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Fürsten der Nacht

von Devra Lee Campbell

Kapitel 2

Wohnung der Einsamen Schützen / 0:52

Frohike öffnete verschlafen die Türe und sagte: "Agent Scully, was führt Sie denn so spät noch zu uns, und das ganz ohne ihren Bodyguard?" Nun kam auch Langley angeschlichen und meinte: "Hat Mulder keine Zeit, weil er sich vielleicht um andere Fälle kümmern muss?" "Byers, Frohike, Langly, Sie müssen mir helfen! Genauer gesagt braucht Mulder Ihre Hilfe. Das ist übrigens meine Freundin Nicole Smith." "Hallo, Nicole, heute Nacht schon was vor?" Frohike konnte sich wieder einmal nicht beherrschen und seine Gedanken für sich behalten. Wahrscheinlich war er schon mit einem Macho-Gen zur Welt gekommen.

"Was genau also können wir für Mulder tun und warum ist er nicht mit Ihnen hergekommen?" warf Byers ein. "Er hat ein großes Problem. Ich befürchte er leidet an einer sehr neuen und fortgeschrittenen Art von Schizophrenie." "DANA! Sie lügt, das ist nicht wahr und das weiß sie genauso gut wie ich. Sie kann nur die Wahrheit nicht über die Lippen bringen. Er ist so etwas, was Sie wohl einen Vampir nennen würden." "Ein Vampir? Na wenn das stimmt, dann steckt Mulder aber in wirklich großen Schwierigkeiten!" Byers schaute sie unglaubwürdig an, fuhr aber sogleich fort: "Erzählen Sie mir, wie es dazu gekommen ist, Miss Smith!" "Na das sollte wohl lieber Dana übernehmen, denn ich kenne nur die Hälfte der Geschichte." "Also, Agent Scully, wir sind ganz Ohr." "Mulder arbeitete an einem Fall in London." Scully hielt inne, überlegte kurz, was genau ihr Mulder erzählt hatte, und sprach dann weiter: "Er sagte mir, er hätte dort eine junge Frau kennen gelernt, und als er am nächsten Morgen in seinem Hotelzimmer aufgewacht sei, wäre sie fort und er ein Vampir gewesen." Scully verzog ihren Mund zu einem verlegenen Lächeln, mit dem sie versuchte ihre Unsicherheit zu verstecken. "Sie meinen, er ist ein echter Vampir?" "Er hat sich in ein Monster verwandelt." In der Zwischenzeit hatten sich alle hingesetzt und lauschten nun Nicole, der die Angst ins Gesicht geschrieben stand, als sie die Geschehnisse Revue passieren ließ. Scully setzte schließlich fort: "Er behauptete der Fürst der Nacht, Fürst Toronos, zu sein. Aber wenn er wirklich - nehmen wir es vorläufig mal an - so etwas wie ein Vampir ist, dann wehrt sich Mulder, oder das, was von ihn noch übrig ist, gegen die Besitznahme des Bösen, gegen Toronos. Er kämpft dagegen an. Aus diesem Grund hat er mich aufgesucht, damit ich ihm helfe, ihn befreie. Allein kann ich ihm aber nicht helfen. Ich glaube nicht mal an die Existenz solcher Wesen. Wie könnte ich ihm da schon helfen? Aber Sie, Sie glauben und können das vielleicht. Sie wissen mehr über solche Phänomene. Ich schätze, ich bin der ungläubigste Mensch auf Erden. Bitte, Sie müssen ihm helfen, denn wenn wir das nicht versuchen, dann ist er möglicherweise für immer verloren. Ich bin bereit alles zu tun, um ihn zu retten, denn er täte dasselbe, wäre er in meiner Situation." "Ihrer Geschichte nach zu urteilen, ist er wohl oder übel wirklich so etwas wie ein... Vampir. Bleibt nur die Frage, wie wir ihm helfen können. Wir müssen Nachforschungen anstellen, denn ich habe das Gefühl, ich habe diesen Namen, Toronos, schon mal irgendwo gehört. Er kommt mir so bekannt vor." "Wir werden ihm helfen, dem Verrücktesten von uns, das sind wir ihm schuldig." meinte Langly und alle nickten. Byers sah die vier Personen, die vor ihm auf zwei Stühlen und einem kleinen Sofa saßen, an. "Also ich bin dabei!" sagte Frohike heldenhaft. "Ich auf jeden Fall." folgte Byers. "Für Mulder." Flüsterte Scully, ihre Tränen verbergend, doch überzeugt. "Ich mache auch mit, wenn es Dana dann besser geht. Außerdem macht mir der Kerl Angst und ich will das so schnell wie möglich hinter mich bringen." "Na dann, für Mulder." Langly schloss den Schwur somit ab. "Wir sind jetzt zu fünft.," Byers setzte fort, "Wir wissen zwar nicht viel über Vampire, aber sollte sich das schleunigst ändern. Wir werden einen Plan zusammenstellen, uns Bücher ausleihen und arbeiten bis uns der Kopf raucht. Alle einverstanden?" Byers sah sich um, jedem Einzelnen in die Augen. "Ja." sagten sie schließlich im Chor. "Alles klar. Wir schaffen das schon. Das müssen wir doch. Wir werden Mulder helfen. Ich überlasse meinen Partner doch nicht diesen... , was auch immer die auch sein mögen!" "It’s Showtime!" grinste Frohike und Nici stammelte leise zu Scully: "Ich hoffe, die wissen was wir tun, denn ich weiß es nicht." "Es ist schon sehr spät. Wir sollten diese Konversation besser heute Vormittag weiterführen. Ich schlage also vor, wir treffen uns später in der Stadtbücherei. Dann sehen wir weiter." "Was ich noch sagen wollte; er hat schon fünf Menschen auf dem Gewissen. Er ist sehr gefährlich, wenn er hungrig ist und im Moment ist er verdammt hungrig. Außerdem wird er von Vivienne und ihren Freunden verfolgt. Wir haben es hier also mit Mehreren zu tun. Ich bin mir sicher, er wird zu mir zurückkommen. Was soll ich dann machen?" "Versuchen Sie ihn hinzuhalten indem sie mit ihm reden. Er darf Sie auf keinen Fall beißen. Ich habe das dumpfe Gefühl, da steckt mehr dahinter, als wir zu sehen glauben. Irgendetwas stimmt hier nicht. Wenn die Legende wahr ist, die Mulder nach England geführt hat, dann haben wir es hier mit einem viel größeren Problem zu tun, als es scheint. Wenn er herausgefunden hat, dass die Nacht der Nächte, das Erwachen der Fürsten des Blutes, wirklich stattgefunden hat, dann... steht uns das Ende bevor. Sie sollten aber im Moment besser keinen Gedanken daran verschwenden und wieder zu Bett gehen. Nach ihrem Schock vorhin brauchen Sie beide etwas Ruhe. Gute Nacht." "Danke für ihre Hilfe, Byers. Ich wüsste nicht was ich... " "Schon gut. Er wird Sie nicht töten, Scully, noch nicht jedenfalls. Und auch wenn er es tut, dann werden Sie es bestimmt nicht bleiben." Er schmunzelte verlegen und sagte dann: "Wir treten später wieder in Kontakt. Hier ist meine Handynummer. Ich glaube, die werden Sie noch brauchen können." "Halten Sie ihre Fenster geschlossen, noch einen Vampir können wir nämlich nicht gebrauchen, ja?" Frohike hatte sein Grinsen zu einem ernsten Geschichtsausdruck verzogen, als er den beiden Frauen nachrief.

Dann verließen Nicole und Scully das Gebäude und gingen zum Wangen. Frohike und Langly gingen zurück in das Zimmer, nur Byers stand noch auf der Türschwelle, den Blick auf Scully gerichtet, die den Wagen startete. >>Sollte es wirklich der Fall sein, dass die Fürsten der Nacht aus ihrem Schlaf geweckt worden sind, dann, nicht auszudenken wenn... Toronos, ich kenne diesen Namen doch, aber woher? Irgendwann habe ich doch schon von ihm gelesen, aber wo? Wer ist er und warum gerade Scully. Das ergebe doch keinen Sinn, oder etwa DOCH?>>

Im Flur vor Scullys Apartment/ 1:05

"Wirst du schlafen können?" "Ich weiß nicht. Aber versuchen werde ich es. Weißt du, es gehen mir so viele Dinge durch den Kopf. Ich hab ständig dieses Bild vor Augen, wie er sich verwandelt, und dann sein Atem so dicht an meinem Hals, seine Zähne auf meinen Lippen." "Das hört sich ja schon fast so an, als hätte es dir gefallen. Du schwärmst ja geradezu von diesem Monster." "Unsinn, aber er hat etwas Magisches an sich. Und ich hatte in seiner Gegenwart ein Gefühl, das ich noch nie zuvor gespürt habe. Es war teils beängstigend, teils aber... Wie soll ich sagen?... unheimlich aufregend von ihm berührt zu werden. Vor den Einsamen Schützen konnte ich dir das natürlich nicht erzählen. Aber seine Hände auf meinem Körper, seine Lippen auf meinen, als würde er mit den Atem rauben. Ich fühlte nur noch dieses Verlagen nach ihm. Ich hätte in diesem Moment alles mit mir machen lassen, so fasziniert war ich, wollte nur noch ihn fühlen, und dass er mich mit in seinen Abgrund mitreißt. Und, dass er mir die Finsternis zeigt und mich liebt, so wie mich noch niemand zuvor geliebt hat." "Du bist verrückt! Was hat dieser Kerl dir nur angetan? Ich wusste zwar schon immer, dass du ein wenig sonderbar wärst, aber das übersteigt die Grenzen deines Verstandes! Ist mir ohnehin egal, ob der meine beste Freundin umbringt, das kratzt mich überhaupt nicht." Scully umarmte ihre Freundin und sagte dann leise: "Ich weiß, du hast Angst um mich, aber glaub mir, wir werden das schon schaffen. Er ist mein Freund und ich will ihn nicht verlieren, das weißt du doch. Versteh mich bitte nicht falsch, aber wenn das der einzige Weg wäre bei ihm bleiben zu können, dann würde ich ihn wählen und zu seiner Fürstin werden. Soweit werden wir es aber nicht kommen lassen, das verspreche ich dir, bei unserer Freundschaft. Geh und schlaf ein wenig, auch wenn es dir nach den Ereignissen heute schwer fällt. OK?" Dann sperrte sie ihre Wohnungstüre auf und trat ein. Noch bevor sie diese schließen konnte, hörte sie Nicole sagen: "Bitte Dee, pass auf dich auf! Wär’ schade, um deinen hübschen Hals." "Ja, Nic, bestimmt. Schlaf schön." "Du auch." Die Tür fiel ins Schloss und Scully schlüpfte müde unter die Bettdecke. Obwohl sie versuchte wach zu bleiben so wurden ihre Augenlider immer schwerer, und schließlich war sie eingeschlafen.

Dana Scullys Apartment / 7:32

Das Klappern des offenen Fensters weckte Scully. Hatte sie gestern Nacht etwa völlig vergessen, das Fenster zu schließen? Nein, es war doch geschlossen gewesen, ganz bestimmt. Wie konnte es jetzt jedoch geöffnet sein? Scully stand auf und wollte die Vorhänge zur Seite ziehen, als plötzlich eine Stimme hinter ihr jammerte: "Nein, bitte nicht! Tun Sie es nicht, Scully." "Mulder!?" Scully zuckte zusammen und drehte sich blitzschnell um. Auf dem Boden in einer Ecke kauerte Mulder, die Hände vor seinem Gesicht gekreuzt, dieses fest auf seine Beine gedrückt. "Oh, Mulder. Was ist nur passiert? Warum kann ich das nicht verstehen?" Am Liebsten wäre Scully ihrem Freund um den Hals gefallen und hätte ihn zärtlich geküsst, da sie überglücklich war, ihn wieder bei sich zu haben. Doch schließlich musste sie sich zusammennehmen und kniete nur neben ihm nieder. Langsam streichelte sie durch sein Haar und sah ihn mitleidig an. Er schien wieder normal zu sein, psychisch jedenfalls. Natürlich waren seine Schneidezähne immer noch lang, doch kürzer als um Mitternacht. "Ich wollte, ich wollte es wirklich tun, war schon so nah dran. Ich hätte es fast getan. Ich konnte es aber aus irgendeinem Grund trotz meines Hungers nicht. Das muss aufhören. Ich will nicht mehr töten." "Woran waren Sie nah dran?" "Da war eine junge Frau, ein leichtes Opfer, ganz allein in einer Seitenstraße. Niemand hätte sie gehört." "Mulder, das ist doch gut so. Er wollte es ja, aber Sie waren stärker. Das ist doch ein gutes Zeichen dafür, dass Sie immer noch Menschlichkeit leitet und nicht das Böse." "Nein, das ist es nicht. Ich habe einen verdammten Hunger, schon seit zwei Tagen kein Blut mehr getrunken. Das kann nicht so weitergehen! Ich brauche Blut!" "Mulder," Scully streichelte lieblich seinen Kopf, "Ich war bei den Einsamen Schützen, die werden uns helfen." "Bei wem?" "Bei ihren Freunden, den Einsamen Schützen." "Sollte ich die denn kennen?" "Ach, egal. Ich war also bei ihnen und sie haben mir gesagt, sie werden uns helfen. Mulder, wir schaffen das schon. Gemeinsam waren wir doch schon immer ein starkes, unschlagbares Team. Wir werden Ihnen helfen, ganz bestimmt, Mulder, wir werden es zumindest versuchen. Ich möchte, dass Sie bei mir bleiben, bei mir, bis wir eine Lösung gefunden haben. Ich werde jetzt Byers anrufen und ihn herbitten. Bleiben Sie schön brav hier sitzen!" "Reden Sie nicht mit mir, als wäre ich ein kleines Hündchen. Außerdem, wohin sollte ich denn verschwinden? Soll ich hinaus ins Tageslicht und mich grillen lassen? Wenn ich da raus gehe, dann habe ich die einmalige Chance ein neues Leben als ein kleines, mieses Sandkörnchen anzufangen. Scheiße. Ich weiß nicht mal wer dieser Byers überhaupt ist, oder woher ich Leute kennen, die sich die Einsamen Schützen nennen. Ich weiß auch gar nicht, warum ich es nicht weiß! So eine verdammte Sch... " Scully legte ihren Finger auf seinen Mund und küsste dann leicht seine Stirn. "Halten Sie durch. Das mit Ihrem Gedächtnis ist sicher nur vorübergehend. Außerdem haben Sie wenigstens noch Ihren Humor. Das ist doch schon ein Anfang, oder? Schließlich ist das sozusagen doch Special Agent Mulders Markenzeichen." Scully tippte eilig die Tasten ihres Schnurlostelefons, wobei sie Mulder keinen Augenblick aus den Augen ließ. "He, warum sehen Sie mich so an? Wohin soll ich denn verschwinden; unter Ihr Bett vielleicht?" "Byers, ich habe hier etwas, das müssen Sie sich auf der Stelle ansehen." "Was ist passiert?" "Er ist bei mir. Schon seit ein paar Stunden, schätze ich. Ich habe ihn aber erst jetzt bemerkt, da ich geschlafen habe." "Hat er Ihnen etwas angetan?" "Nein, ganz im Gegenteil, er scheint wieder normal zu sein. Er hat sich in einer Ecke verkrochen, steht noch immer unter Schock und sein Körper ist eiskalt." "Ich komme sofort." "Gut, bis gleich." Dann sagte sie zu Mulder: "Ich hole schnell Nicole. Sie muss sich das... " "Nein, bleiben Sie bei mir! Lassen Sie mich nicht allein, bitte!" Er zwinkerte mit seinen Augen, kniff diese dann zusammen und drückte seine Handflächen krampfhaft auf sein Gesicht. "Was ist das? Nein, was... " "Mulder!" Scully stürzte außer sich ins Zimmer, wo Mulder sich auf dem Boden hin und her wälzte. "Mulder!" Sie nahm Mulder in ihre Arme und hielt ihr fest. "Was ist los mit Ihnen? Mulder, sagen Sie doch etwas!" "Meine Augen, sie brennen wie Feuer." "Lassen Sie mich mal sehen." Mulder öffnete seine Lider. Scully konnte nicht glauben, was sie nun sah. Noch nie hatte sie etwas Derartiges gesehen. Mulders Iris war nicht mehr grün, sondern schwarz, kaum zu unterscheiden von seinen Pupillen.
"Scully, Scully, es tut so weh! Wo sind Sie? Ich kann Sie nicht mehr sehen!" "Ich bin hier." Mulder war vor Schreck aufgesprungen und drehte sich herum. Sie stand auf und nahm seine Hände in ihre und umarmte ihn danach. "Ich kann nichts mehr sehen! Ich kann nichts sehen, Scully, ich sehe Sie nicht mehr!" Da klopfte es an Scullys Tür. "Ich mache schnell die Türe auf, OK. Ich komme gleich wieder zurück. Setzen Sie sich besser wieder hin." Dann ließ sie ihn los und öffnete die Türe. Im Vorraum standen Nicole in ihrem Hausmantel und Byers in einem schwarzen Jackett und Bluejeans. Byers hatte an der falschen Türe geklopft und bei dieser Gelegenheit gleich Nicole die Nachricht überbracht. Frohike und Langly würden sie erst später verständigen. "Kommt herein! Er sitzt im Schlafzimmer." Byers und Nicole folgten Scully ins Schlafzimmer, wo Mulder am Boden kniete und vor sich hin starrte, in eine schwarze Leere.
Was war es, das ihm die Erinnerung nahm, jede Nacht aufs Neue, immer mehr davon verschwinden ließ, verschlang gleich einem Monster? Warum kannte er seine Freunde Byers, Frohike und Langly nicht mehr? Nicht mal die Namen schienen ihm vertraut. Was geschah bloß mit ihm, und was würde mit ihm geschehen, wenn er lange genug eine Vampirgestalt blieb? Wer kannte nur die Antworten auf seine Fragen? Doch am meisten Furcht hatte er nicht vor Toronos, sondern davor Scully zu vergessen, so wie Byers, Frohike und Langly. Würde er sie denn je vergessen können? War dies nur noch eine Frage der Zeit? Zweifellos, er würde, aber wie lange noch bis dahin? Wenn dies der Fall sein sollte, dann hätte er seine allerletzte Chance verloren.
"Miss Scully, ist er das?" Scully nickte nur leicht, dann wandte sie sich erneut Mulder zu und setzte sich neben ihn und legte ihre Arme um seinen starken Körper. Eine unvorstellbare Kälte erfüllte sie, als sie seine schneeweiße Haut sanft berührte und ihren Kopf an seine Schulter schmiegte. Ihrer Geste nach drehte er sich um und legte seine Arme um sie, sein Gesicht dicht an ihren Hals gedrängt. Sie wusste er hatte allein nicht die Kraft Toronos zu besiegen, und brauchte nun ihre ganze Zuwendung. Sie musste ihn für sich gewinnen. Es würde eine harte Probe werden, doch würden sie diese bestehen, mussten es. Ihre Freundschaft, ihre innige Liebe, musste das Böse vernichten, für immer. "Was ist nur mit ihm geschehen? Er sieht so anders aus." "Tot, wäre wohl das passende Wort dafür." "Nici!" Scully warf ihrer Freundin einen verachtenden Blick zu. "Was ist mit seinen Augen?" "Schwarz wie die Nacht. Er sieht nichts mehr." Byers beugte sich über Mulder um sich seine Augen anzusehen.

"Mulder, was könnte der Grund dafür sein, für deine Blindheit? Hast du eine Ahnung warum?" "Es war schon sehr hell, früh am Morgen als ich noch gerade hierher fliehen konnte." "Das Sonnenlicht, könnte das der Grund sein?" "Möglich wär’s schon." Nici mischte sich ein. "Mulder", Scully hielt seinen Kopf einfühlsam fest, "Wo waren Sie letzte Nacht?" "Ich war - war in... ich weiß es nicht mehr. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern." "Wissen Sie warum sie hier sind?" "Wie meinen Sie das, Scully, hier?" "Gestern Nacht haben Sie mich besucht." "Ja, Sie wollten Dee beißen und zu ihrer Fürstin der Nacht machen. Na, funkt es wieder?" Nicole giftete Mulder an. Sie hatte das Gefühl, Scully wäre für ihn nur ein Spiel, und er würde sie nicht verdienen. Außerdem machte er ihr Angst. "Habe ich Ihnen wehgetan, in irgend nur erdenklicher Weise?" "Nein, das haben Sie nicht." "Er wollte es aber, das kann er nicht leugnen!" "Nein, nicht ich wollte Ihre Freunding verletzen, Miss Smith, sondern er. Ich will Sie nicht töten, Dana, das würde ich nie verkraften." Mulder drückte seinen Kopf fest an Scullys Brust, sodass er ihren Herzschlag fühlen konnte. Scully fühlte sich elend, doch war es nicht die Angst vor den Nachtdämonen, sondern das Wissen, den Mann, den sie zärtlich in ihren Armen hielt, wieder loslassen zu müssen. Bald würde die Dunkelheit die Erde in ihren düsteren Schleier hüllen, aus dem es kein Entrinnen gebe. Weder für Scully noch für Mulder oder irgendjemanden auf dieser Welt. Sie würden auf ewig Gefangene in einer Welt der Finsternis sein, die beherrscht von den Gestalten der Nacht, aus der keine Flucht möglich und ihr Meister der Anführer der Vampire, Fürst Toronos, wäre.
Scully fiel plötzlich ein Vers aus einem alten Gedicht ein, das sie einmal gelesen hatte. Aus "Der Zauberlehrling" drängte sich der Reim zwischen ihre Gedanken, den sie am Liebsten vergessen hätte: ... die Geister, die ich rief, die werd’ ich nun nicht los...
Sie mussten etwas unternehmen, doch woher sollten sie wissen, was richtig wäre? "Miss Scully, was, denken Sie, geht hier vor?" "Ich weiß es beim besten Willen nicht, aber ich habe das Gefühl, uns läuft die Zeit davon, um das herauszufinden." "Was sollen wir jetzt tun?" Nici sah Scully fragend an, die noch immer Mulders Kopf streichelte. "Frag doch Byers, er ist hier unser Vampir-Experte!" "Wir können ihn auf keinen Fall alleine lassen, und in die Bibliothek können wir ihn auch nicht mitnehmen. Also muss einer von uns bei ihm bleiben und aufpassen. Agent Scully, da das Ihr Apartment ist... " "In Ordnung, ich werde mich um ihn schon kümmern. Geht ihr in die Bibliothek und findet heraus, wie wir ihn retten können." "Ich schlage vor, Nicole, - wenn ich Sie so nennen darf, Miss Smith - sie ziehen sich um und wir treffen uns mit Frohike und Langly in der Stadtbücherei, in etwa einer Stunde. Scully, Sie bleiben hier und kümmern sich um Mulder. Falls etwas passieren sollte, dann rufen Sie mich bitte sofort an. Wir vier werden versuchen herauszufinden, ob und wie wir die Verwandlung umkehren können. Sind Sie damit auch einverstanden?" "Ist gut. Und ihr versucht alles nur Menschenmögliche, versprecht mir das! Wir werden uns dann wieder in meinem Apartment treffen und gemeinsam beraten!" "Gut, dann gehe ich jetzt. Mulder, wir holen dich da raus, koste es was es wolle! Wir sehen uns dann später." Er verließ die Wohnung. Die Tür fiel ins Schloss und Stille umgab die drei Personen, die sich noch im Zimmer befanden.

Nicole fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Gegenwart, doch versuchte sie dies zu verdrängen und lächelte etwas zaghaft. "Kommst du auch wirklich allein klar, Dee? Ich lass dich nur ungern allein, unter diesen Umständen... äh." "Das ist schon OK. Er ist in Ordnung, im Moment zumindest, hilf den anderen, die dich brauchen, um mir und Mulder helfen zu können!" Schlechten Gewissens tappte Nicole wieder in ihr Apartment.

Nun war Scully mit Mulder allein im Zimmer, hielt ihn fest, als könne er nicht ohne ihre Umarmung leben. Sie hatten die Arme umeinandergelegt und kuschelten. Ein Schweigen umgab die beiden, durchaus kein unangenehmes, denn in diesem war es möglich sich für zu verlieren; gnadenlos. Langsam standen sie auf und Mulder zog Scully sanft aufs Bett. Er legte seinen Kopf in Scullys Schoß woraufhin ihre Hände behutsam seine Stirn streichelten. Dann schloss er die Augen und lächelte schüchtern. Irgendetwas, vielleicht ihre innere Stimme, verlangte von Scully sich über ihn zu beugen und ihn zu küssen. Es war mehr ein Reflex, als von ihr selbst gewollt. Sie musste ihn küssen; jetzt oder nie. Denn vielleicht würde ihnen das Schicksal keine Gelegenheit mehr dafür schenken. Etwas drängte sie dazu seinen Mund mit ihrem zu ertasten, und leise sagte sie: "Nie soll dieser Augenblick enden, dieses Gefühl verstreichen, das ich fühle in meiner Brust, so stark." Woher kam ihr dieser Satz so bekannt vor? Hatte sie ihn denn schon mal gesagt oder gehört? Aber woher? Es war ihr plötzlich, als könne sie nichts Anderes spüren außer dies, das sie beherrschte, ihren Körper steuerte und ihr die Kontrolle entriss. Mulder richtete sich auf und schloss die Augen, tastete sich an Scullys Gesicht sehr feinfühlig, und berührte ihre Lippen mit den seinen. Es würde ihr erster gemeinsamer Kuss sein, - der Kuss mit Fürst Toronos war schließlich nicht dasselbe gewesen - doch keiner von beiden hätte sich je erträumen lassen, in welch aussichtsloser Situation er geschehen würde. Mulder drückte Scully auf das Bett und küsste sie leidenschaftlich. Sie spürte wie seine Hände sie auf das Bett drückten und festhielten, und sein Mund ihren erneut fand. Sie wünschte sich, die Zeit würde stillstehen. "Nein, verdammt, was tue ich da nur? Nein!"

Mulder ließ von Scully ruckartig ab und war völlig außer sich. Scully erschrak, setzte sich auf und sah ihn verwundert an. "Was haben Sie auf einmal, Mulder? Ich verstehe nicht ganz." "Auf diese Weise wird er mich besiegen. Ich gebe auf, anstatt ihn zu vernichten!" "Aber das verstehe ich nun wirklich nicht." "Er will mit ihnen schlafen." "Was ist denn daran so schlimm, Sie doch auch, oder?" "Aber er will Sie verletzen, Scully, will Ihnen dasselbe antun, was Vivienne mir angetan hat! Er wird Sie beißen und dann wird er Sie töten." Scully legte ihren Kopf an seinen kalten Oberkörper und küsste diesen langsam.

"Vielleicht ist es auch besser so. Ich weiß gar nicht was auf einmal mit mir los war. Tut mir Leid, Mulder. Das wollte ich nicht, wirklich." "Nein, Scully, das war meine Schuld, ich... ach, vergessen Sie das besser!" "Ich werde dann mal schnell duschen gehen. Danach werden wir sehen, was wir den Rest des Tages anstellen können." "Wissen Sie, vielleicht ist es wirklich schade, dass wir nie ein Paar sein können, denn eine zärtlichere und liebevollere Partnern könnte ich mir für eine Beziehung gar nicht vorstellen. Aber so ist das Leben. Man bekommt nie was man möchte." "Das ist doch gar nicht wahr, Mulder, und das wissen Sie genauso gut wie ich." "Ich weiß, dass Sie ohne mit der Wimper zu zucken mit Toronos geschlafen hätten, nicht mit mir. Ist doch so, nicht wahr? Es war Toronos, dem Sie sich hingeben wollten, nicht mir. Sie wollen ihn!" "Das ist eine Lüge! Sie lügen, weil Sie die Wahrheit nicht verstehen." "Und was soll diese Wahrheit sein? Worauf warten Sie? Na los, sagen Sie’s!" Stille. "Ich wusste es doch, Sie würden das nie zu Stande bringen. Vielleicht sind Sie ja zu feige." Scully hätte Mulder in diesem Moment am liebstem geohrfeigt. Wie konnte er es nur wagen sie so zu verletzen, wo er doch genau wusste, wie viel er ihr bedeutete? Warum fiel es ihr so schwer ihm ihre Liebe zu gestehen? Warum tat er ihr weh, obwohl er das Gefühl in ihrem Herzen kannte? Aber kannte er es denn wirklich? Wusste er, was sie fühlte, oder war er blind - wie Scully selbst - mit der Seele blind? Doch musste wenigstens einer von ihnen in der Dunkelheit das sehen, wovor sie beide Angst hatten, es zuzulassen. Nur ihn wollte sie, doch vermochte sie keinen Ton aus ihrer Kehle zu bringen. Sie schwieg gebrochenen Herzens. Wie lange doch wartete sie schon auf diesen einen Augenblick, um ihm ihre Gefühle zu offenbaren? Warum kniff sie erneut, würde es immer tun, sobald der richtige Moment gekommen war? Hatte er doch mit seinen verletzenden Worten Recht behalten; sie wäre zu feige, es zuzugeben. Aber nicht nur sie schmerzte die Wahrheit, denn hatte auch Mulder Angst davor, ihr seine innige Liebe zu gestehen. Eine Angst, die sie nur gemeinsam überwinden könnten.
Mulder ließ sich auf das Bett fallen und schloss seine Augen. Er dachte darüber nach, wie schön es gewesen war mit Scully gemeinsam Fälle zu untersuchen und sich mit ihr über seine Theorien und ihre wissenschaftliche Beweise zu streiten. Und dann kamen ihm die seltenen Momente in den Sinn, als er sie nach den nervenaufreibendsten Einsätzen in seine Arme geschlossen und ihre Stirn geküsst hatte. Es waren wenige Augenblicke gewesen, die ihn dazu gebracht hatten sich selbst zu vergessen, und all diese Augenblicke hatte er mit ihr verbracht, ohne sich fragen zu müssen, ob es ein Morgen überhaupt noch geben würde. Wie würde es wohl sein, wenn die Transformation ihr Endstadium erreicht hatte? Würde Scully ihren Dienst quittieren, gar als Ärztin ihren Weg weitergehen? Heiratete sie vielleicht und könnte sie irgendwann vielleicht doch Kinder haben? Das wünschte sie sich tief in ihrem Innern doch so sehr.
Da hörte er die Türe das Badezimmers zufallen und Scully sagen: "Ich hoffe sie haben das mit ihrer Blindheit nicht vorgetäuscht, sonst werden Sie das bereuen!" "Wieso, sind sie denn nackt?" "Vielleicht." Scully spazierte, ein Handtuch um ihren nackten Körper gewickelt, zum Kleiderschrank und begann sich anzuziehen.

Mulder war froh das Thema wechseln zu können und grinste: "Gott, lass mich sehen! Verdammt. Da hat man ein Mal in seinem Leben die Chance seine zugeknöpfte Partnerin nackt zu sehen und kann es doch nicht!" "Sie haben Pech, Mulder, ich bin schon angezogen." Dann fielen beide in schallendes Gelächter. Sie hatte ihm zwar noch nicht ganz verziehen, aber ohne ihre Hilfe und der, der Einsamen Schützen, würde sie nie mehr die Möglichkeit haben dies zu tun. Sie würde ihn verlieren; für immer.

"Es war gemein von mir das zu behaupten, was ich vorhin gesagt habe. Es tut mir wirklich Leid, Scully. Ich werde Ihnen nie mehr etwas unterstellen. Verzeihen sie mir?" "Vielleicht kann ich das aber noch nicht."

Dann setzte sie sich zu ihm und strich ihm seine Strähnen zurück, die ihm ins Gesicht gefallen waren. "Also ich habe einen Hunger. Wie sieht’s mit Ihnen aus? Möchten Sie auch etwas essen? Vielleicht ein frisches Brötchen? Mit Blutaufstrich oder Menschenfleisch?" "Scully!" "Entschuldigung, das ist mir nur so herausgerutscht. Ich wollte nur ein wenig Spaß machen, damit die Stimmung nicht mehr so angespannt ist. Möchten Sie etwas trinken? Kaffee, Milch, irgendetwas Anderes?" "Das trinken Vampire aber nicht. Kein Fürst der Nacht würde sich dazu erniedrigen Kaffee oder Milch zu trinken. Immerhin, warmes Blut hat diesen seltsamen Geschmack. Das ist schwer zu erklären; einem Menschen kann man das wohl auch nicht erklären." "Ich dachte Sie wollen ihn besiegen? Also los, stehen Sie schon auf!"

Sie öffnete das Fenster, zog den Vorhang aber nicht zurück. Sie schob diesen lediglich ein kleines Stück zur Seite um den Morgen in seiner ganzen Schönheit zu betrachten. "Mulder, heute ist ein schöner Tag. Die Sonne scheint und wir haben einen wunderschönen blauen Himmel. Schade, dass Sie sich das nicht ansehen können." "Ich hasse die Sonne! Aber gut, Scully, von mir aus trinken wir eben Kaffee zusammen. Ich könnte mir wenigstens versuchen vorzustellen, es wäre Blut. Oder, nein, warten Sie! Ich habe da so eine Idee!" "Soll ich mir die Pulsadern aufschneiden, oder nehmen sie mit meinem Hals auch Vorlieb?" "Haben Sie zufällig eine Flasche Rotwein gebunkert? Es gibt da dieses komische Zeug gegen Eisenmangel, ein Brausepulver. Haben Sie etwas in dieser Art in Ihrer Wohnung? Wir könnten den Rotwein mit dem Brausepulver oder den Tabletten mischen." "Sie meinen das hilft?" "Woher sollte ich das denn wissen? Ist mir nur gerade eingefallen. Einen Versuch wäre es zumindest wert."
Nachdem Scully ihr Bett gemacht hatte nahm sie Mulders Hand und führte ihn zur Couch. Dann ging sie in die Küche und kramte in einem Regal. "Ha, da sind sie ja. Man muss eben immer eine kleine Apotheke zu Hause haben!" Scully hatte auch schnell eine gekühlte Flasche Rotwein gefunden. Dann goss sie Wasser in die Kaffeemaschine. Sie legte sich ein kleines Brötchen ins Backrohr und nahm ein Glas aus dem obersten Regal. Darin löste sie eine Eisentablette in Rotwein auf und gab es Mulder in die Hand. Der machte einen kleinen Schluck und meinte: "Können Sie mir vielleicht auch den Rest der Tabletten geben?" "Klar." Scully ging noch mal in die Küche um das Plastikfläschchen zu holen. Als sie bemerkte, dass ihr Kaffee auch schon fertig war, leerte sie diesen in eine Tasse, und kam mit beidem wieder zurück zu Mulder. Er ertastete den Deckel des Röhrchens und öffnete das Gefäß um den gesamten Inhalt in das Glas zu leeren. "Scully, können Sie mir vielleicht auch ein Messer bringen?" Leicht genervt stand sie erneut auf und brachte ihm nun auch ein Messer. "Sonst noch Wünsche, Gebieter?" Woraufhin Mulder verführerisch flüsterte: "Ja, wie wär’s mir Ihnen, Scully?" Er griff grinsend nach dem Messer und hielt seinen linken Arm über das Glas. Ein kurzer, kontrollierter Schnitt folgte und aus seiner Pulsader drang Blut. Scully konnte nicht fassen, was sie gezwungen war mit anzusehen. Aus dem Handgelenk ihres Freundes tropfte nicht Blut, sondern eine schwarze, schleimige Flüssigkeit, die sich mit der roten im Glas vermischte und dunkel färbte. "Scully, jetzt werden sie Zeuge eines Naturschauspiels, das Vampire vollziehen, wenn sie kein Blut in Reichweite haben. Denn dann trinken sie ihr eigenes, oder zumindest was davon noch übrig ist." Mulder lächelte und setzte das Glas an. Scullys Magen machte sich bemerkbar und ihr wurde fürchterlich übel. "Oh, tut mir Leid. Ich hab wieder mal keine Manieren. Auch einen Schluck gefällig?" Er hielt ihr das Glas mit der ekelerregenden Masse auffordernd entgegen. "Na? Trinken Sie doch einen kleinen Schluck!" "Nein, lieber nicht." Mit vor den Mund gehaltener Hand sprang sie auf und stammelte: "Ent-schul-di-gen Sie mich bitte!" Dann stürmte sie zur Toilette. Obwohl sie noch nichts gegessen, nur eine Tasse Kaffee getrunken hatte, musste sie sich übergeben. In der Zwischenzeit grinste Mulder breit als er das Glas an seinen Mund führte und sagte: "Na dann eben nicht." Danach trank er den schmierigen Inhalt und meinte: "Etwas bitter, aber nicht zu beklagen." Er beschloss nach seiner armen Scully zu sehen, die zwar schon Vieles verkraftet hatte, aber dem nicht gewachsen zu sein schien. Langsam stand er auf und betrachtete die Wohnung. Seine Augen ließen ihn plötzlich wieder die Umrisse der Möbel erkennen. Er ging auf das Badezimmer zu und sah auf den Boden, wo Scully, die Arme um ihre Knie geschlungen, kauerte. Er sah sie an, konnte nun wieder seine Umwelt mit den Augen wahrnehmen und kniete sich zu ihr. Gefühlvoll streichelte er ihr Gesicht und sagte leise: "Scully, es war nur vorübergehend. Ich sehe wieder. Alles in Ordnung? Hey." Lange saßen sie nur da und blickten einander in die Augen, kein Wort findend, das sie hätten sagen können. Schließlich legte Mulder seinen Arm um Scully, und sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Schweigen, nur Schweigen; endlos.

Städtische Bibliothek / 19:30

An einem Tisch ganz abseits den anderen Besuchern, in einer kleinen Ecke der Bibliothek saßen Langly, Frohike, Byers und Nicole Löcher in die Luft starrend und die Köpfe auf ihre Handflächen gestützt, anstatt das zu tun, was alle taten, lesen. Wispernd begann Nicole eine Konversation: "Also wir sitzen hier schon eine ziemlich lange Zeit und was haben wir herausgefunden?" "Nichts." antwortete Frohike deprimiert. "Ihr habt Recht, wir sind Loser. Wir können nicht mal unserem besten Freund helfen." Sogar Langly schien am Boden zerstört. "Ich wusste, dass es so kommen würde. Shit!" warf Frohike ein. "Verdammt, wir können doch nicht aufgeben! Er würde für uns dasselbe tun." fügte Langly hinzu. "Aber was, Langly, was sollen wir denn machen? Wir wissen nicht wer der Kerl ist, woher er kommt und was er will. Aber vor allem haben wir keine Ahnung, ob Mulder nicht längst schon verloren ist, es nicht möglich ist ihm noch zu helfen." entgegnete Byers missmutig. Und was dachte Nicole über diese Unterhaltung? Ihr war es ziemlich egal, ob sie ihm helfen konnten oder nicht. Sie mochte ihn nicht und das wusste mittlerweile auch jeder der Einsamen Schützen. "Aber er ist nun mal unser Freund und wir können ihn nicht hängen lassen!" fuhr Frohike fort. "Na meiner nicht gerade." zischte Nici. "Ich tue das doch nur damit meine Freundin wieder ruhig schlafen kann, was ohne ihren Mister Super-Spooky scheinbar nicht mehr möglich ist."

Frohike und Langly grinsten übers ganze Gesicht, nur Byers schien diesen Scherz kaum wahrgenommen zu haben. Er saß da, vertieft in ein altes Buch, das in Leder gehüllt vor ihm lag. Die Seiten waren schon vergilbt und ein merkwürdiges Zeichen war mit roter Tinte auf das Cover gemalt worden. "Leute, hört euch das bloß an!" Da Byers so fasziniert von dem Geschriebenen zu sein schien, bemerkte er gar nicht, dass seine Stimme von einem lauteren Ton erfasst war, woraufhin sich alle Besucher der Bücherei nach ihm mit einem grimmigen "SHT" umdrehten. Schnell sprach er leiser weiter: "Hier steht etwas über einen Fürsten namens Toronos." Alle drei standen auf und stellten sich hinter ihn, die Augen auf das Papier gerichtet. "Das müsst ihr euch anhören!" Er begann zu lesen...

Fürst Toronos, Herrscher von Queenheart Castle, wurde heute am 3. Oktober 1806 der Ketzerei und Hexerei angeklagt. Vorgeworfen wird ihm im Banne zu stehen mit Luzifer und Mord an unschuldigen Seelen. Sein endgültiges Urteil wird zehn Tage nach dieser Eintragung in das schwarze Buch unter Ausschluss der Öffentlichkeit sowie der Queen vollstreckt werden. Die Male an seinem Hals bestimmen seine Todesart - Tod durch Enthaupten.

Er blätterte um. "Hier, ein weiterer Eintrag. Wisst ihr, wonach das für mich aussieht? Wie das Tagebuch eines Henkers oder jemand Ähnlichem, einem Richter vielleicht. Er scheint alle seine Hinrichtungen oder Verurteilungen in diesem Buch dokumentiert zu haben. Unglaublich wie viele das gewesen sein müssen."

Er las weiter...

9. September 1806
Der Gefangene hat erneut seine Unschuld beteuert. Der Rat hat dies aber missgebilligt und ihn gefoltert. Bis zuletzt schwor er immer den Teufel nie angebetet zu haben. Er stammelte unter seinen Schmerzen etwas von den Fürsten der Nacht, seinen Geschöpfen, die ihn rächen würden. Wirres Zeug, an welchem er fest hält, so scheint. Er lügt und der große Rat beweist erneut Wahrheit. In vier Tagen ist es soweit. Ich werde den Fürsten begleiten. Ich bot ihm an dem Teufel abzuschwören, seine Seele reinzuwaschen. Ich habe Angst. Er versuchte uns zu erklären, wie wichtig es sei mit einer Mixtur, die er "Sancta Flora" genannt, zu experimentieren. Er jammerte, er habe das Tor zu einer neuen Welt entdeckt, Dämonen der Finsternis erschaffen und müsse ein Gegenmittel für deren Verwandlung finden. Er sagte, seine Experimente mit den Kranken wären für uns alle lebenswichtig. Alles Lüge! Obwohl, vielleicht spricht er doch Recht? Nein, er muss sterben, er MUSS! ER verkörpert alles Böse!

13. September 1806
Es ist vorbei. Endlich sehe ich diese Augen nicht mehr. Ich hatte ständig das Gefühl, aus seinen Augen blicke Luzifer, der Tod, das ewig Böse. Seine Seele soll büßen für diese unverzeihlichen Schandtaten, sich gegen die Natur zu stellen, sich Gott zu widersetzen! Verdammt soll er sein! Er hat uns alle verflucht, den Henker, den Richter, die Putze, den Leser und mich, den Priester. "Fahr zur Hölle" schrie er nach mir, bevor der Kopf auf das Holz fiel. Dann war es still. Ich weigerte mich ein Gebet zu sprechen, also ließen wir alle ab. Ich habe ein ungutes Gefühl. Irgend etwas wird passieren.

14. September 1806
Die Putze hat heute Stunde um Stunde versucht die Guillotine zu reinigen. Sie zeigte mir die Blutflecken. Ich glaubte meine Augen täuschten mich, waren die Flecken doch schwarz wie des Fürsten Blick. Wir versuchten zusammen sie wegzuwischen. Die Putze erzählte mir dabei, sie habe Angst, dass ihr etwas zustoße. Letzte Nacht habe sie kein Auge zugebracht, weil sie ihn immer vor sich sah mit den Worten: "Verflucht an der Ewigkeit Ende!"
Wir haben alles versucht. Die Flecken gehen nicht ab.

14. Oktober 1806
Die Putze ist tot. Gestern Nacht nach der letzten Hinrichtung war sie die Guillotine reinigen. Dabei hat ihr das scharfe Metallstück den Kopf abgetrennt. Aber sonderbar war nicht nur die Art wie sie umgekommen ist, sondern, dass man keinen Tropfen Blut gefunden hat. Sie hatte kein Blut mehr. Sie hatte keines!!! Vor zehn Tagen hat sie mir noch gesagt, sie verkrafte es immer noch nicht, die Hinrichtung Toronos’. Was passiert hier nur? Irgend etwas geschieht und macht mir schreckliche Angst.

15. November 1806
Vorletzte Nacht ist der Henker unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. In der alten Folterkammer war er, die seit des Fürsten Tod nicht mehr benutzt worden ist. Die neue ist direkt im Dorf. Was wollte er dort nur, und noch dazu mit einem Beil? Sein rechter Fuß war abgehackt wie ein Baumstumpf als man ihn fand, wurde mir gesagt. Der Henker war zwar sehr kräftig, aber warum sollte er sich ein Beil in den Fuß schlagen um dann qualvoll zu verenden? Keiner weiß, was sich in dieser Nacht wirklich zugetragen hat, oder was der Henker gerade in der alten Folterkammer zu suchen hatte. Er muss der Verletzung nach verblutet sein, aber auch diesmal fehlte jeder Tropfen Blut. An seinem Bein waren kleine Wunden, Bisse, wie ich hörte. Wurde er ausgesaugt? Aber von wem? Waren es etwa die Kreaturen, von denen der Fürst gesprochen hat? Nehmen sie jetzt etwa Rache an uns?

3.Dezember 1806
Ich habe ein schlechtes Gefühl. Ich glaube das Böse wird des Richters Reise überschatten. Ihm wird auf der Fahrt nach Canterbury etwas zustoßen, das spüre ich.

15. Dezember 1806
Ich hatte mich nicht getäuscht. Der Richter hat in der Nacht von 13. auf den 14. Dezember einen schweren Unfall erlitten. Die Kutsche mitsamt den vier Pferden stürzte die Klippen hinab. Wer ist wohl der nächste? Ich oder der Urteilsleser. Nur wir zwei noch sind am Leben. Ich lasse mich aber nicht abschlachten von diesen Monstren! Niemals! In drei Tagen werde ich schon das Schiff nach Amerika besteigen. Dort werde ich sicher sein vor ihm und seinem Gefolge.

10. Feber 1807
Ein Bote überbrachte mir einen Brief. Der Leser ist tot. Er hat sich am 13. Januar aufgehängt. Es sollte aussehen, als habe er sich selbst gerichtet, aus Angst sie würden ihn quälen. Aber sie waren es. Der Körper des Lesers war übersät mit kleinen Einstichen. Sie haben ihn gerichtet!

13. Feber 1807
Morgen werde ich wieder eine Messe abhalten. Die Kirche hier ist zwar nicht so schön wie zu Hause, aber wenigstens anglikanisch.

Gott, was ist das? Sie sind hier! Ich spüre es!!!

"Ihr könnt mir nichts tun! Nicht auf geweihtem Boden! Vater unser, der du bist im Himmel... "

"Und kommst du nicht raus, dann räuchern wir dich aus! Brenne, du Schandfleck, der du abscheulich machst diese Landschaft! Brenne, Kirche, schwarz dein Antlitz, kalt die Nacht der Dämonen! Brenne, Brenne, auf dass dein Tod unser Böses neu erwacht!"

In Kutten gehüllte Gestalten versammelten sich um die kleine Anglikanerkirche und fassten einander an den Händen. Aus den Gräbern rings um das Bauwerk gruben Krallen sich aus dem Boden und immer mehr Gestalten erschienen. Und alle riefen im Chor: "Brenne, Brenne, Brenne!"

Auch wenn sie mich töten das Buch und das Skript kriegen sie nie. Ich werde es verstecken, das Buch unterm Altar und das Skript

Dann grub er die Erde auf und verscharrte das Buch, ein Holzkreuz in seinen Händen. Und ein Feuersturm erfasste das Gemäuer und ließ es zerstören sich selbst.
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