World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Something Blue

von Jenna Tooms

Kapitel 1

Der Akzent der Carolina`s Inn Besitzerin ist so schlimm, dass ich Probleme damit habe, sie zu verstehen. „Biegen Sie links in die ‘Old Firehouse Road’ ein“, sagt sie oder ich hoffe, dass es das ist, was sie sagt, weil es das ist, was ich aufgeschrieben habe. „Sie fahren drei Blocks weiter – haben Sie das, Honey?“



Ich verabscheue es, von Fremden „Honey“ genannt zu werden, aber trotzdem antworte ich: „Ja. Links in die ‘Firehouse Road’ und dann drei Blocks weiter.“



„’Old Firehouse Road’, Honey.“, korrigiert mich Mrs. Welles freundlich und fährt dann fort, „wir sind an der Kreuzung von ‘Old Firehouse Road’ und der ‘McCaine Avenue’, auf der rechten Seite.“



„Rechte Seite“, wiederhole ich, kritzelnd, aber der Stift macht nur einen trockenen Kratzer auf dem Papier. Ich hebe den Stift, schüttle ihn und versuche es wieder, als die Inhaberin schon weiter spricht.



„Dann werden Sie auf der Rückseite des Hauses parken und der Fahrweg ist klar gekennzeichnet. Wenn Sie einchecken, werden wir einen Portier für Ihre Taschen schicken.“



Mein Stift ist ausgetrocknet. Ich mache ein böses Gesicht und werfe ihn in den Mülleimer und fange damit an, auf Johns Schreibtisch nach einem Neuen zu suchen. Da ist keiner, nicht mal eine verirrte Büroklammer, außer seinem Computer und dem Tischkalender. Ich kann nicht widerstehen - ich schlage die Seite für Morgen auf und da steht in Johns frischer Handschrift „Kimberlys Hochzeit, -- 3 Uhr Nachmittags – Delaney, N.C.“

Der Kalender sagt mir nicht, wo John momentan ist, obwohl es Monica vielleicht weiß.



Ich öffne die oberste Schublade. Kugelschreiber sind in Reichweite aufgereiht - alle im Ablagekorb, ordentlich wie Spielzeugsoldaten. Büroklammern in einer Schachtel, ein kleiner Stapel von „Post-It“-Zetteln, immer noch in Plastik eingewickelt –obwohl ich denke, dass die Auswahl an Farben von Monica ist –und ein von Holz eingerahmtes Bild.



„Wenn Sie Probleme haben uns zu finden. Dann rufen Sie einfach noch mal diese Nummer an und wir bringen Sie her. Ich kenne Delaney gut.“



„Ich schätze das wirklich sehr“, murmle ich und ziehe das gerahmte Bild hervor. Ich nehme einen tiefen Atemzug, bevor ich es umdrehe, obwohl ich nicht weiß, warum ich nervös bin. Es ist wahrscheinlich ein Bild von seinem Sohn, oder von John und seiner Frau in glücklicheren Zeiten. Soviel ich weiß, ist es ein Download von Angelina Jolie. Soviel ich weiß, ist es leer.



Ich drehe das Bild um. Es ist das Bild von mir und William, das ich letztes Jahr in der Weihnachtskarte verschickt habe: wir beide in Rot, Williams Arme ausgestreckt in seiner glücklichen, großzügigen Umarmung.



„Sind Sie noch da, Dr. Scully?“

„Ja.“ Er bewahrt ein Bild von dem Baby und mir in seinem Schreibtisch auf. Nicht auf ihm, wo die Leute es sehen und Kommentare abgeben. In ihm versteckt. Ich spreche ins Telefon: „Sie haben sehr gute Anweisungen gegeben. Ich bin mir sicher, dass ich keine Schwierigkeiten haben werde.“



„Also, danke, Honey? Wir erwarten Sie um 10 heute Nacht, richtig?“



„Ja, Ma’am“, ich lege den Bilderrahmen weg und kritzle schnell ihre letzten Anweisungen aufs Papier. „Wie lang werden Sie mein Zimmer frei halten, wenn ich nicht um 10 da sein sollte?“



„Oh, bis 6 Uhr morgen früh. Mein Ehemann hat in einem Artikel gelesen, dass die großen Hotels die Zimmer lange frei halten, also warum wir nicht auch?“



„Das ist sehr freundlich von Ihnen“, Monica wird gleich von ihrem Meeting kommen, laut ihrem Kalender. Das ist das einzige, was mich davon abhält, das Bild abermals hervorzuholen. Wenn John nicht will, dass sie es erfährt, werde ich nicht diejenige sein, die sein Geheimnis verrät.



„Und es werden nur Sie kommen?“

„Ja. Obwohl, wie kinderfreundlich sind Sie?“



„Wir erlauben Kinder, aber wir haben nicht viel, um sie zu unterhalten. Sicherlich, die meisten Familien verbringen die Tage sowieso am Strand. Werden Sie ein Kind mitbringen?“

„Dieses Mal nicht.“ Dieses Wochenende nimmt meine Mutter William: dies wird mein erster Urlaub alleine, seit damals in Maine, werden. „Vielen Dank für alles.“



„Kein Problem, Dr. Scully. Wir freuen uns, Sie zu sehen.“



„Danke“, ich lege den Hörer auf, immer noch benommen von der Entdeckung der Fotografie in Johns Schreibtisch. Ich weiß, es ist nur ein Foto. Ich weiß, ich habe es ihm gegeben. Aber ich bin immer noch verwirrt, warum er es versteckt hält.



„Dana!“, ruft Monica von der Tür aus, ich sehe sie an und lächle.



„Hi. Fertig fürs Mittagessen?“



„Dana. Deine Bluse!“, sie eilt zu Doggetts Schreibtisch, auf mein Shirt deutend. Ich blicke hinunter und sehe einen blauen Fleck auf dem weißen Stoff und einen dazu passenden auf meiner Hand: der Stift, den ich gerade geöffnet hatte, ist über meinen Fingern ausgelaufen.



„Verdammt.“, sage ich nur und werfe den Stift in den Abfalleimer. „Soviel zum Mittagessen.“



„Ah - warte...“ Monica kniet neben dem Schreibtisch und öffnet das unterste Fach. „John bewahrt hier ein Ersatz-Shirt auf.“ Sie händigt es mir triumphierend aus. „Ich bin mir sicher, dass es ihm nichts ausmacht.“



Ich nehme die Verpackung. John gönnt sich in vielerlei Hinsicht nichts, aber er kauft sich schöne Hemden. „Ich weiß nicht ... ich hasse es, seinen Ersatz zu nutzen.“



„Oh...“ Monica schüttelt abweisend die Hände. „Ich habe mir schon ein oder zweimal Eines geborgt und er ist damit ganz gut zurecht gekommen. Nach allem, was er gefragt hat, als ich es ihm zurückgab, war, ob ich es gewaschen hätte. Du hast nicht genügend Zeit, um nach Hause zu fahren und dich umzuziehen, bis zu deinem Unterricht am Nachmittag, oder?“



„Nein, habe ich nicht.“ Damit ist der Fall erledigt: dies ist eine Notwendigkeit, und John ist beides, sanft und großzügig. Ich könnte ihm sogar ein Neues kaufen, wenn er wollte. „Okay“, sage ich, als ich aufstehe. „Ich werde mich im Waschraum umziehen.“



„Ich werde warten.“ Monica greift sich eine Akte, lässt sich auf ihren Stuhl fallen und legt ihre Füße auf den Tisch. Ich eile den Gang hinunter zum nächstgelegenen Waschraum. Ich putze gründlich meine Hände. Jacket und Bluse kommen runter und ich packe das Shirt aus und ziehe es an. Es ist ein kleines bisschen straff um meine Brüste: der Rest meines Körpers hat sich nach der Schwangerschaft wieder erholt, aber mein Brustumfang wird nie mehr derselbe sein. Still ich knöpfe die Ärmel, stopfe es in den Bund und glätte das Shirt, so ist es zufrieden stellender.



Ich seufze, glätte mein Haar, ziehe mein Jacket an und nehme meine befleckte Bluse. Ich würde dieses Hemd sogar noch mehr mögen, wenn es schwach nach Seife und Mann richen würde ... John richt so gut...



Ich schüttle meinen Kopf und gehe zum Büro zurück.



***



Während des Essens redet Monica ununterbrochen über die Hochzeit. „Sie hat vier Brautjungfern und zwei Blumenmädchen“, sagt sie, Gurkenscheiben mit ihrer Gabel aufspießend, „Aber nur einen Ringträger.“



„Wie viele Trauzeugen?“



„Vier. Ihr Bruder, seine zwei Brüder und sein bester Freund. Der Ringträger ist ihr Neffe. Ich liebe es, wenn Kinder an Hochzeiten teilnehmen. Sie sehen so niedlich aus in ihren Anzügen.“



„Das sind sie“, bestätige ich und denke an das letzte Mal, als ich William einen Anzug in Baby-Größe anzog. Es war ein Geschenk einer meiner Tanten; und er ist schnell rausgewachsen. Obwohl er doch sehr niedlich ausgesehen hat.



„Und ich bin gespannt darauf, ihr Kleid zu sehen. Kimberly hat so eine gute Figur. Was auch immer sie sich ausgesucht hat, ich bin sicher, sie sieht fantastisch aus.“ Monica hält ihren Kopf schief und beobachtet mich. „Du bist tausend Meilen entfernt, Dana.“



„Oh, ich habe nur nachgedacht.“



„Hochzeitspläne?“, fragt sie mich mit schelmischen Lächeln.



„Nein“, gebe ich zu, „ich habe so gar keine Hochzeitspläne.“



„Wieso nicht?“



„Ich denke nicht, dass ich in nächster Zeit heiraten werde.“ Ich sage es in einem Ton, der das Ende der Diskussion bedeutet, aber Monica überhört ihn einfach.



„Das ist dumm. Du bist eine hübsche, intelligente Frau mit einem interessanten Beruf, umgeben von Menschen, die sich um dich sorgen. Du könntest in deinem Umfeld irgendwen darauf hinweisen und alle würden bei der Aussicht, mit dir zusammen zu sein, vor Glück vergehen.



„Danke, aber ich denke nicht, dass das Ganze stimmt.“



Sie beginnt zu grinsen: „Du hältst dich nicht für schön, oder nicht für intelligent?“



„Mon...ich meine, ich denke nicht, dass irgendjemand vor Glück umfallen würde, von der Aussicht mit mir zusammen zu sein. Ich denke, der Gedanke mit mir zu leben, ist attraktiver als die Realität.“



„Hm.“ Monica isst ein paar Stückchen, ernst nickend. “Ich denke, ich verstehe, was du meinst... aber ich denke auch, dass ich weiß, wo du falsch liegst.“



„Oh?“



"Ich denke, jeder der sich dazu entscheidet, mit dir zusammen zu sein, der hat auch begriffen, dass er sich der Realität stellen muss."



Ich lächle sie an: „Monica, willst du mir etwa näher kommen?“



Sie lacht: „Oh ja, habe ich dir nicht gesagt, dass ich die Seiten gewechselt habe?“



„Ich wette, Walter wird überrascht sein, das zu hören.“, necke ich zurück.



„Ich denke nicht, dass ich irgendetwas tun könnte, um Walter zu überraschen. Das ist eines der schönen Dinge, wenn man mit einem älteren Mann zusammen ist: nichts kann ihn schocken. Obwohl ich letzte Nacht einen Krug mit Körper-Malerei-Schokolade und eine Augenbinde mitgebracht habe, denke ich, er war nicht einmal verblüfft.“



„Monica!“, sie kichert und ich versuche, nicht auch noch zu kichern. Die Beziehung zwischen Walter Skinner und Monica Reyes war ein Pausen-Gerücht, schon seit fast drei Monaten. Niemand sah es kommen, und niemand dachte, es würde länger als eine Woche halten. Obwohl, nach allem was mir Monica erzählt, ist alles gut und scheint so weiter zugehen wie bisher.



Das Thema zu wechseln schien mir eine gute Idee, bevor wir in obszönen Mädchen-Klatsch verfallen. Das wäre lustig, aber das letzte Mal, als wir dieses Thema beim Essen hatten, wurden wir gebeten zu gehen, nachdem Monica Skinners Anatomie anhand eines Brotkorbes demonstriert hatte. „Wo ist Agent Doggett heute?“



„Oh, halt. Ich bin nur neugierig. Ich dachte, er würde heute im Büro sein.“



„Er ist in New York. Er ging letzte Nacht.“



Seine Ex-Frau lebt noch in New York – aber dann, ich erinnere mich, er hat auch noch andere Freunde in New York. „Weißt du, wann er zurück sein wird?“



Sie zuckt mit den Achseln: „Nach dem Wochenende vermute ich. Ich dachte, er plante zur Hochzeit zu gehen, aber von New York bis nach Delaney ist es ein langer Weg, um ihn an einem Tag zu schaffen.“



„Oh“, ich hoffte, ihn auf der Hochzeit zu sehen – ihn im Smoking zu sehen und dass er mich sieht in einem Kleid, das ich extra für diese Gelegenheit gekauft hatte und auch, weil ich keine schönen Kleider für die Ewigkeit hatte.



„Hey, bist du okay?“



„Oh, sicher. Hochzeiten machen mich melancholisch, das ist alles.“



Monica legt ihre Gabel hin und gestikuliert zu mir: „Gib mir deine Hand.“



„Mon -“ Trotzdem halte ich meine Hand hin.



Sie summt und runzelt die Stirn für einen kurzen Moment über meiner Handfläche, dann sagt sie: „Du hast eine lange Lebenslinie... und eine tiefe Liebeslinie ... aber ich sehe nichts, das aussagt, du müsstest für dein restliches Leben alleine bleiben. Es ist eine Wahl, Dana, Fröhlichkeit ist eine Wahl.“



Ich schließe meine Hand: „Ich habe einmal jemanden gesagt, dass Einsamkeit eine Wahl ist.“



„Das ist es“, antwortet mir Monica ernsthaft, „aber warum sollte irgendjemand diese Wahl treffen?“



Ich lege meine Hand zurück in den Schoß und esse weiter: „Das ist nicht so einfach.“



„Du kannst dein Leben nicht weiter trauernd verbringen, Dana.“



Ich schließe meine Augen und sage leise: „Ich will nicht darüber reden, bitte.“



„Ich sage nur, dass es dir und Will nichts Gutes bringt.“ Sie säubert ihren Mund mit der Serviette. „Das ist alles.“



„Hm.“ Ist alles, was ich antworte, während ich meine Gabel in meine Engelshaarpasta drehe.



„Schau“, sagt Monica, „eine Hochzeit ist ein großartiger Ort, sich jemanden zu angeln. Jeder ist so schön angezogen, Liebe ist in der Luft, es gibt Champagner und gutes Essen, Musik und Tanz -- Ich wette, wenn du wolltest, könntest du jemanden treffen, der dir hilft, etwas Dampf abzulassen.“



„Nein.. kein One-night-stand. Das bringt mich nur in Schwierigkeiten.“



„Bist du sicher, dass du später nicht mit Walter und mir fahren möchtest? Ich versichere dir, das macht uns überhaupt nichts aus.“



„Danke, aber nein. Ihr zwei braucht mich nicht in eurem romantischen Wochenende. Nein,...“, ich lehne mich zurück, „ich werde es ganz einfach machen. Die Hochzeit genießen, einige Zeit für mich nehmen. So was eben.“



„William verdient eine Mutter, die glücklich ist“, meint Monica und lächelt nur über meinen ungeduldigen Ton. Sie blickt auf ihre Armbanduhr. „Oh, es ist fast eins. Zeit, um in die wahre Welt zurückzukehren.“ Sie nimmt ihre Handtasche und sucht darin herum.



„Ich übernehme die Rechnung. Geh’ schon.“



„Bist du sicher? Ich habe meinen Geldbeutel hier irgendwo, ich schwör’s.“



„Ganz sicher. Du kannst das nächste Mal bezahlen.“



Monica steht auf, lehnt sich zu mir und gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Wir sehen uns in Delaney“, sagt sie und drückt meine Schulter. Sie geht eilig, immer noch in ihrer Handtasche nach dem Geldbeutel suchend.



Meine nächste Klasse ist nicht vor halb drei, deshalb trödle ich, meine Pasta essend und die Leute beobachtend. Ich hätte, bemerke ich, Monica meinen Standpunkt klarer machen sollen, dass mein Herrichten mich nicht notwendigerweise zu einer glücklicheren Person macht, aber ich bin mir sicher, sie würde mir mit Beatles Lyrics scharf entgegnen oder mit irgendeinem schweren Gleichnis kontern.



Genug Selbstbeobachtung. Ich werde an diesem Wochenende eine schöne Zeit haben, ohne sexuellen Ausgleich.



Ich seufze und bitte den Kellner nach meiner Rechnung.



***



Ich hatte mir Mrs. Welles als eine Südstaaten-Lady der alten Schule vorgestellt: patriarchaisch, grauh-haarig, mit einem Pelzkragen am Mantel. Sie ist stattdessen mollig und schwarz-haarig, mit Juwelen glitzernd, und einem breiten, niedrigen Busen, sodass man sofort weiß, dass er Enkelkinder und müde Ehemänner gewiegt hat. Ich mag sie auf Anhieb.



„Sie haben so einen langen Weg gehabt, Honey!“ Sie händigte mir Tee in einer papierdünnen Porzellantasse mit Unterteller aus. „Hatten Sie Probleme uns zu finden?“



„Nein, überhaupt nicht. Wegzugehen war etwas schwierig.“ Ich nippe an meinem Tee und schließe meine Augen. „Mein Sohn wollte mich nicht gehen lassen.“



„Und wie alt ist er?“



„Er wird zwei, nächsten Monat.“



„Oh,.. was für ein wundervolles Alter das ist, wenn sie gerade anfangen ihre Persönlichkeit zu zeigen. Ich bin sicher, er wird mit seinem Vater gut zurecht kommen.“



Ich öffne meinen Mund und schließe ihn gleich wieder und nippe noch mal am Tee. Ich will nicht schon wieder meine Umstände erklären, sogar dieser Art von Fremden nicht.



„Also“, fährt Mrs. Welles fort, „Frühstück gibt es von 6 bis 9 und wenn Sie Ihre Laken gewechselt haben wollen während des Tages, hängen Sie das Schild an den Türknauf. Gute Nacht, Dr. Scully.“ Sie erhebt sich von dem kleinen Tisch und verlässt den Raum und hält nur inne, um zu lächeln, als ich ihr ebenfalls eine gute Nacht wünsche.



Alleine, lege ich meine Füße auf den Ottomanen und falte meine Hände auf meinem Bauch. Mrs. Welles machte ein Feuer, als ich ankam und es knistert beruhigend warm gegen die Frühlingskälte. Es ist ein hübscher Raum, mit einem weichen, Vorhangversehenen Federbett und Zierdecken an jedem erdenkbaren Ort. Es würde gut sein für Leute in den Flitterwochen oder in den zweiten Flitterwochen oder frischen Liebespärchen. --- Es ist so ein Raum, den Mulder und ich mieteten, für ein paar Tage dieses kurzen Sommers---



Ich fahre mit meiner Hand über meine Augen. Ist Kummer so für andere Leute? Hört es schließlich auf zu schmerzen und wird zu Resignation, Nostalgie und ein schwaches Zittern von Bedauern? Ich wünschte, wir hätten mehr Tage gehabt, um uns zu lieben, Mulder und ich, und ich wünsche mir oft, wir hätten mehr Nächte gehabt.



Er machte einen wütend, war charmant, verwirrend. Er war ein nicht enden wollendes Geheimnis. Er war eine beruhigende Hand, eine stärkende Umarmung, ein zarter Kuss. Er war mutig, wenn ich ängstlich war. Er war stark, wenn ich schwach war. Er war warm, wenn ich kalt war. Er war Vater, Bruder, Lehrer, Sohn, Liebhaber und bester Freund.



Er ist immer noch tot.



Und ich atme immer noch.



Ich starre ins Feuer und trinke dann den Tee in einem großen Schluck aus. Da gibt es viele Sachen, die ich tue, bei denen ich mir sage, dass sie William zuliebe sind, aber ich beginne zu denken, dass es Zeit ist, einiges für mich zu tun.



In dem kleinen Badezimmer wasche ich mir mein Gesicht, putze meine Zähne und ziehe meinen Pyjama an. Ich ziehe die Vorhänge zu und schlüpfe zwischen die frischen, sauber riechenden Decken. Ich erwarte eine unruhige Nacht in einem unbekannten Bett, aber der Schlaf kommt schnell mit beruhigenden Träumen.



***



Am Morgen ist es zu kalt, um richtig in der Sonne zu liegen, aber schon nach dem Frühstück und einem Anruf Zuhause, nehme ich mein Strandtuch und ein Buch und gehe die drei Blocks hinunter zur Küste. Die ganze letzte Nacht schmeckte ich den Geruch des Ozeans und ich bemerke, je näher ich ihm komme, desto schneller laufe ich. Ich renne schon fast, als ich die betonierten Stufen erreiche, die vom Gehsteig aus zum Strand führen.



Der Gehsteig und der Strand sind beinahe leer. Die Saison beginnt hier nicht vor Juni. Von hier aus kann ich den Teil des Strandes sehen, wo Kimberlys Hochzeit stattfinden wird, der bereits mit einem Zelt für den Empfang und Stühle für die Zeremonie ausgestattet ist.



Ich breite mein Tuch einige Yards vor der Wasseroberfläche aus, setze mich hin und lehne mich auf meine Ellbogen zurück. Es gibt keinen Geruch, der so ist wie der Geruch des Ozeans. Nichts kann den salzigen, wässrigen Tang duplizieren. Mulder sagte mir immer, ich schmecke wie der Ozean.



Hör auf damit, sage ich mir hart, und schlage mein Buch auf.



***

Um die Mittagszeit herum schlendere ich bummelnd zum Inn zurück. Ich habe das Hochzeitsgeschenk bereits gekauft, aber es schadet nie einige Dinge noch hinzuzufügen. Obwohl, ich sehe nichts, das danach schreit, gekauft zu werden.



Im Inn lasse ich heißes Wasser in die Badewanne laufen und ziehe meine Klamotten aus. Ein Faltenausbessern mit dem Bügeleisen könnte nicht schaden, deshalb stecke ich den Stecker meines Reisebügeleisens in die Steckdose, um es aufzuwärmen, während ich bade. Ich kann mich nicht an das letzte Mal erinnern, als ich ein gemächliches Bad genommen habe -- vor Williams Geburt zu letzt. Mulder nannte mich immer sein Wasserbaby...



Ich mache ein böses Gesicht und sinke unter das Wasser bis es über meinem Kopf ist. Ich vermisse Mulder. Ich kann das nicht abstreiten. Vor beinahe drei Jahren ist er gegangen und ich vermisse ihn immer noch.



Aber.



Ich muss weiter machen. Ich weiß das. Ich wusste es, bevor mich Monica gestern beim Mittagessen daran erinnerte. Ich weiß es, jedes Mal wenn mich ein Kollege zum Kaffee einlädt. Ich weiß es, jedes Mal wenn meine Mom mir anbietet auf William aufzupassen, sodass ich „ausgehen“ kann.



Ich tauche wieder auf, ich nehme meine Haare aus meinem Gesicht und lehne mich an den Wannenrand. Ich brauche es, weiterzukommen, vor kurzem habe ich begonnen zu denken, mit wem ich den Neuanfang wagen sollte. Wer, nach all dem, ist mir noch geblieben? Wer ist noch neben mir – im bildlichen Sinne, richtig genug für mich, und dessen Präsenz ich sogar jetzt fühle? Wer würde wahrscheinlich jetzt bei mir sein, wenn ich ihn gebeten hätte zu kommen, oder wenn er diese Reise nach New York später angetreten hätte?



Ich schüttle mein feuchtes Haar, bespritze mein Gesicht mit Wasser und ziehe den Stöpsel der Badewanne. Es ist Zeit sich für die Hochzeit fertig zu machen, und nicht, um meinen völligen Mangel eines Liebeslebens zu betrachten.
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