Hatte sie wirklich diese Wirkung auf ihn?

"Och, Mulder. Und jetzt gerade hatte ich Gefallen daran gefunden", sagte sie betont beleidigt und prustete dann los. "Schon gut. Ich kann mir was Besseres vorstellen, als mit dir Telefonsex zu haben!“

"Und das wäre?", fragte Mulder hoffnungsvoll. So langsam gefiel ihm dieses Gespräch, aber Scully antwortete nicht.

"He, bist du noch da?“

"Ja, schon okay. Ich dachte nur, ich hätte etwas gehört. Ist aber nichts. Wo waren wir Mulder?", fragte sie wieder interessiert und im nächsten Moment wurde sie mit unbändiger Kraft vom Telefon gerissen und landete vor der Wand. Mulder hörte den Knall, das Klirren von irgendwas und ihren Schrei und war im nächsten Moment schon aus der Tür.

Scully schüttelte benommen ihren Kopf, öffnete benommen ihre Augen und tastete nach dem Handtuch. Sie schmeckte Blut an ihrem Mund, aber als erstes sah sie nach einem möglichen Angreifer. Jemand musste hier sein. Vorsichtig rappelte sie sich auf und sah sich erstaunt um. Niemand war zu sehen. Wo verdammt war nur ihre Waffe? Dana sah sie auf dem Küchentisch und spurte los. Es waren nur ein paar Meter, als sie schließlich wieder von dieser Wucht getroffen wurde und irgendwo zwischen den Stühlen landete. Ihre Rippen schmerzten und Scully kam sich ohne Schutz um ihren Körper noch hilfloser vor. Sie schaffte es ins Bad und sprang in Slip und Shirt, als sie diese Stimme zum ersten mal hörte.


"Du kannst mir nicht entkommen!", lachte jemand und kalte Angst lief ihr über den Rücken. Was war das? Wer war das? Warum konnte sie ihn nicht sehen?

"Du kannst nicht entkommen, genau so wenig, wie die anderen!“

"Wer sind sie?", fragte sie verängstigt und suchte verzweifelt nach etwas womit sie sich verteidigen konnte im Bad.

"Wer ich bin? Wer ich bin, ist doch egal, nicht wahr?“ Scully zitterte, ihre Augen weiteten sich, als sie eine Art Schatten sah, umgeben von einem hellen Licht, dass deutlicher wurde, je näher er kam. Oh Gott, der Kerl vom Supermarkt! Er war der Kerl, den sie abgewimmelt hatte, schoss es ihr durch den Kopf, bevor sie seine Hände um ihren Hals spürte und er sie kraftvoll gegen die Wand drückte. Wie kam er hier herein?

"Ich mag es nicht, abgewimmelt zu werden!", zischte er und seine Hände hielten Scully wie in Schraubstöcken, bevor sie anfingen gierig über ihren Körper zu wandern. "Bitte, sie machen einen Fehler, Sir!“ Sie musste ihn nur lange genug hinhalten, sicher war Mulder schon unterwegs. So allein hatte sie keine Chance gegen ihn. Er war einfach zu stark.

"Einen Fehler? Nein, ich mache keinen Fehler! Du hast einen Fehler gemacht, als du mich hast abblitzen lassen", knirschte er und riss Dana mit zu Boden, die sich verzweifelt wehrte. Gott, warum war da die ganze Zeit dieses Licht um ihn herum? Warum sah sie ihn nur so schemenhaft, spürte aber all seine unbändige Kraft? Als er anfing wild an ihrem Shirt zu ziehen und der Stoff nachgab, er sich zwischen ihre Beine drängte, kam pure Panik und Angst in ihr auf. Scully schrie um Hilfe und spürte im nächsten Moment einen Schlag, der sie halb bewusstlos werden ließ. Ihr war so schwindelig und schlecht, dass sie fürchtete im nächsten Moment das Bewusstsein zu verlieren, als sie im selben Moment Mulders Stimme an der Tür vernahm, die ihren Namen rief.



"Mulder! Mulder!", schrie sie, bis der Kerl wieder nach ihr schlug und alles schwarz wurde. Gott! Sie schrie um Hilfe. Mulder stellte fest, dass die Tür verschlossen war und sein Herz schlug schneller. Tyrell? Was wenn er es war? Hastig rief er Roberts an.

"Gehen sie ins Haus und wecken sie Tyrell, Roberts. Stellen sie jetzt keine Fragen, tun sie es einfach!", schrie er ins Handy und fiel dann mit der Tür in die Wohnung, als sie nachgab. Scully lag am Boden und über ihr war Tyrell. Er hatte sich nicht geirrt. Wie damals bei diesem Fall. Dieselbe Erscheinung! Tyrell ließ von Scully ab und richtete seine Wut gegen Mulder. Er schleuderte ihn an die Wand und knirschte mit den Zähnen.

"Na, Agent Mulder, was sagen sie nun?", zischte er und beförderte Mulder gegen die nächste Wand, der nicht mehr tun konnte, als zu hoffen, dass Roberts seine Anweisungen befolgte.

"Was ist nun? Schade, dass sie es nicht mehr beweisen können, wie recht sie haben!“

"Wieso tun sie das?“ Mulder musste Zeit schinden.
"Wieso? Das ist ihnen doch egal! Was soll’s schon? Ich kann nicht anders!", fauchte er und packte Mulder erneut, bis plötzlich der Spuk vorbei war. Mit einem Schlag war da niemand mehr in der Wohnung und Mulder rappelte sich auf, um zu Scully zu gelangen, die immer noch bewusstlos am Boden lag.



"Schon gut, Scully. Es ist vorbei. Er ist weg!“ Sanft kontrollierte er Puls und atmete erleichtert auf, bis Dana plötzlich ruckartig hochfuhr und nach ihm schlug. Mulder taumelte getroffen zurück und hielt sich seine Nase, verwundert über Scullys Angriff.



"Gott, Scully! Ich bin’s. Mulder!", erklärte er und in dem Moment war seine Partnerin auch schon wieder voll bei Bewusstsein und sah, wen sie getroffen hatte.

"Oh, Mulder! Das tut mir so leid. Ich dachte, ich dachte, es wäre dieser Kerl, ich...", versuchte sie zu erklären, aber Mulder unterbrach sie.

"Schon gut, schon gut. Oh Gott, Scully. Ich glaub, meine Nase ist gebrochen!", jammerte er und nach einigen Sekunden stellte Scully fest, dass Mulder mit seiner Diagnose was seine Nase anging sogar richtig lag.

Zum Glück war es nur ein einfacher glatter Bruch, wie man später im Krankenhaus feststellte und erleichtert schloss sie Mulder in ihre Arme, als er aus dem Behandlungszimmer kam.



"Es tut mir sooooo leid, Mulder. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll", flüsterte sie, doch Mulder lächelte.
"Jetzt wie ich wenigstens, dass ich mich niemals mit dir prügeln sollte. Schon okay. Vergiss es! Geht es dir gut? Ich hatte solche Angst, dass ich zu spät kommen könnte".

"Mulder, es war der Mann aus dem Supermarkt, den ich am Nachmittag abgewimmelt hatte!", erklärte sie und Mulder nickte.

"Das war Tyrell! Du warst ja bei dem Verhör nicht anwesend. Wie hättest du ihn erkennen können!“

"Es war, er sah aus, wie...- Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll". Mulders Handy klingelte. Er sprach einen Moment mit Roberts und sah dann zu Scully.

"Roberts hat Tyrell festgenommen. Er hat gestanden!“

"Ja, aber wie?", fragte Dana fassungslos.

"Scully, ich kann dass nur damit erklären, dass er sich eben von seinem Körper während des Schlafens lösen konnte! Wie sollte er sonst in deine oder die anderen Wohnungen hereingekommen sein? Es gibt auch bei dir keine Einbruchspuren und ich nehme mal an, dass du ihn auch nicht selber hereingelassen hast".



Scully nickte. Es klang verrückt, aber es war auch die beste Erklärung für das, was geschehen war.

"Soll ich dich heimbringen?", fragte sie lächelnd und Mulder grinste.

"Nur wenn du versprichst, mich nicht wieder zu schlagen, Scully!", konterte er scherzend, wofür er im selben Moment einen Ellbogen in seinen Rippen spürte.

"Au! He, hat dir schon mal jemand gesagt, dass du rabiat bist?“ Scully grinste und zog ihn an der Hand aus dem Krankenhaus.

"Und hat dir schon mal jemand gesagt, dass du bei kleinen Kratzern furchtbar wehleidig bist?", gab sie, auf dem Weg zum Wagen, die Frage zurück.

"Wehleidig?" Mulder konnte es kaum fassen. "Scully, du hast meine Nase gebrochen!“ Sie blieb stehen und sah ihn lächelnd an, als er sie mit seinen Hundeaugen anblickte. Diese Mitleidsnummer hatte er wirklich gut drauf.

"Komm schon. Dr. Scully bringt den armen, kleinen Fox jetzt heim, einverstanden?", flachste sie und Mulder grinste.

"Oh, schön. Kann Dr. Scully dann vielleicht auch dafür sorgen, dass es dem kleinen Fox besser geht?", fragte er frech grinsend und Scully blickte ihm herausfordernd in die Augen.

"Tja Mulder, wenn ich nur wüsste, ob du das noch verkraften könntest!", erklärte Scully und ließ Mulder stehen, bis er freiwillig hinterherkam.





Fini



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