World of X

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Mulder

von XPhile

Kapitel 1

Mulder ließ sich auf seine Couch fallen. Müde tastete er nach der Fernbedienung. Er hatte nicht vor ernsthaft fernzusehen, darauf hätte er sich eh nicht konzentrieren können. Nur bildete er sich ein, dass die Hintergrundgeräusche und das Flimmern des Fernsehers es ihm wenigstens ein bisschen vorzugaukeln vermochten, in diesem Augenblick nicht völlig allein auf der Welt zu existieren. Er wusste, dass er sich etwas vormachte.
Es gab Tage, an denen er sich fragte, ob er sich wehren würde, wenn jemand versuchen würde, ihn einen Abgrund hinunterstürzen. Und es gab Tage, an denen er sich diese Frage mit einem deutlichen Nein beantwortete. Dieser war einer davon.
Müdigkeit und rastlose Unruhe, Erschöpfung und Spott über sich selbst, hellerleuchtete Kindheit und schattenhafte Dunkelheit von Vergangenheit bis Zukunft, alle Lügen dieser Welt und die Ehrlichkeit zwischen ihm und Scully, Misstrauen, Furcht, Rastlosigkeit, Trauer, Erschöpfung gegen… – gegen was? Mulder verbot sich die Antwort. Seine Maxime untersagten ihm Schwäche, sein tiefstes Inneres wimmerte um Gnade.
Wie schön war seine Kindheit auf der einen Seite und wie grausam, weil sie ihm so viele Wahrheiten um ihn herum verheimlichte, auf der anderen. Trotz dieser vergangenen Sorglosigkeit, wünschte er sich keinen Tag zurück, aus Angst, ihn kein zweites Mal durchzustehen. Der Gedanke, dass er nach allem Gewesenen nie im Stande wäre ein Leben leben zu können, schien ihn zu erdrücken, alles schien über ihm zusammenzubrechen und ihn zu verschlingen.
Dies war für gewöhnlich der Zeitpunkt, an dem er den Hörer in die Hand nahm und Scully anrief. Nur um ein paar belanglose Worte zu wechseln - ein Smalltalk, wenn man es so nennen mochte. Danach würde er sich einen seiner Pornos ansehen, ohne jegliche Gefühle, nur diese zwischenmenschlichen Phantasien vor seinen Augen. Oder er würde joggen gehen, in der Hoffnung, im Laufen einige wenige Endorphine zu erhaschen, in der Hoffnung auf ein wenig Erschöpfung und Müdigkeit, die ihm wenige Stunden eines unruhigen Schlafs ermöglichten.
Warum? Warum er? Warum hier? Warum jetzt? Warum? Was eigentlich?
Für die Welt unsichtbar, saß er doch bloß wie viele andere regungslos auf der Couch und guckte fern, so tobte es in seinem Inneren. Viele hielten ihn für paranoid. Er ertrug es nur, weil er ihnen zustimmte.
Er hatte das Bedürfnis auf seinen Schädel einzuschlagen, um die Stimmen nur einmal zum Schweigen zu bringen, zu rennen, zu toben, wegzulaufen vor seinem Leben und vor sich selbst.

Doch tat er nichts dergleichen.



Ende
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