World of X

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Give a little, get a little

von Steffi Raatz

Kapitel 2

"Scully!" Mulders Stimme holte sie aus ihren Gedanken und ließ sie aufsehen.

"Morgen!", erwiderte sie mit einem zögernden Lächeln, während er sich zu ihr hinab beugte, um ihr einen Kuß auf die Wange zu geben.

"Oh, hast du ein Geschenk für uns?", grinste er sie an und sie betrachtete die Schachtel einen Augenblick ratlos.

"Nein", seufzte sie dann, "ich habe ein Geschenk von einem unbekannten Verehrer bekommen!"

"Verehrer?" Mulder sah von seinen Akten auf, die er gerade sorgfältig zu einem Chaos sortiert hatte.

"Mh, ja, eine Rose, aber kein Absender!", versuchte sie ihn zu ködern, doch in diesem Augenblick betrat Doggett den Raum.

"Schön! Freut mich für dich!", brachte Mulder schon wieder in Gedanken bei seinen X-Akten hervor und registrierte gar nicht Scullys verärgerten Blick.

"Morgen, Agent Scully!" Doggett reichte ihr die Hand, forderte sie jedoch nicht auf, aufzustehen.

"Ich arbeite nicht mehr hier. Bitte nennen Sie mich nicht mehr Agent Scully", lächelte sie ihn an.

"Okay, Ms. Scully!", erwiderte er und sie hätte sich vor Ärger fast auf die Zunge gebissen. Männer waren ja so überaus kompliziert und unausstehlich.

"Doggett!", schimpfte sie, "das ist doch nicht etwa Ihr Ernst!?"

Er grinste sie verlegen an und hängte seinen Mantel auf. Oh doch, stellte Scully ernüchtert fest, es war sein Ernst. Sein voller Ernst.

"Scully hat ein Geschenk von einem anonymen Verehrer bekommen...", warf Mulder belustigt in den Raum und registrierte gar nicht, wie er damit bei ihr Minuspunkte sammelte.

Doggett zog die Augenbrauen hoch und sah zu ihr hinüber. Etwas war in seinem Blick, was sie nicht deuten konnte. Belustigung? Wissen?

Doch er sagte nichts. Drehte ihr den Rücken zu und begann am Aktenschrank nach einer Akte zu suchen. Scully fühlte sich merkwürdig leer.

War vielleicht Skinner tatsächlich ihr Kandidat? Hatte er ihr die Rose geschickt? Aus Freundschaft? Aus mehr?

Scully wurde unruhig auf ihrem Stuhl.

"Vielleicht hat Skinner dir ja die Rose geschickt?", frotzelte Mulder und erntete einen giftigen Patentblick von seiner ehemaligen Partnerin.

"Hey... den hab ich vermisst!", grinste er und sah zu Doggett hinüber. "Haben Sie das gesehen? Das war der berühmt berüchtigte Ice-Queen-Blick!"

Scully stand ärgerlich auf und machte einen Schritt auf Mulder zu: "Hör endlich auf, mich für dumm zu verkaufen!"

"Hey, Scully, das war nur ein Scherz", versuchte er sachlich zu schlichten, doch sie war bereits auf hundertachtzig.

"Oh ja, auf meine Kosten!", zischte sie.

"Gott, ja, ich benehme mich absolut daneben!", brummte Mulder und sah sie mit seinem Dackelblick an. Scully musste gestehen, dass er diesen Blick wirklich gut drauf hatte und sie war ihm auch nur noch halb so böse.

Als er sie in die Arme zog und sie an sich drückte, war es um sie geschehen. Seine Entschuldigung traf sie mitten im Herzen und ihr "Schon okay", ging in seinem Hemd unter.

"Sehen wir uns heute Abend?" Mulder schob sie ein wenig von sich und sah sie an.

Scully nickte, sah aber anschließend zu Doggett hinüber, der mit seinen Fingern über die Schachtel strich. Er fühlte sich unbeobachtet, schloß Scully und räusperte sich.

"So, Agent Doggett, dann werden wir mal, ich denke, Skinner erwartet unseren Bericht", verkündete Mulder, gab seiner ehemaligen Partnerin noch einen Kuß auf die Wange und steuerte auf die Bürotür zu.

Scully wartete bis er den Raum verlassen hatte. Doggett war noch in der Tür.

"Agent Doggett?" Scully lächelte als er sich umdrehte.

"Ja?"

Sie ging auf ihn zu, reckte sich und gab ihm einen Kuß auf die Wange: "Danke, John!"

Ihr Blick wanderte zu der Schachtel und zurück zu John Doggett.

"Woher?", mehr brachte er nicht heraus, da stand Mulder schon wieder hinter ihm und drängte ihn, mitzukommen.

"Weibliche Intuition!", lächelte Scully und sah ihm hinterher, als er mit Mulder zum Fahrstuhl ging.

Sie wusste nicht, ob Mulder es bemerkte, doch John Doggett drehte seinen Kopf mehr als einmal um und sah zu ihr zurück.





Scullys Herz schlug hart gegen ihre Rippen und einmal mehr verfluchte sie es, dass es keinen Aufzug in ihrem Haus gab. Die Einkaufstaschen waren schwer und sie konnte sich einfach nicht daran gewöhnen, dass sie immer unselbständiger wurde in ihrer Verfassung.



Hinter ihr klappte eine Tür und Scully erschrak ein wenig, als ihr die Taschen aus der Hand genommen wurden.

"Stopp, ich helfe Ihnen!" John Doggett sah sie besorgt an.

"Wo kommen Sie denn her, John?", sie lächelte matt. Noch immer zitterten ihre Knie ein wenig.

"Ich wollte eigentlich... wegen heute Vormittag..."

Sie hatte John Doggett eigentlich nie stottern gehört, aber irgendwie machte ihn diese Unbeholfenheit in ihren Augen noch sympathischer.

"Lassen Sie uns erstmal rein gehen! Dann sehen wir weiter, ja?" Scully kramte den Schlüssel hervor und obwohl sie so ruhig und gelassen geklungen hatte, musste sie sich anstrengen, den Schlüssel ins Schloß zu bekommen. Ihre Finger zitterten zu stark.

"Soll ich?", seine Finger schlossen sich um ihre und für einen Augenblick starrte sie ihre Hand nur an.

"Geht schon", lächelte sie verkrampft und er ließ los. Die Tür öffnete sich auch prompt und landete mit Schwung an der dahinter liegenden Wand.

John spürte genau, dass es an ihm lag und so verwunderte es sie gar nicht, dass er nur die Sachen in ihrer Küche abstellte und dann gehen wollte.

"Nein", sie blieb standhaft. Er wollte was klären, also wurde kein Rückzieher genehmigt.

"Na gut, ich meine... puh..." Er wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn uns sah sie ein wenig ratlos an.

"Schwierige Situation?" Scully lächelte schief.

"Durchaus!", erwiderte Doggett und wanderte wie ein unruhiges Tier vor ihr auf und ab.

Scully blieb einfach stehen, abwartend, was geschehen würde. Wie würde er die Rose erklären?

"Dana, Sie... Sie sind eine tolle Frau und...", begann er und sie nickte geschmeichelt. 1:0 für Doggett. "Die Rose, ich wollte Ihnen nur meine... verdammt, ich mag Sie, Dana und deshalb hab ich Ihnen die Rose geschenkt. Ich wollte nicht, dass Ihr Freund Mulder etwas erfährt, schließlich sind Sie beide ja..." Er sprach nicht weiter, sondern fuhr sich nervös durch sein Haar.



Verdammt, diese Seite kannte sie gar nicht an Agent John Doggett. Er war bisher immer so unnahbar gewesen, so emotionslos... halt, rief sie sich zurück, er hatte Emotionen gezeigt, mehr als einmal. Und mit einem Mal wurde ihr klar, wann.

"John... ich und Mulder...", begann sie und wusste doch eigentlich gar nicht, was sie sagen wollte. Klar, da war mehr als Partnerschaft oder Freundschaft, doch sie war sich nicht mehr sicher, wieviel mehr.

"Ich weiß und damit kann ich leben", brachte er hervor, doch sie spürte seine Anspannung.

Scully begann nervös ihre Einkäufe einzuräumen. Wie sollte sie sich nur verhalten? Ja, sie liebte Mulder, zumindest hatte sie das gedacht und nun stand John Doggett hier und ihr Herz schlug so viel schneller.

"Ich glaube, ich gehe besser!", ertönte es hinter ihr von John und Scully spürte, wie ihr die Milchflasche aus der Hand fiel. Ein lautet Klirren erklang und zwischen ihren Füßen bildete sich eine weiße Pfütze aus Glasscherben und Milch.

Sie ging in die Knie und versuchte die Scherben aufzusammeln, doch John war sofort neben ihr, nahm ihr die Scherben aus der Hand und nahm ihr die Aufgabe ab.

Gib ein bisschen, nimm ein bisschen, Agent Scully... doch was hatte sie bisher gegeben, dass er ihr so viel gab?

"Alles okay mit Ihnen?", erklang seine Stimme direkt neben ihrem Ohr und ließ Schauer ihren Rücken hinunter laufen.

"Ja", hauchte sie schwach zurück und hob ihren Kopf, so dass ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter von einander entfernt waren.

Einen kurzen Augenblick sahen sie sich nur an. Scully spürte die Spannung zwischen ihnen, die Anziehung. Sie waren so nah bei einander, er brauchte nur noch seinen Kopf...

"Haben Sie irgendwo einen Lappen?" John ließ den Kopf sinken und begann weiter die Scherben einzusammeln.

"Ja..." Scully atmete tief durch und richtete sich auf. Ihr Kreuz schmerzte und wiedermal verfluchte sie ihren Umstand, wenngleich sie sich nichts sehnlicher gewünscht hatte.

John hörte ihr Stöhnen und richtete sich auf: "Wirklich alles okay?"

"Ja, nur mein Rücken", seufzte sie und preßte ihre Hände hinten in ihr Hohlkreuz, "schwanger zu sein, ist nicht immer angenehm..."

Er lächelte auf eine verstehende und fürsorgliche Weise und faßte sie an den Hüften. Als sie mit dem Rücken zu ihm stand, begann er langsam die schmerzenden Zonen zu massieren. Scully seufzte erleichtert auf: "Das können Sie gut!"

"Ja, meine Frau hat es geliebt", entgegnete er und Scully schloß die Augen. Wie schön es doch war, von einem Mann umhegt zu werden, der sich bereits mit Schwangeren und deren Problemen auskannte.



Nach einer kurzen Weile ließ er von ihr ab und sie drehte sich wieder zu ihm um.

"Das hätten Sie ewig so weiter machen können", ihre Stimme klang heiter.

"Die Milch trocknet ein!", erwiderte er und Scully stutzte.

"Wie?"

"Die Milch...", schmunzelte er und deutete auf die Pfütze am Boden.

"Ach ja", sie griff an ihm vorbei und holte einen Lappen aus der Spüle, "dann wollen wir mal."

"Sie nicht, ich werde das erledigen!", erwiderte er und ging vor ihr in die Knie.

"Ich bin nicht krank, ich bin nur schwanger!", platzte es aus ihr heraus.

John richtete sich wieder auf und warf den Lappen in das Waschbecken, sein Blick war ein wenig verärgert: "Das ist mir klar, Dana, aber Sie sollten sich bei gewissen Dingen einfach auch mal helfen lassen!"

"Sollte ich das?", sie sah ihn provozierend an.

"Dana, ich... Mensch, verstehen Sie doch, ich möchte nicht, dass Sie Ihr Kind verlieren!" Er seufzte und strich ihr eine Strähne aus der Stirn.

Scully war leicht irritiert durch die sehr vertraute Geste: "John, warum... es ist doch..."

Er lächelte: "Ist es so schwer zu begreifen?"

Scully spürte die Nähe von Doggett so intensiv, wie nie zuvor. Ihre Knie begannen zu zittern.

"Ich muß... der restliche Einkauf...", stotterte sie und er machte einen Schritt zur Seite, so dass sie zu den Einkaufstaschen gelangen konnte.

Schweigend begann sie die Taschen auszuräumen und die Lebensmittel in ihren Kühlschrank einzuräumen. John sah einen kurzen Augenblick unschlüssig zu, dann half er ihr, so dass sie in kürzester Zeit fertig waren.

"Ich werde dann mal gehen", Doggett sah die leeren Taschen an.



Die Arbeit war fertig, es gab keinen Grund, warum John Doggett hätte bleiben sollen, warum sie ihn hätte zum Bleiben auffordern sollen, dennoch wollte sie nicht, dass er ging.

"Einen Kaffee?", stieß sie eilig hervor und hoffte, er würde ja sagen.

John sah zu ihr hinüber: "Es ist besser, wenn ich gehe!"

Scully senkte ihren Blick. Ja, vermutlich war es besser, wenn er ging. Sie hatte ja sogar schlicht und ergreifend vergessen, dass sie Mulders Kind unter dem Herzen trug. Selbst wenn es nur eine künstliche Befruchtung gewesen war, so war es doch aus Liebe geschehen. Wie konnte sie das nur vergessen?

"Also bis dann...", kam es von John und er verließ die Küche.

Scully blieb stehen, verharrte in ihrer Position, bis die Wohnungstür zu fiel, dann holte sie tief Luft.

Was ging nur vor sich? Warum fühlte sie sich auf einmal so leer, so verloren?

Plötzlich hörte sie einen Schlüssel, der sich im Schloß der Wohnungstür drehte. Abrupt sah sie auf und horchte.



Die Tür öffnete sich und wenige Augenblicke später stand John in der Küche. Mit zwei Schritten war er bei ihr und sah ihr in die Augen: "Ich weiß, ich sagte, hereinzuplatzen sei unhöflich und verdammt, das mit Mulder macht mir was aus!"

Scully kam nicht mehr dazu etwas zu sagen. Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und zog sie zu sich heran, zu einem langen und sehr intensiven Kuß.

Scully spürte, wie ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Oh Gott, hatte sie sich wirklich so danach gesehnt? War alles wirklich darauf hinausgelaufen?

Ihre Arme schlangen sich wie selbstverständlich um Johns Nacken. Nein, sie wollte nicht, dass dieser Moment zu ende ging, sie wollte nicht, dass es endete. Nie mehr!

Als er von ihr ließ, waren ihre Wangen gerötet. Ihr Herz schlug so heftig gegen ihre Rippen, dass sie glaubte, man könne es in ganz Washington D.C. hören.

"Es tut mir leid...", begann John, seine Stirn gegen ihre pressend, "...nein, verdammt, es tut mir gar nicht leid!", korrigierte er sich dann.

Sie lächelte matt und glücklich. Oh nein, ihr tat es auch nicht leid, nicht so lange, sie nicht an Mulder dachte. Doch die Gedanken ließen sich nicht ausschalten oder verdrängen. Die Ernüchterung kam schnell.

Er spürte die Befangenheit, die von ihr Besitz ergriff und zog sie in seine Arme. An seine Brust geschmiegt spürte sie die ersten Tränen, die Verzweiflung.

Ja, sie empfand etwas Besonderes für Mulder, doch sie empfand auch für John ein zartes Band der Liebe. Wie nur, wie war das möglich?

"Wenn du möchtest, dann werden wir diesen Moment einfach vergessen, als sei er nie geschehen!", Johns Stimme klang nicht so kühl, wie sie vermutlich klingen hätte sollen und irgendwie beruhigte sie das.

"Nein, John", sie sah zu ihm auf, ließ ihn jedoch nicht los, "dieser Moment kann und soll nicht in Vergessenheit geraten, ich will es nicht! Und ich will auch nicht, dass du Mulder zu liebe einen Rückzieher machst!"

"Und dann? Ich spüre doch, dass du dir nicht sicher bist! Dana, du hast Ewigkeiten nach ihm gesucht, er ist der biologische Vater deines Kindes!" John faßte unter ihr Kinn und hielt ihren Kopf so, dass sie ihn ansehen musste.

"Ich weiß, aber die Frage ist, könntest du damit leben, dass ich das Kind eines anderen unter meinem Herzen trage?" Scully atmete tief durch.

John sog die Luft ein. Es war weiß Gott keine einfache Frage. Er hätte ihr jederzeit geantwortet, dass es ihm rein gar nichts ausmachen würde, wenn dieser jemand, der Vater ihres Kindes, nicht ausgerechnet Mulder gewesen wäre.

Scully nickte. Sie hatte ihre Bestätigung: "Du könntest es nicht akzeptieren, oder?"

"Doch, könnte ich, doch ich weiß nicht, ob ich dann noch mit deinem ehemaligen Partner arbeiten könnte", erwiderte er. Ja, und das war auch so ziemlich das, was er dachte. Doch, er konnte es akzeptieren, er wusste, es war nicht beim Liebesakt gezeugt worden, sondern im Reagenzglas. Mulder war der Spender... wenn er sich das dachte, dann war es ganz einfach. Und verdammt, wer war er denn schon? Dana war eine wunderbare Frau und seine Gefühle für sie saßen verdammt tief. Wenn er sie liebte, dann würde er auch das Kind lieben, egal wer der Vater war!

"Dana, ich..."

Scully hatte nicht gehört, wie sich die Wohnungstür geöffnet hatte. Vielleicht hatte John sie auch einfach aufgelassen. Aber das war jetzt alles egal. Mulder stand im Türrahmen und sah auf sie hinunter.

Im ersten Augenblick hatte sie das Bedürfnis, John loszulassen, doch als er keine derartigen Anstalten machte, unterließ auch sie es. Es war eh zu spät. Mulder musste sich bereits seinen Teil denken. Sie wusste ja auch gar nicht, wie lange er bereits hinter der Tür gestanden hatte. Was er alles gehört hatte...

"Agent Doggett, Scully...", seine Stimme klang kalt.

Scully schloß kurz die Augen und atmete tief durch. Was sollte sie sagen? War nicht eh alles zu spät?

"Agent Mulder", begann John und sie spürte, wie auch er sich anspannte, "es tut mir leid, dass Sie..."

"Dass Sie mir die Frau ausgespannt haben, Agent Doggett?" Mulder war verständlicherweise wütend.

"Das war nie meine Absicht...", wollte John sagen, doch sie schnitt ihm das Wort ab.

"Mulder", sie löste sich aus Johns Armen und ihre Hände glitten nur langsam auseinander, "ich habe so lange auf dich gewartet, ich habe so viel durchgemacht und dann war da auf einmal John, der für mich da war, der sich um mich kümmerte. Es ist nicht passiert, weil er mich dir ausgespannt hat, es ist passiert, weil ich erfahren musste, dass es noch andere Männer gibt, die aufopferungsvoll sind. Mein Leben lang warst da immer nur du, Mulder, doch dann kam ein anderer, der mich mit seiner Art erobert hat. 7 Jahre sind eine verdammt lange Zeit, Mulder. Ich hatte keine Kraft mehr, zu warten."

Mulder starrte sie an. Ihre Worte hatten ihn getroffen, doch ihr war mit einem Mal klar geworden, warum sie sich so zu John hingezogen gefühlt hatte, warum sie noch immer so empfand und sogar ihre große Liebe zurückwies. John Doggett hatte ihr das gegeben, was Mulder nie geschafft hatte. Er war, was seine Gefühle anging, offen und ehrlich gewesen, dennoch hatte er ihre Beziehung zu Mulder respektiert und auch ihre Schwangerschaft. Was wollte sie mehr von einem Mann? Vertrauen, Respekt, Zuneigung, Liebe? All das bekam sie von John, mehr noch als von Mulder in all den Jahren. Plötzlich fiel es ihr nicht mehr schwer, eine Entscheidung zu treffen.

"Mulder, ich werde mein Leben noch einmal neu beginnen, ohne X-Akten, ohne FBI. Ich bin nicht die Frau, die ohne Arbeit auskommt, vielleicht werde ich wieder als Ärztin anfangen oder als Pathologin, aber ich werde mein neues Leben mit John beginnen, vorausgesetzt er will das auch", ihre Stimme zitterte leicht.

"Habe ich denn eine Wahl?" Mulder schluckte hart. Ja, er wusste, er hatte die Chance vertan. Er hatte zu lange gezögert. Doch er war sich nie bewußt gewesen, welche Konsequenzen es haben konnte. Er hatte nie an einen Konkurrenten geglaubt. Die Erkenntnis kam zu spät und hatte einen bitteren Nachgeschmack.

In ihrem Inneren schrie ein kleiner Teil nach Mulder, schrie: "Ja, Du hast eine Wahl, kämpfe um mich!" Doch Mulder kämpfte nicht. Scully wusste es, als sie seinen Blick sah. Mulder würde nicht kämpfen, er hatte bereits aufgegeben.

Johns Hände legten sich auf ihre Schultern. Eine Geste, wie sie früher von Mulder gekommen wäre. Doch die Zeiten waren vorbei. In der letzten Zeit hatte er sie vernachlässigt, hatte sich mehr denn je den X-Akten gewidmet, jetzt wo sie schwanger und besonders empfindsam war.

"Unser Kind?" Mulders Frage holte sie aus ihren Gedanken zurück.

"Du kannst es immer sehen, wenn du willst!", erwiderte Scully und wusste, es war vorbei. Es gab kein Zurück mehr zu einer gemeinsamen Zukunft, zu einem Neuanfang.

Mulder nickte und sah John an. Nichts Feindliches lag mehr in seinem Blick, nur noch Traurigkeit und vielleicht ein wenig Neid.

John reichte ihm die Hand: "Lassen wir alle Feindseligkeiten Dana und dem Kind zuliebe fallen. Ich möchte mich mit Ihnen nicht bekriegen!"

Mulder nahm zögernd die Hand an.

Scully atmete ein wenig erleichterter durch, als sie die Geste sah, doch Mulder zog Doggett zu sich heran und fixierte ihn: "Ich schwöre Ihnen, wenn Sie Dana im Stich lassen, dann werde ich Sie zur Strecke bringen!"

Scully schob die beiden Männer auseinander und küßte Mulder auf die Wange: "Sei vernünftig!"

Widerwillig nickte er und drehte sich dann um, verließ den Raum. Sie sah einen geknickten Mann gehen und auch wenn ein Teil in ihrem Inneren noch immer Liebe für ihn empfand und ewig empfinden würde, so wusste sie, dass sie mit John den richtigen Mann gewählt hatte.

"Wer hätte das noch heute morgen gedacht, Agent Scully?", lächelte John matt. Er wusste, er war der Sieger und dennoch blieb das Triumphgefühl aus.

"Wer hätte das gedacht, als wir uns vor einem halben Jahr das erstemal trafen, Agent Doggett?", lächelte sie mit einem melancholischen Gefühl in ihrem Inneren zurück.

Ihre Hände verschlangen sich ineinander und ihre Münder trafen sich zu einem zärtlichen Kuß.

Die Entscheidung war gefallen, ob es die richtige war, würde die Zeit ans Licht bringen...


Ende
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