World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

9x02 - Primigenia

von Kinona, Steffi Raatz

9x02 - Primigenia (2)

************





Monica nickte ihrem Partner zu und stieg aus dem Ford Taunus aus, während dieser sich nach einem geeigneten Parkplatz umsah.

Las Vegas war nicht unbedingt ihr Traumort, aber eine gewisse Faszination konnte sie den Lichtern und Reklameschildern nicht absprechen.

Wenige Augenblicke später sah sie dann auch ihren Partner auf sich zu hasten. Er trug einen schwarzen Mantel und seinen dunkelblauen Anzug, was ihn deutlich von der breiten Masse abhob. Nicht, dass sie selbst nicht auch aufgefallen wäre, aber ihr Partner stach mit seinem präsenten Erscheinungsbild meistens hervor. Monica lächelte kurz darüber, dass sie sich selbst nur wieder einmal bestätigt hatte, dass ihr Partner auf seine Weise sehr attraktiv war, ehe sie ihm ein Stück entgegen ging.

Mittlerweile hatte John das Tempo verlangsamt und sah sich in der Gegend um. Das Kasino direkt neben ihm lud dazu ein, den Jackpot in Höhe von 10 Millionen Dollar zu knacken.

Manchmal fragte er sich wirklich, ob er den falschen Beruf hatte.

Monica stieß ihn sanft von der Seite an und deutete auf das Plakat, welches er noch immer bestaunt hatte: "Kann es sein, dass wir den falschen Beruf haben?"

John schnaufte nur kurz und richtete dann seinen Blick wieder auf die Straße. Das Four-Seasons war genau auf der gegenüber liegenden Seite. Kaum zu glauben, dass jemand wie Jeremia Denson dort Zutritt erhalten hatte.

"Geld öffnet alle Türen", raunte seine Partnerin neben ihm, "wollen wir sehen, ob sie uns rein lassen?"

Wieder kam nur ein Schnaufen von John. Mit Sicherheit waren sie alles andere als gerngesehene Gäste. Nicht nur, dass einer ihrer Gäste sie scheinbar geprellt hatte, nein, jetzt kam auch noch das FBI und forschte nach. Er konnte sich die verärgerten Gesichter geradezu deutlich vorstellen, während er mit seiner Partnerin die Straße überquerte.

"Dann wollen wir mal", seufzte Monica und ging voran durch die Drehtüren des Hotels. John folgte ihr dicht auf.



Die Lobby des Hotels war geschmackvoll und nicht gerade spärlich eingerichtet. Ein kleiner Springbrunnen in der Mitte der Halle, um den eine gepolsterte Sitzreihe angelegt war, lud zum Sitzen ein, während zwei große Palmen den Treppenaufgang zum Restaurant zierten.

Es herrschte reges Treiben im Foyer und für einen Augenblick war sich John nicht sicher, ob sie wirklich richtig verstanden hatten, dass Jeremia Denson hier abgestiegen war.

Seine Partnerin steuerte hingegen zielstrebig auf die Rezeption zu, wurde dabei fast von einem Pagen mit einem Wagen voller Gepäck überrannt und mußte sich bei einer älteren Dame entschuldigen, auf deren Pekinesen sie wegen des Vorfalles fast getreten wäre.

Alles in allem konnte sich John Doggett kaum ein Lachen verkneifen. Die Show die Agent Reyes ihm dort bot, übertraf bei diesem Fall bisher alles. Erleichtert stellte er nebenbei fest, dass er das Lachen noch nicht verlernt hatte. Die letzten Wochen hatten ihn mehr getroffen und ernster gemacht, als er es sich hätte in seinem ganzen Leben vorstellen können.

Als Monica ihn schließlich mit einem grimmigen Gesichtsausdruck ansah, beschloß er, ihr zu folgen. Obwohl er sowohl den Fall, als auch Monicas Engagement als nicht relevant erachtete, konnte er sie nicht hängen lassen. Zum einen hatte er es Dana versprochen und zum anderen war er mittlerweile wild entschlossen, die X-Akten zu behalten und gerade deshalb konnte er keinen Fall ignorieren, der ihm nicht außergewöhnlich genug erschien.

Als er endlich neben seiner Partnerin stand, winkte diese bereits einen der Angestellten zu sich herüber.

Sichtlich brüskiert über die Art und Weise, wie die Agentin auf sich aufmerksam machte, wandte sich ein großer blonder Mittvierziger ihnen zu.

"Kann ich Ihnen behilflich sein?", seine Stimme klang nicht nur distinguiert, sondern auch noch recht entnervt.

John begutachtete interessiert die große Schramme, die seine Wange zierte und noch nicht sonderlich alt zu sein schien.

"Wir sind vom FBI. Agent Reyes", sie zückte ihren Ausweis und nickte in Johns Richtung, "und Agent Doggett. Wir hätten ein paar Fragen an Sie!"

Ihr Gegenüber strich seine Weste glatt und machte sich gerade: "Ich hoffe, Sie kommen wegen diesem Betrüger, der unser Hotel um einige tausend Dollar geprellt hat!"

Monica zog eine Augenbraue hoch und sah ihren Partner an. Jeremia Denson hatte sichtlich keinen guten Eindruck hinterlassen.

"Wenn Sie Jeremia Denson meinen", begann John, wurde aber sogleich wieder unterbrochen. Ihr Gegenüber reagierte sehr heftig, als der Name fiel.

"Dieser Betrüger hat unser Haus um mehrere tausend Dollar betrogen und zudem eine Schlägerei angezettelt! Können Sie sich eigentlich vorstellen, wieviel die Mahagoniverkleidung an den Flurwänden kostet? Nein? Ein Vermögen! Drei teure Vasen, ein Kronleuchter, mehrere Spiegel, die Mamorverkleidung im Fahrstuhl, der Teppich im Flur des zehnten Stockes. Ein Vermögen! Und ich bin noch nicht einmal fertig. Drei meiner Angestellten sind krankgeschrieben, weil sie mit den Verletzungen nicht mehr arbeitsfähig waren. Zwei meiner Mitarbeiter haben gekündigt. Wissen Sie eigentlich, was wir für einen Ruf zu verlieren haben?", strömte es aus ihrem Gesprächspartner hervor.

John wurde augenblicklich klar, dass sie den Manager des Hotels vor sich haben mußten, aber noch etwas anderes wurde ihm klar. Jeremia Denson schien das Unglück magisch anzuziehen.

"Sir, wir...", Monica versuchte einen zweiten Anlauf, ihre Frage zu stellen, doch auch sie wurde unterbrochen.

"Und dann schleppt dieser Mensch hier auch noch Prostituierte an. Ich habe so etwas mein Lebtag noch nicht erlebt. So eine Schande für unser Haus!"

"Entschuldigen Sie, ich kann ja Ihre Wut verstehen", wandte John nun etwas energischer ein, "aber warum haben Sie Jeremia Denson als Gast aufgenommen, wenn Sie nichts von ihm hielten?"

"Weil er Geld hatte, viel Geld. Wir haben viele spleenige Gäste. Wir dachten, Mr. Denson sei auch ein etwas durchgedrehter Millionär, doch wie sich herausstellte, war er nur ein Betrüger und offensichtlich noch mehr, wenn das FBI nach ihm sucht", erklang die verbitterte Stimme des Managers.

"Nun ja", Monica lächelte schief, "im Prinzip suchen wir weniger nach Mr. Denson, sondern nach einer Kette, die er trug."

"So?!", der Manager kniff die Augen zusammen und wirkte mit einem Male noch wütender, "hätten wir eine Kette gefunden, hätten wir ihren Wert geschätzt und als Pfand behalten. Aber dem ist nicht so. Zufrieden?"

"Ich denke, wir haben dann alles erfahren, was wir wollten", brachte John vorsichtig ein und drängte seine Kollegin in Richtung Ausgang, "aber danke, dass Sie uns geholfen haben."

Monica folgte der Aufforderung ihres Partners widerstandslos und sah ihn nachdenklich an.

"Wenn uns die Befragten immer freiwillig und ohne Aufforderung die Antworten auf unsere Fragen liefern würden, dann hätten wir schätzungsweise ein leichtes Leben."

"Sicher", zischte John, "vermutlich würde es dann keine X-Akten mehr geben und wir würden weg rationalisiert werden."

Monica zuckte mit den Schultern: "Okay und jetzt?"

"Zu diesem Einkaufsmarkt. Es scheint so, als habe Jeremia Denson Recht. Nicht nur sein Geld wurde gestohlen, sondern vermutlich auch diese mysteriöse Kette", erklang sein New Yorker Slang neben ihr.

"Sie glauben noch immer nicht so Recht an diesen Fluch, nicht wahr?" Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

"Haben Sie etwas anderes von mir erwartet?" Er sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihr hinüber.

Seufzend mußte sie einräumen, dass sie das tatsächlich nichts anderes von ihm erwartet hatte.

"Man darf doch noch hoffen, oder?", lächelte sie ihn matt an.





************





Völlig außer Atem blieb Jules stehen. Sie preßte ihre Hand an die linke Hüfte und versuchte die Seitenstiche zu kompensieren, in dem sie mehrmals tief ein und aus atmete. In ihrer Jugend hatte sie in Oregon Leichtathletik betrieben und war entsprechend fit gewesen, jetzt jedoch hatte das unstete Leben als Animiermädchen und Prostituierte seinen Tribut gezollt. Zudem waren die Taschen, die sie von ihrer Einkaufstour mit sich herumtrug, äußerst schwer, ganz zu schweigen von der Tasche mit den Geldscheinen. Jules sah auf ihr Gepäck hinab und seufzte schwer. Sie hatte viel Geld, viele neue schöne Kleider und andere Dinge, die sie im Superstore ergattert hatte, was wollte sie eigentlich mehr? Ihr ging es doch ausgezeichnet. Doch dann fiel ihr Blick auf ihre Kleidung, auf ihr Gesicht im Schaufenster des Geschäftes neben sich. Sie sah müde aus, müde und heruntergekommen, wenn sie sich nichts vormachen wollte. Sie brauchte diese Kette, damit sie aussteigen konnte. Aussteigen und neu anfangen mit einer kleinen Ranch in den Bergen, ein paar Rindern und Pferden. Das Geld in der Tasche war schön, aber es reichte nicht, um ihr ihre Vorstellung vom Leben zu ermöglichen.





************





John parkte den Wagen in der Halteverbotszone und zog dabei ärgerliche Blicke einer der Ladenbesitzer auf sich, der sein Geschäft in dem vierstöckigen Gebäude hatte. Seine Partnerin sah ihn kurz nachdenklich an, schien dann aber genau wie er zu der Erkenntnis zu kommen, dass eine Parkplatzsuche zu lange andauern würde.

Sie verließen beide den Wagen, ignorierten die Politesse, die ihnen einen Strafzettel an die Windschutzscheibe klebte und steuerten den Eingangsbereich des Einkaufszentrums an. Monica deutete wortlos auf Stoffetzen, zerrissene Plastiktüten und Blutflecken auf dem Beton vorm Eingang, während John wissend nickte und weiterging.

Noch bevor sie die elektronischen Schiebetüren erreicht hatten, stürmte ihnen ein junger Mann in einem schwarzen Nadelstreifenanzug entgegen und reichte ihnen abgehetzt die Hand.

"Sind Sie die Agents vom FBI, mit denen ich eben telefoniert habe?", atemlos schüttelte er erst Monica und dann John die Hand, so dass diese ihnen fast abfiel.

Mit ein paar Lockerungsübungen versuchte die Agentin anschließend das leichte Ziehen aus ihrer Hand zu bekommen.

"Die sind wir, Mr. Finesteen, wenn ich mich recht entsinne." John nickte ihm zu.

"Ja, ich bin der stellvertretende Manager dieses Einkaufszentrums und ich nehme mal an, dass Sie explizit wegen der Schlägerei vorhin hier sind und nicht wegen der großen Auswahl", ein breites Grinsen säumte das Gesicht seines Gesprächspartners.

"Nun ja", John ließ seinen Blick noch einmal über den Asphalt schweifen, "eigentlich sind wir wegen Ihrer Aktion hier."

"Aktion?" Finesteen fuhr sich irritiert durch sein Haar.

Monica lächelte beruhigend und deutete auf die Luftballons am Eingang und das am Boden liegende Konfetti: "Wir meinen Ihre 1.000.000ste Kundin."

"Ach so..." Finesteens Verwirrung verflog, dazu kam allerdings ein unangenehmes Gefühl im Bauch, die Agentin sah es ihm an der Nasenspitze an.

"Die Gewinnerin", begann John und lächelte seinen Gegenüber aufmunternd an, "können Sie mir ihren Namen nennen oder einen Hinweis geben, wo wir sie eventuell finden könnten?"

"Oh... sagen Sie jetzt nicht, wir haben eine gesuchte Verbrecherin gefeiert." Finesteen wirkte plötzlich noch mehr beunruhigt.

Monica winkte ab, etwas zu heftig für Johns Geschmack, immerhin war die Gesuchte eine Prostituierte, die ihrem Freier sehr viel Geld und ein Schmuckstück gestohlen hatte.

"Mr. Finesteen, keine Sorge. Sie hat nur einen Gegenstand, den wir benötigen und indirekt geht es um die Schlägerei und die Ursache für diese." Monica zog ein kleines Bild aus ihrer Innentasche und zeigte das darauf befindliche Motiv dem stellvertretenden Manager.

John sah ebenso neugierig auf das Motiv.

"Haben Sie das schon einmal gesehen? Einen Anhänger vielleicht?", sie steckte die Karte wieder ein.

"Ich wüßte nicht," erwiderte der Geschäftsmann und sah die Agentin mit gerunzelter Stirn an, "aber die Dame ging in Richtung Tiffanys. Ich denke, sie wollte ihre exklusive Ausstattung mit einer exquisiten Kollektion des Juweliers vollenden."

Die beiden Agenten sahen sich an und nickten einvernehmlich.

"Danke für Ihre Hilfe, Mr. Finesteen", verabschiedete John sich höflich und eilte seiner Partnerin nach, die bereits mit schnellen Schritten die entsprechende Richtung eingeschlagen hatte.

"Wenn Sie sich beeilen, erwischen Sie sie vielleicht noch!", rief ihnen der stellvertretende Manager hinterher.





************





Jules verfluchte einmal mehr ihre hohen Absätze und wäre fast über ihre Tüten gestolpert. Noch war der Dieb nicht außer Sichtweite, noch konnte sie ihn erwischen.

Ihre schmerzenden Füße und Arme ignorierend, eilte sie weiter und registrierte zerknirscht, dass sie schon fast wieder am Einkaufszentrum war.

Plötzlich wurde sie am Arm festgehalten. Der abrupte Halt brachte sie ins Schleudern. Ihre Tüten verteilten sich auf dem Boden und aus einigen fiel der Inhalt. Jules konnte sehen, wie ein rosé farbener Büstenhalter aus einer der Tüten rutschte.

"Hey!", ärgerlich faßte sie nach ihrem Arm und wirbelte herum, nur um wieder einem gut aussehendem Mann gegenüber zu stehen. Doch diesmal war Jules zu ärgerlich, um schnell genug zu schalten.

"Was zum Teufel sollte das?!", ihre spitze Stimme schrille über die Straße.

Monica zwinkerte kurz und versuchte die hohen lauten Töne zu kompensieren, während John seinen FBI-Ausweis hervorzog und der Frau unter die Nase hielt.

"FBI?", der Ton blieb schrill, nun jedoch mischte sich zu ihrem Ärger auch noch Panik in ihre Stimme.

"Lady, Lady", John kniff die Augen zusammen, "wir wollen Ihnen nichts tun. Wir suchen nur etwas."

Jules atmete tief durch und schluckte einmal, dann ging ihr Blick in die Richtung des Diebes, dessen Schopf in der Menge verschwand. Was konnte sie schon noch tun. Leicht verärgert drehte sie sich wieder dem gut aussehenden FBI-Agenten zu und registrierte nun auch die junge Brünette neben ihm.

"Hi, Monica Reyes. Können Sie uns vielleicht sagen, ob Sie die 1.000.000ste Kundin des Superstore waren?"

Jules sah kurz mit einem giftigen Blick auf die Hand des Agenten, die noch immer ihren Arm umschloss.

John ließ ihren Arm abrupt los. Augenblicklich besann sich die Prostituierte eines besseren und lächelte die Agenten an. Sie war eine Diebin und hatte keinen sehr angesehenen Job. Es war besser für sie, zu kooperieren, auch wenn sie den Bastard von einem Dieb so laufen lassen musste.

"Ja, ich hatte das Glück die 1.000.000ste Kundin zu sein", erwiderte Jules mit einiger Verspätung, "wieso fragen Sie?"

Monica griff wieder in ihre Jackentasche und zog das Kärtchen hervor, das sie bereits dem stellvertretenden Manager des Einkaufszentrums gezeigt hatte.

"Kennen Sie diese Zeichnung?"

"Nein, sie ist mir völlig…", begann Jules und stockte dann unter dem Blick des Agenten.

"Erzählen Sie uns nichts Falsches. Wir wissen, was sie getan haben, aber das steht derzeit auf einem anderen Blatt, darum werden sich Kollegen kümmern. Wir suchen ein Amulett, das dieses Symbol hat." Er deute auf die Karte in Monicas Hand. "Ich will lediglich wissen, wo sich dieses Amulett befindet."

Nach einigen Sekunden – endlose Sekunden, wie es John erschien – brachte die junge Frau stammelnd hervor, dass sie die Kette gestohlen hätte.

Monica steckte das Kärtchen wieder weg und sah ihren Partner an, während dieser weiter auf Jules einsprach. "Dann sagen Sie uns, wo sich dieses Amulett jetzt befindet."

"Das kann ich nicht."

Monica sah sie irritiert an: "Aber sie müssen es doch vor wenigen Augenblicken noch gehabt haben!" Ihr Blick zu den Tüten und ihre ausladende Geste verdeutlichte, was sie meinte.

"Sicher, hatte ich auch", knurrte Jules, "doch dann kam ein gut aussehender Kerl, so wie ihr Kollege, und hat mir die Kette gestohlen."

Monica grinste verstohlen über Johns erstaunten Gesichtsausdruck.

"Wissen Sie eigentlich, was für ein Glück mir dieses Ding beschert hat? Das muss verzaubert sein oder so. Und jetzt hat dieser Kerl es!" Ärgerlich kniete Jules sich hin und begann ihre Sachen wieder einzusammeln.

Monica hingegen sah ihren Kollegen triumphierend an: "Das Amulett der Primigenia."

"Zufall", brummte John.

"Fortunas Siegel!", lächelte Monica und hockte sich neben die Prostituierte.

"Er ist dort hinten lang gelaufen, falls Sie das wissen wollen", murmelte Jules in ihren nicht vorhandenen Bart, als sie den Blick der Agentin auf sich spürte.

Monica nickte ihr dankend zu und deutete ihrem Partner die Richtung an.

John seufzte. Er war sich im Klaren darüber, dass diese Dinge die geschehen waren, ob nun Streitereien oder diese überdurchschnittlichen Anhäufungen von Glück. Aber gleich eine alte Legende? Fortunas Siegel? Er hatte gewusst, warum es ihm so schwer fallen würde, an den X-Akten weiter zu arbeiten, aber Dana zu liebe hatte er ja nicht aufhören wollen. Seine Gründe waren jedoch nicht derartige Fälle gewesen, sondern eine Verschwörung, die selbst innerhalb des FBIs seine Fäden zog und die er stoppen wollte, um jeden Preis.

Und nun gut, wenn der Preis für die Wahrheit war, dass er ein mysteriöses Amulett suchte, dann würde er das tun.

Sie ließen die Prostituierte stehen und eilten schnellen Schrittes die Straße hinunter.

"Und wie werden wir ihn finden? Wir haben ja nicht einmal eine wirkliche Beschreibung." Monica sah ihren Partner schräg von der Seite an.

"Wenn Sie Recht haben mit diesem Primigenia-Dings", John lächelte matt, "dann sollten wir seinen Aufenthaltsort durch Zuhören ermitteln können."

"Sollten wir?" Einen Augenblick lang war Monica sich nicht schlüssig, was er damit meinte.

Als jedoch aus einiger Entfernung laute Geräusche zu den Agenten herüber tönten, wurde ihr schnell klar, worauf ihr Kollege hinaus gewollt hatte.

So wie das Amulett scheinbar das gesamte Glück dieser Welt auf die Trägerperson übertrug, so versäte es im Umkreis dieser Streit und Gewalt.

Die beiden Agenten fackelten nicht lang und begannen die Straße hinab zu laufen.

Der Lärm wurde immer lauter, Stimmengewirr war zu hören, quietschende Reifen, wildes Gehupe. John und Monica legten einen Schritt zu.

"An der Kreuzung rechts!" Der Agent deutete auf die Straßenecke beim Caesars Palace. Seine Partnerin nickte und schlug einen Haken, um einer Passantin mit Kinderwagen auszuweichen.

Kurz darauf erreichten sie die Kreuzung, bogen rechts ab und wären fast in einen Pulk von Menschen gerannt.

John stoppte kurz bevor er in einen etwas rundlichen Typen mit langen zotteligen Haaren und Bikerkleidung gerannt wäre, während seine Partnerin gekonnt in die Arme eines Geschäftsmannes schlitterte.

"Entschuldigung", keuchte die Agentin und befreite sich, ehe sie noch mit in die Schlägerei gezogen wurde, die sich vor ihnen ausbreitete.

John reichte ihr seine Hand und zog sie zu sich hinüber. "So, und wie finden wir jetzt diesen Anhänger?"

Ein wenig verzweifelt sah sich die Agentin den Tumult vor ihnen an. Es schien unmöglich dort jemanden zu finden. Es konnte fast jeder sein.

Ein lautes Klingeln im Caesars Palace erklang und lenkte die Aufmerksamkeit der beiden Agenten auf sich. Laute Jubelschreie und eine immer größer werdende Aggressivität außerhalb des Casinos ließ sie einander wissend ansehen. Sie hatten gefunden, was sie gesucht hatten.

Seite an Seite betraten die Agenten das Casino und sahen sich um.

Nur ein paar Meter von ihnen entfernt leuchtete eine riesige rote Lampe und signalisierte einen großen Gewinn. Wenn sie das Amulett finden wollten, mussten sie nur unweigerlich dem Glück folgen.

Ein blonder Schopf tauchte vor einem der Spielautomaten auf. Zwei Schönheiten jubelten und fielen dann in Streit, als der Mann begann seine Münzen einzusammeln.

"Das muss er sein!" Monica deutete auf ihren Kandidaten und erhielt die stumme Zustimmung ihres Kollegen.





************







Freddie lachte aus vollem Halse und schob seinen Gewinn in seine Jackentaschen. Die Blondinen neben ihm begannen sich um ihn und den Gewinn zu streiten. Er blickte genervt zur Seite und strafte beide Frauen mit einem ärgerlichen Blick. Wenn sie etwas von ihm und seinem Geld abhaben wollten, dann mussten sie schon mehr wie ihr pralles Dekollete aufweisen.

"Oh Freddie, Darling, Du nimmst mich doch mit?" Die verführerische Stimme der Blondine rechts von ihm drang an sein Ohr. Ihre Finger glitten leicht über seine Schulter.

Die Blondine zu seiner linken verzog ihre vollen Lippen verführerisch und strich ihm mit ihrem Zeigefinger über das Ohrläppchen.

Freddie war sich nicht sicher, wen von beiden er verführen sollte. Oder gar beide? Ein breites Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.

Plötzlich schob sich eine dunkelhaarige Schönheit in sein Blickfeld. Ihre Augen suchten angestrengt nach etwas.

Dann trafen ihre Augen seine und sie wirkte mit einem Male so, als ob sie gefunden hatte, was sie suchte.

Freddie grinste innerlich noch mehr. Gewinnertypen wirkten wie ein Magnet auf Frauen und er war jetzt ein verdammt gut aussehender Gewinnertyp. Einmal kurz fasste er nach dem Amulett unter seinem Hemd. Es war noch da. Diese Sicherheit machte ihn noch einen Deut arroganter, selbstgefälliger.

"Hallo Schönheit", zwinkerte er und schob die beiden Blondinen beiseite.

Langsam ging er der Brünetten entgegen und vergaß schnell, dass er eigentlich zwei ganz andere Begleitungen hatte.

Als er ihr endlich direkt gegenüber stand, nahm er ihre Hand und küsste sie galant.

"Darf ich Dir etwas ausgeben?" Sein Grinsen verschwand und ein äußerst charmantes Lächeln umspielte seine Lippen.

"Aber gern", lächelte seine Gegenüber und zog ihren FBI-Ausweis aus der Innentasche ihrer Jacke. Freddie schluckte.

"Ich hätte dann gern das Amulett, das um Ihren Hals hängt." Sie streckte die Hand aus und hielt sie ihm wartend entgegen.

Der gut aussehende junge Mann machte auf dem Absatz kehrt und prallte gegen einen weiteren Agenten, wie ihm sein Blick auf den gezückten Ausweis und die gezogene Waffe verdeutlichte.

"Geben Sie der Lady das Amulett", brummte John und sah zu seiner Partnerin hinüber, die noch immer mit ausgestreckter Hand da stand.

Die beiden Agenten konnten sehen, wie der junge Mann in sich zusammen sackte und seufzend unter sein T-Shirt griff, um die Kette hervor zu ziehen.

Das kalte Geschmeide landete auf Monicas Hand und der junge Mann wirbelte erneut herum und rempelte John an, der gerade seine Waffe wegstecken wollte.

"Hey", tönte es ärgerlich und überrascht zu gleich aus dem Mund des Agenten, doch er unternahm keinen Versuch, dem Mann zu folgen. Sie hatten schließlich, was sie wollten.

Monica lächelte und betrachtete das Schmuckstück in ihrer Hand.

"Das Amulett der Primigenia. Sehen Sie!" Sie hob ihre Hand hoch und ließ das Amulett an der Kette baumeln.

"Wunderbar und nun geben Sie mir das Schmuckstück", erwiderte ihr Partner desinteressiert.

"Wie bitte?" Monica sah ihn irritiert an.

"Bei mir ist es besser aufgehoben." Er griff nach der Kette und zog sie ihr aus der Hand.

"So ist es besser", lächelte er.

"Moment mal!" Die Agentin riss ihm die Kette wieder aus der Hand und sah ihn ärgerlich an. "Wieso sollte Sie bei Ihnen besser aufgehoben sein?"

"Wer weiß, was für einen Unfug sie damit anstellen!" Seine Hand war zu schnell für sie und so war die Kette Sekunden später wieder in seinem Besitz.

Aufgebracht packte sie ihn am Arm und griff erneut nach der Kette, doch er ließ nicht los. Monica zerrte noch mehr an der Kette, John hielt dagegen. Grimmig sahen sie einander an und veranstalteten ein regelrechtes Tauziehen um das Schmuckstück.

Mit einem Male barsten die Kettenglieder in der Mitte und der Anhänger flog in hohem Bogen durch die Luft.

Johns erboste Stimme dröhnte in Monicas Ohren, während er sie für alles schuldig sprach. So holte die Agentin in einem Reflex aus und ihre Faust landete unsanft im Gesicht ihres Partners. Taumelnd prallte dieser gegen einen der Spielautomaten.

Augenblicklich ließ die Wirkung des Amulettes nach. Die Agentin starrte auf ihre geballte Faust und auf ihren am Boden liegenden Partner, der sich irritiert das Auge abtastete.

"John!" Sie ging neben ihm in die Hocke und tastete vorsichtig sein Auge ab, während er sie noch immer verstört ansah.

"Es tut mir so leid. Ich weiß gar nicht wieso ich so etwas tun konnte", ihre Stimme war voller Schuldgefühle.

"Schon gut, schon gut." Er sammelte sich und stand mit ihrer Hilfe auf. "Sie können nichts dafür, Monica. Es scheint tatsächlich an diesem Amulett zu liegen."

"Seid wann, glauben Sie an so etwas", lächelte sie kläglich.

"Seid meine Partnerin mir in einem Anfall von geistiger Umnachtung ihre Faust ins Gesicht geschlagen hat", zog er sie auf.

Monica sah betroffen zur Seite und entdeckte die Reste der Kette in ihrer Hand. Nach der Hand ihres Partners greifend, betrachtete sie dessen Kettenreste. Der Anhänger war weg.

"Wo ist der Anhänger, das Amulett?" Ihre Augen suchten den Boden ab.

John drehte sich um und suchte oberhalb der Spielautomaten nach dem Anhänger.

Schließlich teilten sich die beiden Agenten auf und sahen sich in den anderen Reihen um.

Als sie schließlich wieder vor einander standen, sah er sie fragend an. "Und? Was gefunden?"

"Nein", seufzte sie, "vermutlich hat sich schon jemand anders dieses Schmuckstück angeeignet. Ich denke jedoch, dass es ohne die Kette keine all zu große Wirkung mehr hat. Es ist nur noch ein Teil eines Ganzen und wir haben die Kette."

"Sicher?" Er sah sie skeptisch an.

"Nicht wirklich", erwiderte sie matt. "Aber wir haben bis jetzt noch keinen weiteren Streit vernommen, oder?"

"Mh", brummte er und hielt sich sein Auge.

Sie lächelte ihn schuldbewusst an.





************







Monica legte ihren Bericht in die Akte und klappte diese zu. Einen Augenblick starrte sie auf die Beschriftung, ehe sie aufstand und die Akte zum Schrank brachte. Fall abgeschlossen stand oben auf dem Aktendeckel, doch sicher war sich die Agentin nicht. Irgendwas in ihrem Inneren versuchte ihr zu sagen, dass sie sich irrten. Ob es eine ihrer Visionen war, die sie manchmal hatte oder nur ein dummes Gefühl, konnte sie nicht sagen, aber es beunruhigte sie stark.





************







"Guten Morgen, Henry!" Der Postbeamte reichte dem Verkäufer des kleinen Trödelladens seine Briefe und lächelte ihm zu.

"Danke, George. Dir noch einen guten Tag", erwiderte Henry und winkte seinem langjährigen Bekannten hinterher.

Während er wieder ins Innere seines Geschäftes ging, sah er bereits die Absender auf den Briefen durch. Dabei stach ihm einer ins Auge, der ohne Absender war.

Neugierig legte er die anderen Schriftstücke beiseite und öffnete den Briefumschlag unbekannter Herkunft.

Henry sog scharf die Luft ein, als er seine Sendung erkannte. Resigniert ließ er schließlich den Inhalt auf seinen Tresen fallen.

"Willkommen daheim", brummte er matt und nahm den Anhänger in die Hand. "Wer hat dir denn diesmal deine Kette zerstört."

Der Verkäufer zog eine Schublade unter seinem Tresen auf und entnahm eine Kette, die exakt der Kette glich, an der der Anhänger vorher gehangen hatte.

Henry zog den Anhänger auf, ging um den Tresen herum und zog den Vorhang zum Schaufenster beiseite. Dann legte er die Kette mit Anhänger an eine wie für sie vorgesehene Stelle und rückte das Preisschild zurecht. .





Ende
Rezensionen