World of X

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A little Respect

von Karin Ropers, Steffi Raatz

Kapitel 2

In Scully Appartement war alles duster. Keine Regung hinter den Fenstern zu sehen. John zuckte zusammen, als eine Nachbarin heraus kam und ihn mißtrauisch betrachtete.

"Guten Morgen!" versuchte er lächelnd zu grüßen, "können Sie mir vielleicht sagen, ob Ms. Scully zu Hause ist!"

"Nein, kann ich nicht!" kam es Morgenmuffelig zurück.

John sah ihr kurz hinterher, dann starrte er wieder nachdenklich zu ihren Fenstern hoch. Er kam sich irgendwie lächerlich vor mit seiner Angst. Was sollte er jetzt tun? Hochgehen und klingeln?

Was wenn es ihr einfach nur nicht gut ging und sie zum Arzt gefahren war? Sie war schwanger, diese Möglichkeit bestand durchaus. Vielleicht hatte sie auch einfach nur verschlafen... mit einem anderen Mann. Doggett kniff die Augen zusammen. Unwahrscheinlich! Seine Partnerin hing dermaßen an ihrem ehemaligen Partner - und John vermutete jetzt mal, daß er auch der Vater ihres Kindes war - daß sie nicht dazu in der Lage wäre, sich wieder auf jemanden neues einzulassen.

Schlaues Kerlchen, John, schließt Dich ein! tönte es in seinem Kopf, doch er ignorierte die neue, ihm fremde Stimme seines Gewissens.

Okay, nahm er einfach mal an, daß sie wirklich verschlafen hatte, wie dumm stand er dann da, wenn sie ihm die Tür öffnen würde?

Aber er mußte es versuchen... Er stieg die Stufen zu Scullys Appartement hoch und klopfte zaghaft, aber bestimmt an ihre Tür. Es folgte keine Reaktion und so klopfte er nochmals und legte das Ohr an die Tür. Er konnte ein leises Stöhnen vernehmen und zuckte zurück. Es hatte sich allerdings nicht nach Leidenschaft angehört, nein, eher nach Schmerz.

"Scully?" fragte er nach und lauschte noch einmal, doch wieder war nur ein leises Stöhnen zu hören. Verdammt, da ging doch was nicht mit rechten Dingen vor!

John kramte ein Taschenmesser hervor und begann sich an Scullys Schloß zu schaffen zu machen. Hätte er doch bloß einen Schlüssel, kam es ihm in den Sinn.

Sie hatte Mulder einen anvertraut und er ihr seinen, doch er, John Doggett, stand hier und mußte Einbrecher spielen. Er verfluchte sich dafür, daß er es immer noch nicht geschafft hatte, ihr Vertrauen und ihren Respekt zu erlangen.

Als die Tür einfach nicht aufgehen wollte, steckte er das Messer wieder weg und holte Anlauf, um sich mit seiner ganzen Wucht gegen die Tür fallen zu lassen. Er machte damit einen gewaltigen Lärm und hätte sich nicht einmal gewundert, wenn die Nachbarschaft in Aufruhr geraten wäre, doch die Türen blieben alle verschlossen. Tolle Nachbarschaft!

John benötigte zwei Anläufe ehe die Tür nachgab und das Schloß barst. Dann klappte die Holztür auf und schlug gegen die dahinter liegende Tür. Von seiner Partnerin war jedoch nichts zu sehen.

Besorgt betrat er ihren Flur und rieb sich die Schulter, die durch seine Eskapaden ziemlich mitgenommen war. Die Tür war aus Holz, aber er hatte ja nicht geahnt, wie hart Holz sein konnte. Mit zusammen gebissenen Zähnen stieg er über einen umgekippten Stuhl und fragte sich einmal mehr, was zur Hölle in Scullys Appartement geschehen sein mußte.

Als er sich in Richtung Wohnzimmer begab, vernahm er erneut dieses Stöhnen. Er beschleunigte seinen Schritt und wäre fast über Scully gefallen.

"Scully, hören sie mich!" er beugte sich zu ihr herunter und versuchte sie vorsichtig anzuheben.

„Scully, hallo!" er gab ihr vorsichtig einen Klaps auf die Wangen. Sie regte sich und er atmete erleichtert auf.

Doch die Erleichterung ließ schnell wieder nach, als er die rote Lache zu ihren Beinen sah. Mein Gott, das hatte er schon einmal erlebt. Seine Frau war mit Luke schwanger gewesen und hatte den Jungen fast verloren, weil sie Blutungen bekommen hatte. Er mußte Scully so schnell wie möglich ins Krankenhaus bringen! Wenn sie nicht schnellstmöglich behandelt wurde, würde sie das Kind verlieren.

John rief den Notarzt und hoffte, daß er so schnell wie möglich kam, doch es dauerte seine Zeit und als es ihm zu bunt wurde, legte er ihr sein Jackett über den Körper und hob sie hoch. Es war ihm egal, ob sie seine Sachen ruinierte, es war ihm egal, ob der Krankenwagen den Weg nun umsonst machen würde. Sicher war nur eines! Wenn sie nicht schnellstmöglich ärztliche Hilfe bekam, war nicht nur das Leben ihres Kindes, sondern auch ihr eigenes in Gefahr.

So trug er sie die Treppe hinunter und zu seinem Wagen.

Nachdem er sie vorsichtig auf der Beifahrerseite drapiert hatte, schwang er sich hinter das Steuer und fuhr los.



Am Krankenhaus hievte er sie aus dem Auto und schleppte sie in die Notaufnahme. Er rief lauthals nach einem Notarzt und einer Schwester und nach wenigen Augenblicken kamen ein Arzt und drei Schwestern auf ihn zugelaufen.

"Sie blutet ganz stark aus dem Unterleib, vermutlich etwas mit der Plazenta, ich kann es aber nicht beschwören!" erklärte er dem Arzt, als der ihn fragte, "sie war bewußtlos, als ich sie gefunden habe."

Der Arzt und die Schwestern hievten Scully auf eine Trage und fuhren sie in einen Behandlungssaal. John mußte draußen warten und eine andere Schwester drückte ihm die Anmeldeformulare in die Hand. Er registrierte es kaum und starrte eine ganze Weile auf den Behandlungsraum. Was ging da drinnen vor sich und konnten die Ärzte ihr und dem Kind helfen? Es waren bange Minuten. Doch irgendwann bemerkte er das Formular in seiner Hand und sah es an. Die wollten wirklich, daß er dieses Ding ausfüllte? Wie sollte er das bewerkstelligen? Er hatte doch keinen blassen Schimmer von Scully. Trotzdem nahm er einen Stift, setzte sich in den Warteraum und begann das Formular durchzulesen.

Es ging doch leichter als er dachte. Sie wollten persönliche Daten wie Namen, Adresse, Arbeitgeber, Versicherung und eventuelle Krankheiten wissen. Und er fühlte das Ding fast komplett aus. Erstaunt sah er den Bogen an. Er kannte Scully doch schon besser, als er von sich vermutet hätte.

Im nächsten Moment schoß ihm durch den Kopf, daß er Skinner informieren mußte, und so suchte er eine Zelle, um ihn anzurufen.



"Agent Doggett, wieso rufen Sie mich von einer Telefonzelle an und nehmen nicht Ihr Handy, das seit... ich weiß nicht wie lange aus ist. Und warum zum Teufel hab ich den Bericht nicht und sind Sie nicht in Ihrem Büro?" Skinner brauste auf.

"Sir, Skinner, bitte, ich befinde mich im Krankenhaus. Ich hatte mir Sorgen um Agent Scully gemacht, weil sie heute morgen nicht im Büro erschien wie üblich. Als ich bei ihr zu Hause ankam, fand ich sie bewußtlos," erklärte John die Situation.

"...und wie geht es ihr?" kam es nach einer Schweigeminute von anderen Ende der Leitung.

John wußte, daß Skinner mit Scully befreundet war. Irgendwie schien es eine Tochter-Vater Beziehung zu sein und dann doch wieder eine richtige Freundschaft. Manchmal glaubte er auch, Skinner würde mehr für Scully empfinden, doch das waren alles nur Spekulationen seinerseits und er kannte seinen Vorgesetzten auch zu wenig, um wirklich über ihn urteilen zu können.

"Ich weiß noch nichts, aber ich werde Sie informieren. Mich kriegen keine zehn Pferde zurück ins Büro!" platzte es ihm heraus, doch er erhielt zustimmendes Gemurmel von Skinner.

John hatte den Hörer noch in der Hand, als er von dem Arzt, der Scully behandelte, angesprochen wurde. Sogleich hing er den Hörer ein und wandte sich ihm zu: "Wie geht es ihr?"

"Sie ist noch rechtzeitig hier gewesen. Wir konnten das Kind retten," erklärte der Arzt und nahm ihm das Formular ab. John atmete tief durch. Die Erleichterung war ihm deutlich anzusehen.

"Sie fragt nach Ihnen," erklärte der Arzt und lächelte über Johns erstaunten Gesichtsausdruck.

"Nach mir?" die Verwirrung stand ihm offen ins Gesicht geschrieben.

"Sie sind doch John Doggett, oder?" fragte der Arzt noch mal nach und John konnte nur nicken.

Er klopfte ihm auf die Schultern und verschwand dann wieder. John blieb ein wenig ratlos stehen. Warum sollte sie ausgerechnet ihn sehen wollen? Doch irgendwie freute es ihn, auch wenn es ihn verunsicherte. Komisch, er kannte das Gefühl von Unsicherheit erst, seit er sie kannte. Sie hing unweigerlich mit seinen Minderwertigkeitskomplexen zusammen. Und zum erstenmal in seiner Laufbahn bei den X-Akten fragte er sich, wieso?

"Dana Scully?" er deutete auf eines der Behandlungszimmer und eine Schwester nickte ihm zu.

Mit einem zaghaften Klopfen öffnete er die Tür und sah in das Zimmer hinein.

Eine blasse, aber lächelnde Scully sah ihm entgegen: "Hallo, Agent Doggett!"

Sie winkte ihn zu sich und nach einem kurzen Zögern betrat er den Raum und schob einen Stuhl zu ihr ans Bett: "Wie geht es Ihnen?"

"Besser," erwiderte sie und nahm seine Hand ihn ihre, "Sie haben mich hierher gebracht, oder?"

"Erinnern Sie sich?" er sah sie erstaunt an.

"Nicht wirklich, die Schwester hat es mir erzählt," lächelte sie verschmitzt und brachte so auch ihn zum Lächeln. Einen Augenblick wurde es still zwischen ihnen, dann ergriff sie erneut das Wort.

Diese Geste kam so unvorbereitet auf ihn zu, daß er fast zusammen gezuckt wäre.

"Danke," ihre Stimme war mehr ein Hauch.

Er sah sie an und spürte eine wohlige Wärme im Inneren. Er war ja so dankbar dafür, daß es ihr gut ging. Es verursachte in seinem Innern ein unglaubliches Glücksgefühl, welches er gar nicht beschreiben konnte.

"John?" ihre Stimme holte ihn wieder zurück und er sah sie erstaunt an, weil sie es bisher unterlassen hatte, ihn beim Vornamen zu nennen, "ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen."

"Weshalb?" er sah sie erstaunt an.

"Weil ich Sie nicht korrekt behandelt habe. Ich habe Sie immer spüren lassen, daß ich nur Mulder neben mir akzeptieren würde und nur ihm vertraue, aber die Wahrheit ist, daß ich mich getäuscht habe. Ich habe mich in Ihnen getäuscht, John, und ich mag Sie, auch wenn das vielleicht ein wenig dumm klingt. Ich bin froh, daß Sie mein neuer Partner sind und ich respektiere das, was Sie tun," sie holte Luft und John ebenfalls, "auch wenn ich Sie immer das Gegenteil hab glauben lassen."

"Wuhhhh..." John atmete aus, "Sie müssen sich nun wirklich nicht bei mir entschuldigen, Dana?!" er sah sie fragend an, ob es ihr auch Recht war, daß er sie beim Vornamen nannte, doch sie lächelte nur, "ich war Ihnen und Mulder gegenüber am Anfang nicht fair. Sie konnten nichts anderes von mir denken."

Sie schüttelte nur den Kopf und sah ihn an: "Schluß, John. Hören wir auf, uns gegenseitig in Schutz zu nehmen. Wir haben beide Fehler gemacht und die sind jetzt aus der Welt."

"Okay," er nickte und drückte ihre Hand.

Sie zog einmal sanft an seiner Hand und gab ihm zu verstehen, daß er sich zu ihr hinunter beugen sollte. John wußte nicht, was sie vorhatte und war sehr erstaunt, als sie sein Gesicht in ihre Hände nahm und ihn sanft auf die Lippen küßte.

John war perplex und bekam kein Wort mehr heraus. Was diese kleine energische Person mit seinen Gefühlen anstellte, war wirklich unglaublich.

Scully lächelte ihn an und sagte zum wiederholten Male: "Danke!"

Er richtete sich langsam wieder auf und sah sie an. Wenn er doch nur gewußt hätte, was in ihr vorging.

"Versprechen Sie mir was, John?" sie lächelte noch immer.

"Alles!" rutschte es ihm heraus, was ein leises Lachen ihrerseits zur Folge hatte.

"Lassen Sie uns noch mal von vorne anfangen, als Team."

John nickte: "Nichts lieber als das!"

Sie schloß die Augen und lehnte sich zurück: "Wir werden ein gutes Team sein!"

"Werden wir!" stimmte er ihr zu, "und wir werden Mulder finden!"

Sie holte tief Luft und er wußte, daß sie schwer mit ihrer Verzweiflung zu kämpfen hatte, doch ihre Stimme klang ruhig, als sie sprach. John bewunderte die Stärke dieser kleinen Person.

"Selbst wenn wir ihn nicht finden," sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, "werden wir weitermachen, oder?"

Sie schlug die Augen auf und sah ihn an.

John war verblüfft. Hatte sie das wirklich gesagt? Wollte sie wirklich ihre und Mulders Arbeit, ihr Lebenswerk mit ihm fortsetzen, falls... er dachte lieber nicht weiter. Die Gedanken an Mulder erinnerten ihn immer wieder daran, daß er sie dann als Partnerin verlieren würde.

"Werden wir?" seine Stimme klang belegt.

"Werden wir!" gab sie bestimmt von sich, "und wir werden den Aliens so richtig einheizen!"

Ein tiefes kehliges Lachen erklang aus seinem Mund und sie stimmte mit ein.

Es fühlte sich ja so gut an, ihren Respekt zu genießen, ihr Vertrauen. Er verstand mit einem Mal, warum Mulder sich in sie verliebt hatte.

Agent Dana Scully war eine herausragende Persönlichkeit und er schätzte sich glücklich, daß sie ihm ihr Vertrauen schenkte.

Sie lachten noch eine Weile über Scullys Kommentar und John dachte darüber nach, was er alles hatte anstellen wollen, um sich bei ihr zu profilieren, dabei war es so simpel gewesen.

Er hatte nur seinem Gefühl folgen müssen.





Ende
Wir hoffen, es gefiel. Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, eine DSR zu schreiben, doch es entwickelte sich immer mehr in eine Doggett PoV bzw. Friendship-Story. Wir denken, es ist besser so. Wer ein Sequel möchte, der möge sich bei uns melden!





DANKE FÜRS LESEN!!!
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