World of X

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Im Einzelnen liegt die Macht der Erkenntnis

von Steffi Raatz

Kapitel 2

"Das Leben ist zu Dingen fähig, die gehen über unseren Verstand. Es ist an der Zeit, zu erkennen, daß wir das Leben nicht ändern können, sondern nur uns."



Sie wußte, der Augenblick würde kommen, ihre Vision würde sich erfüllen und dem Platz machen, wovor sie am meisten Angst hatte. Die Erkenntnis, daß es tatsächlich Angel gewesen war, der den Tod in ihrer Vision fand. Wenn sie doch nur erkennen hätte können, wer der andere Mann gewesen war, doch er hatte mit dem Rücken zu ihr gestanden. Jede Hoffnung auf eine Erkenntnis blieb ihr versagt - vorerst.

Vertraute Hände legte sich um ihre Hüften, warmer Atem, so bekannt und doch so fremd glitt über ihren Nacken. Sie spürte seine warmen Lippen auf ihrer empfindlichen Haut, das wohlige Gefühl in ihrem Körper.

Noch immer wußte sie nicht, woher er kam und wer er war, doch ihr Schicksal schien mit einander verbunden, so unsinnig es in ihren eigenen Ohren klang. Obwohl sie nichts miteinander abgesprochen hatten, hatte sie ihn erwartet und er war erschienen.

"Ich fühle mich, als wäre ich zu Hause angekommen", warm und wohlig lief es ihr den Rücken hinab, obgleich seiner Worte.

"Dann bleib", erwiderte sie mit einer Sanftheit, die sie sich selbst nie zugetraut hätte und er blieb...





"Die Wahrheit kann uns Fürchten lehren und so manches erscheint nicht mehr so, wie es noch Augenblicke vorher war..."



Cordelia hatte beschlossen, Angel zu folgen. So furchterregende Gefühle ihre Vision auch hervorgerufen hatten und so sehr sie diesen Moment nicht miterleben wollte, so sehr hoffte sie auch, mit ihrer Anwesenheit das Schlimmste verhindern zu können.

Wesley folgte ihr, gab ihr Halt so gut er konnte. Eigentlich hatte sie ihm nichts erzählt. Nicht, daß sie Angel hatte sterben sehen, dennoch schien er es zu spüren. Dankbar für sein Stillschweigen und seine Kraft blieb sie dicht bei ihm.

So ging es Stunde um Stunde und nichts geschah. Fast glaubte sie, ihre Vision sei nicht wahr geworden, da erkannte sie die Halle wieder. Angel war einem Vampir gefolgt, wollte ihn töten, da sah sie ihn. Groß, stattlich und mit einer Ruhe, die unbeschreiblich war.

Angel stand ihm gegenüber, sprach mit ihm, beruhigend, beschwörend, doch der Fremde zog einen Pflock, ließ sich nicht beirren.

Seine Stimme erklang und Cordelia zuckte zusammen. Das war er. Das war der Mann, der sie Nacht um Nacht begleitete. Er, der ihrem Leben einen Sinn gegeben hatte.

"Nicht!", sie stürmte aus ihrem Versteck, Wesleys Versuche, sie abzuhalten, ignorierend.

Beide Männer drehte sich um. Ihre Köpfe ruckten in ihre Richtung.

"Cordelia!", tönte es aus beider Mündern und ein bitteres Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

"Du darfst nicht..." weinte sie und ließ sich in die Arme ihres Liebhabers fallen.

Sie fest an sich pressend, ließ er seinen Blick zu Angel schweifen, erkannte dessen verwirrtes Gesicht und schwieg.

"Du darfst ihn nicht töten!", erklang es aus ihrem Mund. Sie hatte sich beruhigt, ihre Tränen waren getrocknet, der Schock verdaut.

Er sah sie an, fragend, nicht verstehend, was vor sich ging. Verwirrt, weil es sonst keine Fragen zwischen ihnen gab: "Warum nicht?"

"Er mag ein Vampir sein, doch er ist mein Freund. Bitte Fox, sei bedacht. Angel tut gutes, ist gut!", sie fuhr ihm zärtlich über die Wange, ihre Worte noch mehr betonend.

"Er ist Dein Freund?", die Frage klang weder bitter, noch ungläubig.

"Ja, bitte, er ist gut! Hör Dir seine Geschichte an!", ihr Blick schweifte von Angel zu Fox und wieder zurück, eine Reaktion erwartend.





"Für einen Augenblick scheint die Zeit still zu stehen, für einen Augenblick scheint alles zu verschwimmen und nur das Leben selbst scheint die Antwort zu kennen."



Fox seufzte: "Okay, wenn er Dein Freund ist, dann... dann werde ich ihm nichts tun."

Ein Lächeln, einer Sonne gleißendem Strahl gleich, legte sich auf ihre Lippen, wärmte ihn und sein Herz bis auf die Tiefen seiner Seele.

"Na da bin ich ja erleichtert", keuchte Wesley, außer Atem durch seinen Spurt.

Angel sah seinen Gegenüber mißtrauisch an. War er wirklich so leicht zu überzeugen? Was ging vor zwischen diesem Mann und Cordelia? Woher kam er? Woher wußte er, daß es Wesen wie ihn gab?

Angel ging auf ihn zu, sah wie er den Pflock in seinen Mantel steckte und reichte ihm in Freundschaft, nein, eher in Frieden die Hand.

Cordelia schwieg, atmete flach, bittend, hoffend, ihre Freunde mögen sich verstehen. Dann ergriff ihr Liebhaber die Hand ihres Freundes und ihr Herz schien zu vergehen. Freunde, strahlte es aus ihrem Herzen, Freunde.

"Mein Name ist Angel. Ich bin... na ja, Sie wissen es ja schon... ein Vampir", ein bitteres Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

"Fox Mulder, Agent Fox Mulder, ich bin vom FBI. Auf der Jagd nach Vampiren, wie sie ja auch schon wissen", das Lächeln auf Mulders Lippen hätte nicht bitterer sein können.





"Die Not ist eine bittere Erfahrung, kann Freunde trennen und doch führt sie manchmal zusammen, was zusammen gehört... und aus Feinden werden Freunde."



Die psychische Distanz zwischen den beiden Männern hätte nicht größer sein können. Mißtrauen, Fehleinschätzungen und Fragen standen in der Luft, schienen das Atmen zu erschweren.

"FBI?" Angel sah seinen gegenüber mißtrauisch an, "und dann schlagen Sie sich mit Vampiren herum?"

"Ich arbeite an sogenannten X-Akten. Besondere, außergewöhnliche Fälle, die nicht zu erklären waren oder sind. Vampire sind eines dieser Phänomene, die in den X-Akten beschrieben werden", lamentierte Mulder.

"Ha! Phänomen!", rutschte es Cordelia heraus und Mulder lernte zum erstenmal ihre blasierte Art kennen. Seine Augenbrauen schoben sich in die Höhe, erstaunt, irritiert.

"Cordi!", zischte Wesley und schob sie beiseite. Die beiden Männer sahen sich wieder an.

"Ich habe mit Cordelia und Wesley eine Detektei aufgemacht, Angel Investigations. Vielleicht können wir uns gegenseitig helfen, statt einander im Wege zu stehen?", ergriff der Vampir das erste Wort.

"Üblicherweise gehe ich meine eigenen Wege - allein!", erwiderte Mulder und während dessen umkreisten sich die beiden Männer fast wie Raubkatzen.

"Üblicherweise gehe auch ich allein meine Wege!", zischte Angel gefährlich.

Hinter ihnen erklang ein Geräusch. Gefährlich, zischend. Erklang ein Geräusch, das beide in Unruhe versetzte.

Mulder zog seinen Pflock hervor, Angel den seinen. Kreisend, sich fixierend und doch die Umgegend beobachtend, wechselten sie die Positionen.

Cordelia und Wesley wichen zurück, suchten ein Versteck hinter Kisten und Tonnen, den Blick nicht von den beiden Männern lassend.

Vier Vampire mit gebleckten Zähnen, blutdürstig und zu allem bereit, stürzten heran, nahmen die beiden bewaffneten Männer in die Mitte.

Angel und Mulder fixierten sich weiter, sahen zwar den Gegner, beobachteten diesen, stritten aber dennoch eher ihren eigenen Kampf aus.

Die Wesen griffen an, zwei auf jeden, doch Angel wurde mit ihnen fertig und Mulder ebenso. Zwei Männer eine Mission, beide Gegner und dennoch im Kampf vereint. Sie streckten sie nieder, kannten keine Gnade. Die Schlacht wurde geschlagen, gemeinsam gegen eine übernatürliche Macht.

Die Vampire fielen, zurück blieb nur der Staub und zwei Männer, die sich betrachteten, beobachteten und einzuschätzen versuchten. Ihr eigener persönlicher Kampf.

"Vielleicht..." Angel reichte seinem Gegenüber die Hand.

"...eigentlich..." Mulder nahm die Hand an.

Und so standen sie, die Männer, die Cordelia verehrte, deren Seelenfrieden ihr so viel am Herzen lag und schlossen einen stillen Pakt des Vertrauens.

Sie hätte jubeln mögen, doch sie tat es nicht, schaute ehrfürchtig zu ihnen auf und betete um Frieden.

"Vielleicht ist dein Kerl ja doch kein so schlechter Mensch", erklärte Wesley neben ihr und sie strafte ihn mit einem grimmigen, aber fröhlichen Blick.

"Er ist kein Kerl, er heißt Fox!"





"Die Zeichen kommen unbeständig, es beginnt ganz langsam, fast unbemerkt und je mehr Faktoren auf einander treffen, desto klarer wird der Weg..."



Angel und Mulder, ein Team, dessen Gegner Schrecken erfuhren. Ein Team ungeschlagen und seines gleichen suchend. Cordelia war stolz, übermächtig stolz und unglaublich glücklich die beiden Männer zu kennen. Eine Woche schlugen sie sich nun schon gemeinsam durch den Sumpf, den Abschaum L.A.'s. Mulder, ein Mann, dem es Vergnügen bereitete ungewöhnliche Dinge zu entdecken, der immer wieder fasziniert war, wenn er einen anderen Dämonen sah. Mulder, Fox, der Mann, der so zärtlich sein konnte, der sie verstand und ihre Gabe, die Visionen akzeptierte. Ein Mann wie ein Zauber, so stark und doch so sanft.

Cordelia hätte noch Stunden von ihm schwärmen können, aufzählen können, wie sehr er ihr gefiel. Glücklich, den Mann ihrer Zukunft gefunden zu haben, lehnte sie sich zurück.

"Was denkst Du, warum ist er hier?", Wesley's Stimme drang zu ihr durch. Leise unbeständig.

"Ich will es nicht wissen. Er ist hier, das zählt!", erwiderte sie.

"Und wenn er nur geschickt wurde, um Angel zu töten?", Wesleys Stimme war ruhig.

"Bitte, Wesley! Er ist nicht hier, um schlechtes zu tun. Wer kann ihm denn verübeln, daß er Angels Tod herbei wünschte? Angel ist ein Vampir! Wesley, wer kennt schon einen guten Vampir!", brachte sie emotionsgeladen hervor.

"Wir!", argumentierte Wesley kurz und knapp.

"Ja", erwiderte sie, "wir und nur wir!"

"Meinst Du nicht, er wird seine Mission, seinen Auftrag irgendwann erfüllt haben?", er war ihrer müde.

Sie schwieg. Dachte über seine Worte nach und schauderte.





"Das Leben ist wie eine Achterbahn. Oft kommt man nach vielen Höhen und Tiefen wieder dorthin, wo man begonnen hat."



Angel und Mulder betraten den Raum. Ein Lächeln lag um beider Lippen. Der Kampf war geschlagen, der Feind vernichtet.

"Hey!", Cordelia warf sich Mulder in die Arme, ließ sich ihre augenblickliche Verzweiflung über Wesleys Worte nicht anmerken.

"Hallo, schönes Kind!", lachte er und küßte sie zärtlich.

Wesley und Angel sahen sich an, schüttelten amüsiert die Köpfe, wenngleich beide einen Gedanken im Hinterkopf hatten... wie lange noch.

Mulders und Cordelias Augen begegneten sich, zärtlich, vertraut.

Wesley und Angel staunten einmal mehr über ihre Freundin, die sich im Zuge der Partnerschaft mit dem FBI-Agenten zu einer ruhigen, gar nicht mehr blasierten Persönlichkeit gewandelt hatte.

"Fox, ich habe einen Anruf aus Sunnydale bekommen, meine Mutter möchte Dich kennenlernen und ich dachte..." Cordelia fiel in einen Schwall von Worten, aufgeregt, fast unkoordiniert.

"Shhhh... meine Liebe, mein Engel... es... oh wie soll ich es Dir nur sagen?", Mulder rang um Worte.

"Was, was willst Du mir sagen?", ihre Stimme bebte in weiser Vorahnung.

Er sah zum Boden, spürte, wie sein Herz zu zerbrechen drohte, wie sein Leben schier den Sinn verlor. Doch es gab keine Wahl. Er hatte einen Auftrag, einen Weg, den er zu Ende bringen wollte. Und so sprach er, ruhig und doch mit zitternder Stimme: "Cordelia, mein Auftrag ist erledigt. Ich war auf der Jagd nach einem Vampir und ich fand Angel. Ihn, den man mir beschrieb in meinen Akten. Der Auftrag ist erfüllt, L.A. durch Angel sicher. Ich bin schon viel zu lange hier. Konnte mich nicht trennen wegen der Faszination Eurer Arbeit und wegen Dir. Du hast mich hier gehalten, doch..."

Ihre Hand legte sich sanft auf seine Lippen, hielt ihn davon ab, weiter zu sprechen. Die Tränen in ihren Augen brachen ihm fast das Herz. Ein Beben war in ihrer Stimme, ließ ihn vermuten, daß auch ihr Herz brach: "Fox... wenn Du gehen mußt. Ich verstehe es."

Er nickte, wollte gehen, doch dann blieb er noch einmal stehen. Mit seinen starken Armen zog er sie zu sich heran, berührte ihre Lippen zärtlich und doch besitzergreifend mit seinen. Ihr Atem stockte, ihre Knie gaben nach. Er war der Mann ihres Lebens, sie wußte es. Konnte sie ihn gehen lassen? Konnte sie?

"Bei Dir bin ich zu Hause, ich fühle es", flüsterte er und preßte seine Stirn gegen ihre.

"Ja..." hauchte sie sanft.

"Und wenn ich meine Mission erfüllt habe, dann werde ich wieder bei Dir sein!"

Das Versprechen schwebte in der Luft, als sie ihn von sich schob und gehen ließ. Das Versprechen war so warm, so zart und gab ihr so viel Hoffnung.

Mulder sagte seinen Freunden, Wesley und Angel Lebewohl, dann folgte er seinen Instinkten und verließ das Büro.

Cordelia fühlte sich furchtbar, als wäre sie wieder dort, wo ihr Schicksal begann. Einen Augenblick vor Mulders Erscheinen, einen Augenblick zu weit.

Ihre Stimme war ein Flüstern, ihre Kehle so trocken als sie sprach, doch man hörte die Hoffnung, die tief in ihrer Seele ihren Ursprung hatte: "Er wird wieder kommen. Ich weiß es."





"Im Einzelnen liegt die Macht der Erkenntnis und ist es soweit, bekommt das Leben einen neuen Sinn..."



Tief in ihr drin, da wußte sie, daß er nicht anders handeln konnte. Daß sein Weg ihm vorbestimmt war. Ja, tief in ihr drin, da war ein Platz, an dem er niemals fort sein würde.

Und sie wußte, er würde zurück kehren. Sie erkannte ihr Schicksal mit einem Male und es tat gut zu wissen, wohin der Weg sie führen würde.



Ende
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