World of X

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Hope

von Stefan Rackow

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Es erschiene mir falsch, würde ich das, was da noch kommt, mit einem Wimpernschlag hinfort wischen und so tun, als wäre alles in Ordnung. Das wäre gelogen und falsch.

Nein, ich versuche, mich dem Schicksal zu beugen, wenngleich in diesem Augenblick in mir eine kleine heile Welt zusammenzubrechen droht; sie droht, zu einem Trümmerhaufen zu verkommen, einer Ruine, in der nur noch die Seele des Alten, des Ehemaligen lebt.

Und auch das wird irgendwann in naher Zukunft nur noch eine Erinnerung sein, die alleine durch die Wüste der Verzweifelung wandert, auf der Suche nach Vertrautem, nach Rat und Schutz. Alleine. Alleine auf weiter Flur.

Ich blicke zu Scully, wie sie neben mir liegt, sehe in ihre vertrauten Augen, streichele ihren Kopf, und sie lächelt mich an und lässt mich einen Augenblick vergessen, dass das Schicksal draußen in der Welt schon längst seine Finger nach uns ausgestreckt hat und im Innbegriff ist, uns mit sich zu ziehen.

Ich vergesse für einen Augenblick alles.

„Woran denkst du?“

Ich blicke sie an und versuche zu lächeln.

„An nichts“, sage ich leise und merke zu spät, dass diese Antwort so viel mehr aussagt, diese zwei Worte so viel mehr an Aussagekraft besitzen, als ich es eigentlich vorgehabt hatte. Verlegen senke ich den Kopf.

„An uns“, gestehe ich ein, und dieses Mal sind die zwei Worte ehrlich.

„Und?“

Ich bewundere ihren Mut, ihre Gelassenheit. Sie weiß, ebenso wie ich, wie es um die Zukunft steht, und doch bleibt sie ruhig.

„Ich habe nur an unser erstes Treffen gedacht. Damals. Wir kamen zu demselben Ort wie jetzt. Einem Motel. Vieles erscheint im Nachhinein so gleich, so ähnlich. Und doch ist alles anders.“

„Ja“, sagt sie leise und rückt etwas näher zu mir. Ich spüre ihre beruhigende Wärme, als sie sanft meine Wange streichelt und spricht: „So ähnlich, und doch so anders.“

In diesem Augenblick wird mir allmählich klar, was genau anders ist im Vergleich zu damals, und der Gedanke wird immer klarer.

„Erinnerst du dich noch an meine Worte von vorhin?“

Sie sieht mich verwundert an.

„Du sagtest, vielleicht gibt es noch Hoffnung.“

„Eben das.“

Ich nehme sie sanft in den Arm und küsse sie auf die Stirn.

„Auch dann, wenn alles verloren scheint, wenn sich der Boden aufzutun scheint und einen zu verschlingen droht, sollte man niemals glauben, dass es keine Hoffnung mehr gibt.“

Scully sagt nichts. Ich spüre ihr Herz, wie es ruhig und gleichmäßig in ihrem Körper schlägt. Gelassen.

„Denn Hoffnung kann in vielerlei Weise in Erscheinung treten“, fahre ich fort und schmiege mich fest an sie. „Manchmal ... manchmal erscheint sie in Gestalt einer Person. Einer vertrauten Person. Einer Person, die einem selber zeigt, dass es falsch ist, aufzugeben. Die einem, da man sich einsam und hilflos fühlt, durch ihren eigenen Mut, die eigene Gelassenheit zeigt, dass man niemals, niemals an der Kraft, die in einem schlummert, zweifeln sollte. Und so aussichtslos die Lage auch erscheint – die Hoffnung stirbt zuletzt. Mit einem. Irgendwann. Aber nicht jetzt.“



Sie verharrt stumm und zwinkert einmal, bevor sie sich mir wieder zuwendet. Ich weiß, dass sie verstanden hat, denn sie lächelt mich an und küsst mich.

Und die vormals in ihr schlummernde Kraft, die Liebe, durchströmt mich in diesem Augenblick, lässt mich hoffen, erschafft in meinen Gedanken eine eigene kleine Welt, in der noch alles normal ist.

Ich durchstreife diese Welt, gehe jeden Weg dreimal, werde eins mit dem Vertrauten, dem Alten und schließe glücklich die Augen.

Denn ich weiß, dass das Schicksal in diesem Moment die Finger nach uns ausstreckt, uns aber nicht zu fassen kriegt, da wir an einem anderen Ort sind.

Irgendwo.

Für einem kurzen Augenblick der trauten Zweisamkeit.




~ Maybe there is hope …~









~ENDE~
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