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The way she moves

von Kimberly Jackson

Kapitel 2

~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+ TEIL 1 ~+~+~+~+~+~+~+~+~+~+



Heiße Luft wehte über die kleine Rollbahn, auf der die Passagiermaschiene gelandet war, als Monica Reyes aus dem Flugzeug stieg. Sie spürte sofort die heiße Sonne auf ihren nackten Schultern und sah sich nach dem Ausgang um. Dann entschloss sie sich, einfach den Menschen zu folgen.

Als sie aus dem Flughafengebäude austrat, stand sie mitten auf einer belebten Hauptstraße. Um sie herum herrschte reges Treiben. Händler in bunten Hemden versuchten, Touristen zu horrenden Preisen Billiguhren anzudrehen, irgendwo stand eine junge Frau und warb um Freier und kleine Kinder liefen umher und spielten Fangen oder Ball.

Die Eindrücke dieser fremden Stadt, ja Kultur, waren für Monica nicht so fremd, wie es sie für manche andere Person gewesen wäre. Sie hatte zu lange in Mexiko gelebt und sich dort auch öfter in Slums aufgehalten.

"Verzeihung, könnten Sie mich zu dieser Adresse fahren?", fragte sie in fließendem Spanisch einen der Taxifahrer und dieser nickte sofort.

"Bitte steigen Sie ein, Senora."



Während sie durch die Stadt fuhren, besah sich Monica die verschiedenen Gebäude und Viertel durch die sie kamen. Wie sehr sich diese Lebensweisen von denen in den USA unterschieden. Für einen Neuankömmling sah dies alles sicher aus wie das perfekte Chaos durch das niemand durchfinden konnte.

Als sie vor dem Mietshaus hielten, das offenbar die Adresse von dem Zettel war, bezahlte Monica den Fahrer großzügig und stieg dann mit ihrer Tasche aus. Sie fiel kaum auf in diesem Gewirr aus Menschen. Vielleicht war ihre Haut etwas heller, aber ansonsten wirkte sie wie eine Einheimische.

Sie sah auf die Klingelknöpfe und bemerkte sofort den Namen "Reyes". Umständlich suchte sie die Schlüssel aus ihrer Tasche und wollte gerade aufschließen, als zwei kleine Jungen aus der Tür gestürzt kamen und sie beinahe umrannten. Monica konnte gerade noch zur Seite springen. Den Jungen folgte eine sehr beleibte Frau, die ihnen Beschimpfungen hinterher brüllte, bis die beiden um die nächste Ecke verschwunden waren. Monica schlüpfte schnell in das Haus und sah sich in dem heruntergekommenen Hausflur um. Was gäbe sie nicht alles für ihre schöne kleine Wohnung in Washington D.C. Wieso war sie nicht gegen diesen Einsatzbefehl gegangen? Sie wusste, dass sie Befehlen zu folgen hatte, aber sobald es um den Einsatz ihres Lebens in einem Undercover Einsatz ging, hatte sie auch das Recht, abzulehnen... vor allem wenn es so gefährlich war, wie dieser Job.

Sie ging die knarrende Treppe hinauf bis in den zweiten Stock und fand sofort ihre Wohnungstür. Sie schloss auf - wobei ihr auffiel, dass es eigentlich egal war, ob diese Tür ein Schloss hatte, oder nicht - und trat ein.

Mit großen Augen sah sie sich in dem spärlich eingerichteten Zimmer um und ließ ihre Tasche fallen. Sollte dies etwa das Wohnzimmer sein? Es bestand nur aus einem Schrank, der aussah, als wäre er vom Sperrmüll geholt worden, einer Couch und einem Wohnzimmertisch aus Holz. Auf der Fensterbank stand ein kleiner Fernseher der aussah, als wäre er aus den fünfziger Jahren.

Monica durchquerte das Zimmer in vier Schritten und öffnete die Tür zum Schlafzimmer. Wie sie es nicht anders erwartet hatte, fand sie hier nur ein Zweierbett und eine kleine Kommode. In die Wand eingebaut war noch ein Kleiderschrank.

Die Küche bestand lediglich aus einer kleinen Nische und mehr als ein Kühlschrank, die kleine Spüle und der alte Ofen hätten wohl auch kaum Platz gehabt.

Das Badezimmer war entgegen ihrer Befürchtungen überraschend sauber. Es war mit schönen Fliesen verlegt und wenn sie es ein wenig geputzt und gescheuert hatte würde es sicher glänzen. Wenn sie bedachte, dass eine solche Wohnung in dieser Stadt schon als Luxuswohnung galt, wurde ihr ganz anders.

Sie räumte ihre wenigen Kleidungsstücke in den Wandschrank und sah dann in der Küche im Kühlschrank nach etwas Essbarem. Lediglich eine Flasche Wasser und etwas Brot waren darin.

Sie würde also als erstes einkaufen gehen müssen und danach John aus dem Krankenhaus abholen. Sie hoffte, dass dies nicht so schwer sein würde, wie Pendrall es ihr angekündigt hatte.



Monica atmete tief ein und zupfte ihr Kleid zurrecht, dann öffnete sie die Tür zu dem kleinen Krankenhauszimmer. Sie hatte einen Strauß Blumen in der Hand und ihre Tasche in der anderen.

Der Mann in dem Bett blickte sie fragend an und musterte sie von oben bis unten. Monica hoffte, dass ihm gefiel, was er sah, dann wäre es nämlich leichter, ihn davon zu überzeugen, dass sie seine Ehefrau war.

"Ja bitte?", fragte John auf Englisch und Monica sah ihn an, als würde sie überhaupt nichts verstehen.

"Ist das deine Art Hallo zu sagen?" Sie ging zu dem Bett und küsste John leicht auf die Wange.

"Ich verstehe nicht... Wer sind Sie?"

Monica setzte sich auf den kleinen Stuhl neben dem Bett und sah ihn ernst an.

"John, ich bin es, Monica!"

"Monica wer?"

"Deine Frau Monica!" Er starrte sie verblüfft an, dann rieb er sich die Schläfen. "Ich kann mich an nichts erinnern! Ich weiß ja nicht einmal, wie es zu diesem Unfall kam! Wieso sind Sie erst jetzt hergekommen? Ich bin seit über einer Woche hier!"

"Ich habe dich überall gesucht! Niemand konnte mir etwas über dich sagen... nun, durch Zufall hörte ich von der Schwerster, dass hier ein Mann eingeliefert worden ist, der auf meine Beschreibung passte." Sie suchte eine kleine Vase und füllte sie im Bad mit Wasser. Dann trat sie wieder zurück nach draußen. "Du weißt ja nicht, was ich mir für Sorgen gemacht habe. Ich dachte, ich hätte dich verloren!" Das stimmte ausnahmsweise und es fiel ihr nicht besonders schwer, hier zu schauspielern.

Er beobachtete, wie sie die Vase mit Blumen auf seinen Nachttisch stellte und dann zum Fenster ging, um es zu öffnen. Irgendetwas an der Art, wie sie sich bewegte, kam ihm bekannt vor. Er hatte das Gefühl, sie kennen zu müssen. Diese wunderschönen braunen Haare, die sich in sanften Wellen um ihre nackten Schultern schmiegten und dann das enge Kleid, das ihre perfekte Figur voll zur Geltung brachte. Ganz sicher, er kannte sie... aber war sie seine Ehefrau? Irgendetwas tief in ihm zweifelte daran. Nicht, weil er es sich nicht vorstellen konnte, im Gegenteil, sondern weil irgendetwas da war, dass ihm sagte, dass sie log.

"Dein Name ist John Doggett!", erklärte Monica. "Soviel die Schwester sagte, hast du sogar deinen Namen vergessen gehabt! Was hast du bloß so spät in der Nacht am Strand gemacht?"

"Ich hatte gehofft, du könntest mir das sagen!", antwortete er und sie erwiderte seinen Blick warm. Gut, er hatte sie geduzt. Das bedeutete, dass er ihr wenigstens den Part mit der Ehefrau abnahm... hoffte sie zumindest.

"Du kamst nicht von der Arbeit nach Hause!" Monica setzte sich wieder auf den Stuhl an seinem Bett. "Und eben gerade erzählte mir die Schwester, ein Mann hätte dich nachts am Strand gefunden."

Sie strich sich eine Strähne ihres Haares hinter die Ohren und erschrak, als John ihr Handgelenk packte und ihre Hand betrachtete. Gut, dass sie daran gedacht hatte, einen Ring zu kaufen.

"Was ist?", fragte sie verunsichert und zeigte ihr seine Hand.

"Wieso trage ich dann keinen Ehering, wenn ich verheiratet bin?"

"Aber das hast du getan!" Sie nahm seine Hand und strich sanft darüber. "Du musst ihn im Meer verloren haben."

"Was tue ich beruflich?"

Monica zuckte die Schultern. "Du hast mir nie von deiner Arbeit erzählt, sondern immer gesagt, ich solle mich heraus halten."

"Und was tust du?"

"Oh, ich habe bis vor einem halben Jahr in diesem Modegeschäft gearbeitet, aber seitdem ich dort rausgeflogen bin, bin ich nur noch zu Hause, das weißt du doch! Wir haben uns gerade eine neue Wohnung genommen, weil wir uns nicht mehr soviel leisten können!"

Wenn sie eine Lügnerin war, dann doch auf jeden Fall eine sehr schöne. Er dachte nach. Das was sie gesagt hatte, stimmte mit dem überein, was die beiden Männer ihm heute Morgen eröffnet hatten. Er war Geschäftsmann, in dunkle Geschäfte verwickelt, und durfte mit niemandem über seine Arbeit reden. Trotzdem, auch wenn sie ihm jetzt das gleiche sagte, irgendwie war er sich sicher, dass es nicht stimmte.

"Wieso wohne ich hier und kann aber nur Englisch sprechen?"

"Nun, wir haben vor einem Jahr geheiratet und sind dann hierhin gekommen. Du arbeitest hauptsächlich mit Amerikanern und musst deswegen nicht viel lernen. Ich stamme aus Mexiko..."

"Wieso sprichst du dann akzentfrei Englisch?"

"Weil... ich ging auf eine zweisprachige Schule. Meine Adoptiveltern sind Mexikaner aber soviel ich weiß waren meine richtigen Eltern Amerikaner und deswegen sollte ich beide Sprachen beherrschen." Das war nicht gut. Sie erzählte zu viel über sich. Sie musste sehr vorsichtig sein und warten, bis John ihr völlig vertraute, sonst würde er mit seinen Arbeitgebern sprechen. "Wenn du willst, kannst du mit nach Hause kommen! Ich habe mit der Schwester gesprochen und jetzt, wo deine Identität geklärt ist, sind sie einverstanden, dich nach Hause zu schicken."

Er nickte einfach nur stumm und beobachtete, wie sie sich erhob und zur Tür ging. "Dann lasse ich dich kurz alleine, um mit der Schwester die Papiere zu unterschreiben! Ich erwarte dich dann draußen!"

Er beobachtete, wie sie den Raum verließ und dachte wieder, dass er sie kennen müsste. Vielleicht war sie ja wirklich seine Frau. Das würde auch erklären, wieso er das Gefühl hatte sie zu kennen. Außerdem war sie wirklich umwerfen hübsch und genau sein Typ... wieso assoziierte er dann mit dem Wort Ehefrau eine blonde Frau? Nun, er würde sie auf die Probe stellen und wenn sie nicht seine Ehefrau war, würde sie auffliegen und dann Gnade ihr Gott...



"Was?" Die Stimme am anderen Ende des Apparates schien völlig außer sich. "Sie sind wo?"

"Ich sagte, ich bin jetzt wieder zu Hause. Meine Frau hat mich abgeholt!" John hatte seine Stimme gesenkt und drehte die Visitenkarte, die der Mann ihm im Krankenhaus gegeben hatte, in seinen Händen. Er hörte, wie sein Gesprächspartner mit jemandem auf Spanisch sprach, dann meldete er sich wieder.

"John, Sie haben keine Ehefrau!"

"Nun, vielleicht täuschen Sie sich!"

"Wenigstens haben Sie nie über Ihre Ehefrau gesprochen!"

"Wie auch immer, ich bin jetzt wieder zu Hause."

"Wie ist die Adresse?"

"Sie wissen nicht, wie die Adresse ist?" John blickte fassungslos aus dem Fenster und erblickte dann Monica, die mit nassen Haaren und einem Handtuch um den Körper aus dem Bad kam. Meine Güte, sie war einfach umwerfend. Wenn sie wirklich seine Frau war, dann war er ein echter Glückspilz. "Sie sind mein Arbeitgeber und kennen meine Adresse nicht?"

"Doch, wir haben hier eine!" John lauschte auf die Adresse, die ihm durchgegeben wurde und lachte auf.

"Das wird meine alte Adresse sein! Meine Frau und ich sind jetzt erst umgezogen!" Er gab dem Mann die neue Adresse und verabschiedete sich dann. Nachdenklich blickte er auf das Telefon, dann auf Monica, die nun in einem Bademantel aus dem Schlafzimmer kam.

"Mit wem hast du telefoniert?"

"Ach, nur mit ein paar Freunden...", wich er aus und ging zu ihr. Monica sah ihn unsicher an und wich leicht zurück, als sein Finger über ihre Wange strich. "Was hast du?"

"Ich... nichts!" Sie lächelte. "Aber du solltest dich vielleicht ausruhen! Heute ist ja einiges passiert..." Außerdem war sie selber auch todmüde.

Er zog die Augenbrauen hoch. Sie wich also zurück, wenn er sie berührte. Wer war sie? Sie tauchte plötzlich auf und gab sich als seine Ehefrau aus... nun gut, vielleicht war sie es wirklich, aber wieso wusste dann keiner seiner Arbeitgeber etwas von ihr?

Er beobachtete, wie sie ihre nassen Haare nach oben steckte und dann an ihm vorbei in die Küche ging. Verwirrt sah sie ihn an, als sie merkte, dass er ihr mit Blicken folgte.

"Was hast du?"

"Nun, um ehrlich zu sein, ich bin mir immer noch unklar darüber, ob du wirklich meine Ehefrau bist!"

"John!" Monica lachte. "Dies alles hier reicht dir noch nicht als Beweis?" Sie gähnte verhalten. "Hör zu, ich bin wirklich müde! Können wir morgen darüber sprechen?"

"Morgen... ja! Ich muss um neun Uhr zur Arbeit."

Sie sah ihn verwirrt an. "Was?"

"Wieso überrascht dich das?"

"Ich... ich... bin nicht überrascht!", verbesserte sie sich schnell. "Ich dachte nur, du könntest ein paar Tage Urlaub machen. Ich habe dich doch gerade erst wiederbekommen. Du kannst dich noch nicht einmal erinnern... du solltest warten, bis es dir besser geht!"

"Die Ärzte sagten, dass ich meine Erinnerung vielleicht nie mehr wiederbekomme. Ich glaube, das Beste ist, wenn ich einfach mein normales Leben wieder beginne. Irgendwann werden die Erinnerungen von ganz alleine wiederkommen..."

Monica beobachtete, wie er ins Badezimmer ging und wartete, bis er die Tür geschlossen hatte, dann flitzte sie zum Telefon und drückte die Wahlwiederholung. Blitzschnell schrieb sie sich die Nummer auf und schaltete das Telefon dann wieder aus. Die Männer, die ihn jetzt angestellt hatten waren der Schlüssel zu der ganzen Affäre und möglicherweise auch zu den anderen Agenten. Sie ließ den Zettel mit der Nummer in ihrer Tasche verschwinden und ging dann ins Schlafzimmer. Dort zog sie sich ihre Unterwäsche an und dachte nach. Sie würde John kaum überreden können, auf dem Sofa zu schlafen und es wirkte sehr auffällig, wenn sie auf dem Sofa schlief. Nun, das Bett war ja breit genug...

Sie legte sich auf ihre Seite und schloss die Augen. Sie war wirklich unglaublich müde.

Sie hörte nicht einmal mehr, wie John das Zimmer betrat. Er sah sie nachdenklich an und ging dann zu ihr. Sanft strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie war wunderschön. Vielleicht war gerade das der Grund, warum er sie niemals erwähnt hatte. Vielleicht hatte er sie einfach nicht in seine Geschäfte mit reinziehen wollen.

Merkwürdig. Noch immer behagte ihm der Gedanke nicht, dass er für die Mafia Geld wusch und auch öfter andere Aufträge erledigte. Wieso hatte er sich jemals darauf eingelassen? Das ging doch völlig gegen seine Prinzipien! Aber was waren seine Prinzipien eigentlich? Sie gehörten seiner Vergangenheit an, und möglicherweise hatte er da vieles getan, was er jetzt nicht wahr haben wollte...



"Was soll das heißen, seine Frau?" Der Mann zündete sich eine Zigarre an und blickte sein gegenüber beherrscht an. Er war groß und bullig, die öligen schwarzen Haare zu einem Zopf im Nacken gebunden.

"Ich kann nur sagen, was ich von ihm weiß, Boß. Er sagte, er sei jetzt wieder zu hause bei seiner Frau!"

"Wo kommt diese Frau her? Wer ist das?"

"Wir wissen nichts über sie, aber sie scheint unsere Geschichte bestätigt zu haben!"

"Soll das heißen, sie unterstützt uns?"

"So scheint es, ja!"

Carlos Bertolli schlug auf den Tisch. "Ich will wissen, wer sie ist! Es könnte eine Falle sein! Immerhin ist dieser Mann FBI Agent! Ich werde mit ihm ein ernstes Wort reden, und du stattest morgen dieser Frau einen Besuch ab! Nimm zwei von den Männern mit und mach ich klar, was passiert, sollte sie irgendwie gegen uns arbeiten, verstanden?"

"Ja!"

"Aber hinterlaßt keine Spuren!"

Bertolli sah zu, wie der Mann das Zimmer verließ und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarre. Er mußte wohl einmal wieder mit seinem Spitzel beim FBI in Kontakt treten und ihn fragen, was die Regierung plante...



"Guten Morgen!"

Monica sah lächelnd auf John, der gähnend aus dem Schlafzimmer trat. Sie stellte die Butter auf den kleinen Wohnzimmertisch und ging dann zurück in die Küche. John folgte ihr mit seinen Blicken. Sie trug ein dunkelrotes Kleid mit Sonnenblumenmuster und lief barfuß. Ihr Haare hatte sie im Nacken zusammengebunden.

"Ich habe Brötchen geholt..." Sie schwenkte die kleine Tüte und sah ihn dann irritiert an. "Was ist?"

"Nichts..." Damit ging er ins Bad und Monica sah ihm irritiert nach. Erinnerte er sich an sie? Er sah sie schon die ganze Zeit über so merkwürdig an. Was wäre, wenn er sich plötzlich erinnerte. Sie hatte keine Ahnung, wie ihre Anweisungen für den Fall aussahen.

Langsam trat sie ans Fenster und blickte in die kleine Gasse hinab. Die Sonne schien bereits heiß vom Himmel obwohl es erst halb neun war. Es war bereits so warm, daß sie in ihrem dünnen Kleid nicht einmal fror.

Sie drehte sich um und kniete sich auf den Boden vor den Tisch. Vorsichtig goß sie den frischen Kaffee in die beiden Tassen und lief dann zurück in die Küche um Milch zu holen. Sie suchte im Schrank nach einem kleinen Töpfchen und goß ein wenig Milch hinein, dann brachte sie diese zurück zum Wohnzimmertisch. Ja, das sah schön aus. Sie seufzte wehmütig. Wie oft hatte sie sich vorgestellt, wie es wäre, für John Frühstück zu machen. Sie liebte ihn und es hatte ihr fast das Herz gebrochen, als die Abteilung der X-Akten aufgelöst worden war und man sie verschiedenen anderen Abteilungen zugeteilt hatte.

Monica zuckte zusammen, als sie Johns Hand auf ihrer Taille fühlte und fuhr herum.

"Ich hab dich gar nicht gehört!" Verunsichert sah sie ihn an. Ihre Oberkörper berührten sich beinahe, so dicht standen sie voreinander. "Ich habe Frühstück gemacht... ich hoffe, du magst es!"

John sah sie durchdringend an und setzte sich schließlich an den kleinen Tisch. Monica nahm ihm gegenüber Platz und reichte ihm die Milch für seinen Kaffee. Er trank seinen Kaffee immer mit Milch, das wußte sie. Er nahm dankend die Milch und goß sich etwas davon ein, dann sah er sie an.

"So, Monica... was wirst du heute tun!"

"Oh, ich wollte schauen, ob ich ein paar hübsche Vorhänge für das Fenster bekomme!" Sie deutete auf das gardinenlose Glas.

Er schmunzelte. Sie schien wirklich die perfekte Ehefrau zu sein... zu perfekt nach einem Jahr Ehe.

"Darf ich dich etwas fragen? Wieso siehst du mich immer so an?" fragte Monica nun endlich, nachdem sie Johns Blick bemerkt hatte.

"Nun, ich sehe dich immer so an, weil ich denke, daß du eine raffinierte, wenn auch sehr hübsche Lügnerin bist!"

Die Frau verschluckte sich beinahe an ihrem Kaffee und hatte Mühe, Luft zu bekommen.

"Was?"

John schmunzelte. "Ich weiß nicht, wer du bist, Monica Reyes, aber du bist ganz bestimmt nicht meine Frau!"

"Willst du die Scheidung?" brachte sie hervor und klammerte sich an ihre Behauptung, daß sie verheiratet waren. Sie mußte ihren Anweisungen folgen.

"Nein..." John schüttelte den Kopf. "Ich finde den Gedanken mit dir verheiratet zu sein sehr reizvoll... ich sage ja nur, daß wir vor drei Tagen sicher noch kein Ehepaar waren!"

"Doch! Seit dem 14. August 2001."

"Dann beantworte mir eine Frage... Liebes!" Er betonte diesen Kosename so ironisch, daß Monica überlegte, ob sie die Frage überhaupt hören wollte.

"Wieso haben wir verschiedene Nachnamen?"

"Weil..." Touche. Wie sollte sie ihm das erklären? Das war wieder typisch Regierung. Sie bekam ihre anweisungen und mußte sehen, wie sie damit klar kam. "Weil ich es so wollte!"

"Und wieso?"

"Wir hatten uns darauf geeinigt, damit ich nicht automatisch vom Namen her mit dir assoziiert werde. Du sagtest damals, es wäre besser für mich!"

Verblüfft sah er sie an und begann an seiner Theorie, daß sie nicht seine Ehefrau war, zu zweifeln. Entweder war sie wirklich raffiniert, oder sie war gar keine Lügnerin. Sein blick fiel auf die Uhr.

"Ich muß jetzt gehen! Ich weiß noch nicht, wann ich wiederkomme... aber freu mich auf heute abend!"

Monica hörte auf zu kauen und sah ihn erschrocken an. Er grinste amüsiert und verließ dann die Wohnung. Meine Güte, das hatte er doch nicht wirklich so gemeint, wie sie es aufgefasst hatte, oder? Sicher nicht. Er konnte sich ja nicht einmal an sie erinnern. Er würde kaum auf die Idee kommen, sie küssen zu wollen... oder sogar mehr.

Sie aß ihr Brötchen zu Ende und nahm dann ihre Schlüssel. Sie mußte zum Briefkasten und nach den neuesten Anweisungen schauen. Gähnend lief sie die Treppe im Hausflur hinab und schrie auf, als sie plötzlich zur Seite gezogen und gegen die kalte Steinwand des Flures gepresst wurde.

"Miss Reyes nehme ich an!" wurde sie auf Spanisch angesprochen.

"J-Ja!" Monica nickte und sah zwischen den drei Männern hin und her. Einer von ihnen trug eine Waffe an seinem Gürtel und sie erschauderte.

"Ich habe gehört, sie seien mit unserem Freund John Doggett ‚liiert'! Wie waren denn die Flitterwochen so?" Ironisch sah er sie an. Monica schwieg und erwiderte seinen Blick aus vor Wut funkelnden Augen. "Wir sind ihnen ja dankbar, daß sie sich seiner angenommen haben, aber ich warne sie..." Er strich über ihren Hals. "Wenn sie versuchen, sich uns oder ihm in den Weg zu stellen, oder ich erfahre, daß sie Spionin oder etwas ähnliches sind, könnte es sein, daß ich ihnen ihr hübsches Genick breche! Und wenn ich nachdenke fallen mir bestimmt noch andere, reizvollere Sachen ein..." Seine Hand strich weiter hinab über ihr Dekollete. Monica schlug wütend seinen Arm weg.

"Ich verstehe nicht, was sie von mir wollen!"

Hart packte der Mann sie an den Haaren. "Wir wollen, daß du die Klappe hältst und dich aus seinen Angelegenheiten raushältst, verstanden? Verhalte dich wie eine Ehefrau und kümmere dich um deine Sachen! Wenn du dich daran hältst, werden wir keine Probleme miteinander bekommen!"

"Okay..." nickte Monica und fühlte erleichtert, wie sie losgelassen wurde.

"Durchsucht sie und dann lasst uns gehen." Der zweite der Männer packte sie und durchsuchte sie. Monica schrie wütend auf und beschimpfte die Männer mit allem, was sie an spanischen Flüchen drauf hatte. Erst als einer der Männer ihren Pass hatte, ließen sie sie los.

"Wir werden uns das vorläufig ausleihen!"

"Stehlen wäre wohl eher das richtige Wort! Geben sie mir..."

Sie schrie auf, als einer der Männer sie so hart ins Gesicht schlug, daß sie gegen die Wand taumelte. "Wir haben dir ja gesagt, mach uns keine Probleme und wir werden uns gut verstehen!"

Monica blieb zurück, hielt sich die brennende Wange und starrte den Männern einfach hinterher. Sie fühlte ein leichtes Pochen und öffnete den Briefkasten. Er war leer.

"Na toll..." murmelte sie und ging dann zurück in die Wohnung um sich etwas Eis auf die Wange zu legen, denn sonst würde sie John ganz sicher ein blaues Auge erklären müssen.



"Mein Paß ist weg!" Monica sprach leise und sah sich in der belebten Straße um. Sie stand an der kleinen Telefonsäule am Straßenrand und hielt die Hand vor den Mund.

"Was?!?" Die Stimme auf der anderen Seite schien außer sich zu sein. "Miss Reyes, dies ist ein ernstzunehmender Undercover Job und sie lassen sich ihren Paß klauen?"

"Sir, das ist alles nicht so einfach, wie sie sich das vorstellen! Offenbar werde ich überprüft... und John Doggett nimmt mir nicht ab, daß ich seine Ehefrau bin!"

"Agent Reyes, wenn diese Angelegenheit zu schwer für sie ist..."

"Sir, ich gebe mein bestes! Ich verlange doch nur etwas mehr Unterstützung!"

"Na schön! Kommen sie morgen Vormittag in das kleine Café an der Zentralbank und setzen sie sich einfach hin! Wir klären das weitere!" Damit legte die andere Seite einfach auf. Fassungslos blickte Monica auf den Hörer und fluchte dann leise. Was fiel diesen Typen eigentlich ein? Erst schickte man sie hierher und jetzt überließ man sie ihrem Schicksal? Sie hatte Angst davor, daß ihr Paß doch etwas aufdecken würde...



John Doggett blickte den Mann, der sich ihm im Krankenhaus als Carlos Bertolli vorgestellt hatte, verwirrt an, als dieser ihm einen Pass reichte.

"John! Hier... bevor sie nach Hause gehen... und bestellen sie ihrer Frau einen schönen Gruß von uns!"

John sah auf den Pass und erblickte Monicas Foto. "Wie haben sie...?"

"Nun, meine Männer haben ihr heute einen kleinen Besuch abgestattet. Sie soll sehr reizend sein, ihre Gattin, aber etwas aufbrausend. Ich denke, sie haben ihr klar gemacht, wie sie sich zu verhalten hat!"

John funkelte ihn an. "Was haben sie ihr angetan?"

"Nichts!" Bertolli zog eine Zigarre aus seinem Etui und zündete sie sich ruhig an. Dann blickte er John an. "Aber passen sie auf sie auf, wenn sie nicht wollen, daß ihr etwas passiert!"

"Wollen sie mir drohen?"

"Nein..." Der Mann legte einen Arm um John. "Ich wollte sie nur warnen! Manchmal reagieren meine Männer etwas... voreilig! Sagen sie ihr, sie soll sich aus unseren Geschäften raushalten und sie werden ein glückliches Eheleben führen."

"Verstanden!" presste John hervor und Bertolli klopfte ihm auf die Schulter.

"Ich wußte doch, daß ich mich auf sie verlassen kann!"

John verließ das Zimmer und steckte Monicas Paß ein. Er war wütend. Was fiel diesen Männern ein, einfach in sein Haus einzudringen und seine Frau zu bedrohen... ob sie nun seine Frau war, oder nicht!

Nachdenklich zog er den Paß wieder hervor. Ein mexikanischer Paß... alles was sie über sich gesagt hatte, schien zu stimmen. Nun, vorausgesetzt, dieser Paß war nicht gefälscht worden. Er blickte auf das Bild und ganz plötzlich drängte sich ein anderes Bild vor seine Augen. Er sah Monica, wie sie mit einer Waffe in der Hand vor ihm stand... eine Waffe... Er schüttelte den Kopf. Wieso sollte Monica mit einer Waffe umgehen können?

Die Sonne schien noch sehr intensiv, als er um kurz nach sechs nach Hause kam. Monica kam ihm entgegen und er bemerkte, daß ihre Wange leicht geschwollen war.

"Hier!" sagte er sanft und reichte ihr den Paß. Dann berührte er zärtlich ihre Wange. "Tut mir leid, ich wußte nichts davon!"

"Oh, es war nicht schlimm!" Monica lächelte und drehte sich dann um, um ihren Paß wieder an seinen Platz in ihrer Geldbörse zu bringen.

John beobachtete, wie sie sich bewegte und wieder schien tief in ihm eine Erinnerung heraus brechen zu wollen. Er kannte sie, aber nicht als Ehefrau... Reyes... Es war ihm, als wäre eine Erinnerung zu Greifen nah, doch als er versuchte sie zu packen, war sie wieder verschwunden.

"Monica, hast du eigentlich eine Waffe?"

"Was?" Sie lief an ihm vorbei in die Küche, als wüßte sie nicht wovon er sprach, doch in ihr krampfte sich alles zusammen. Meine Güte, die Männer hatten herausgefunden, wer sie war.

"Ob du eine Waffe hast?"

"Wieso sollte ich..." Sie nahm etwas Wasser aus dem Kühlschrank und goß es in ein großes Glas. "Ich gebe zu, manchmal ist etwas gefährlich hier auf den Straßen, aber findest du das nicht etwas übertrieben?"

"Natürlich!" nickte er und beobachtete sie nachdenklich.

"Nun, ich bin keine sehr gute Köchin, deswegen dachte ich, wir könnten heute abend vielleicht irgendwo anders essen!" Sie stellte das Glas in die Spüle und räumte dann das Wasser zurück in den Kühlschrank. "Ich meine, wir können natürlich auch hierbleiben, aber ich dachte, wir schauen uns unsere Gegend an!"

Wie sinnlich sie sich bewegte... er war sich sicher, daß dies keine Absicht von ihr war. Wahrscheinlich wußte sie nicht mal, wie sie auf ihn wirkte. Er hatte heute tagsüber öfter an sie denken müssen, als ihm lieb war. Er hatte sich gefragt, ob ihr Haar wirklich so seidig war, wie es aussah und ob ihre Lippen auch so weich und sinnlich küßten...

"John!"

"Äh... ja?" Er sah sie an.

"Ich habe gefragt, was dir lieber wäre, Bar oder Restaurant, aber du hast mir nicht mal zugehört!"

"Doch! Doch, ich habe zugehört! Ich denke, wir schauen uns eines dieser abendlichen Straßenfeste an und essen irgendwo auf dem Weg etwas!"

Sie legte den Kopf schien und schien nachzudenken, dann nickte sie schließlich.

"Okay... dann ziehe ich mir schnell etwas anderes an und dann..." Sie schrie erschrocken auf, als er sie am Handgelenk packte und in einem innigen Kuß an sich zog. Sofort wich sie zurück und starrte ihn völlig verwirrt an. Was sollte sie jetzt tun? Na toll... die Theorie war gewesen, daß John so verwirrt über die Amnesie sein würde, daß ihm nicht einmal die Idee käme, ihr zu Nahe zu kommen... und jetzt???

"Was ist denn?" fragte er amüsiert. "Du benimmst dich, als hättest du mich noch nie zuvor geküßt!"

"Nein... nein, das kam nur so... überraschend!"

"Nun... ist das jetzt weniger überraschend?" Er näherte sich ihren Lippen, doch Monica hielt ihn zurück. Meine Güte, wie sehr hatte sie sich immer gewünscht, John würde sie küssen, aber sie wollte es doch nicht so! Nicht, wenn er sich nicht einmal an sie erinnerte! Sie kam sich dabei erbärmlich vor und wenn sie diese Situation jetzt ausnützen würde, käme sie sich sogar mehr als nur erbärmlich vor.

"John... ich habe dir etwas verschwiegen, aber ich denke, jetzt wäre der Punkt, um es dir zu sagen."

Interessiert sah er sie an. Jetzt kam sie also endlich auf den Punkt. Er hatte gewußt, daß sie spätestens einen Rückzieher machen würde, wenn er sie küssen wollte, wenn sie nicht seine Ehefrau war. Nun, daß es so einfach war, hätte er nicht gedacht.

"Unsere Ehe... war nicht mehr ganz so heile, wie es dir vielleicht erscheinen mag."

"Oh..." sagte er beinahe enttäuscht. Er hatte etwas völlig anderes erwartet. "Wieso?"

"Nun, weil... ich wollte kinder und du nicht... und dann haben wir uns nur noch gestritten!"

"Nun..." Er dachte nach. "Das sollte kein Problem mehr darstellen. Von mir aus, können wir so viele Kinder haben, wie du magst..."

"Andersrum..." ächzte Monica erschrocken und wich vor ihm zurück. "Ich wollte keine Kinder..."

"Was?" John schmunzelte amüsiert. "Erst sagst du, ich will keine Kinder, und dann plötzlich du..."

"Ich hab es verwechselt!"

"Weil das natürlich auch so schwer zu verwechseln ist!" Er nickte, sah sie aber völlig ernst an. Sogar wenn sie log, war sie so unglaublich sexy, daß er sie am liebsten jetzt sofort gepackt hätte und... Er räusperte sich. "Wollen wir gehen? Wir wollen doch noch etwas von dem Fest mitbekommen, oder?"

Sie war sichtlich verblüfft über den plötzlichen Themenwechseln, floh dann aber beinahe erleichtert mit den Worten "Ich ziehe mich schnell um!" ins Schlafzimmer und schloß die Tür hinter sich. Amüsiert lachend sah er ihr nach. Merkwürdig, daß er ihr vertraute, obwohl sie nicht die Wahrheit sprach, aber irgend etwas tief in ihm sagte ihm, daß sie nicht log, um ihm zu schaden...
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