World of X

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Sommer, Sonne und ein ungeplantes Ereignis

von Netty

Chapter 1

Es ist nicht falsch



„Es ist nicht falsch! Es ist nicht falsch!“ Komisch. Je mehr ich mir diese Worte sage, desto weniger glaube ich sie.



Noch bevor ich die ersten roten Strahlen der Sonne sehe, kann ich sie auf meiner Haut spüren. Sie kündigen einen wunderschönen, sonnigen und warmen Tag an. Warum kann nicht alles immer so unkompliziert bleiben?



Ich könnte ewig so weiterleben. Ewig so auf der Terrasse meines Hotelzimmers sitzen. Ewig so mit diesem schlafenden, nackten Mann hinten in meinem Hotelbett. Natürlich dürfte er mir nicht jede Nacht die Decke klauen, aber Heute mache ich da eine großzügige Ausnahme.



„Es ist nicht falsch.“ Ich weiß das. Aber trotzdem fühle ich mich unwohl bei dem Gedanken, wer da in meinem Hotelbett liegt. Natürlich sollte ich mir auch langsam eine andere Entschuldigung einfallen lassen, aber dies sind nun einmal die Worte, die meine momentane Situation wohl am besten beschreiben.



Ich sehe an mir herunter. Ich bin nur bekleidet mit einem Bademantel. Der raue Stoff reibt bei jedem Atemzug über meine noch immer sensible Haut. Ich spüre auch noch immer das Kribbeln in meinem Unterleib, das ich immer habe, wenn ich Sex hatte. Wenn ich daran denke, schließen sich meine Augen fast automatisch und meine Gedanken schweben ein paar Stunden zurück.



Schon bei dem Gedanken seiner Hände auf meiner Haut, spüre ich wie ich schon wieder feucht werde. Darf er das überhaupt? Darf er mir das antun? Ist es erlaubt, dass ich seine Hände sofort vermisse, wenn sie nicht mehr auf meinem Körper sind?



„Es ist nicht falsch!“ Mit diesen Worten hole ich mich selbst aus meiner genüsslichen Fantasie in die traurige Realität. Ich weiß, dass es falsch war. Aber ich will nicht, dass es falsch ist. Ich weiß auch nicht zum wievielten male ich mir diese Worte bereits sage. Warum sage ich sie mir überhaupt? ‘Weil sie dich beruhigen, Dana‘ antwortet mein Gewissen auch sofort. ‘So kommst du dir nicht schuldig vor, etwas getan zu haben, was man nicht tut.‘ Ich will mir das jetzt nicht anhören. Nicht jetzt!



Ich weiß, dass ich mein Gewissen nicht für ewig abstellen kann, aber ich kann versuchen, meine Rationalität wenigstens für eine Zeit zu vergessen und einfach nur glücklich sein.



Vor einigen Tagen war alles noch so einfach, und Heute. Ich dachte nicht daran, dass ich Heute mit einem schlechten Gewissen in meinem Liegstuhl sitzen würde. An so etwas denkt man nicht, wenn man bereits die 6. Leiche eines Serienkillers auf dem Autopsietisch hat. Dabei hat alles so verdammt harmlos angefangen.



Mulder und ich sind vor 1½ Wochen angerufen und um Hilfe gebeten worden. Es wurden zwei Leichen gefunden, denen Hände und Füße fehlten. Diese Tatsache an sich, ist zwar schon grausam und menschenverachtend, aber noch kein Grund um Mulder und mich zu rufen. Allerdings haben ein paar Zeugen, die in der Nähe der Tatorte wohnen, übereinstimmend ausgesagt, an dem Tag, der als Todestag der beiden Leichen feststand, ein helles Licht am Himmel über dem Tatort beobachtet zu haben. Tja und wen ruft man, wenn es um Außerirdische geht? Natürlich Spooky Mulder und seine Partnerin!



Ich weiß, dass das jetzt sehr verbittert klang, aber das ist mein Beruf. Und manchmal nervt es einfach, dass wir bei jedem noch so kleinen Licht gerufen werden.



Natürlich waren es keine Außerirdischen. Das hätte ich Mulder auch schon vorher sagen können, aber mit Mulder zu reden, ist wie einem störrischen Affen beizubringen die Hände von der verfaulten Banane zu lassen. Er weiß er braucht sie nicht, weil daneben ein ganzer Eimer mit frischen steht, aber trotzdem hat sie eine solche Anziehungskraft auf ihn, dass er sie einfach haben muss. Und dann verdirbt er sich den Magen.



Genauso ist es bei Mulder. Er hat einen ganzen Schrank voller X-Akten. Außerdem hat er schon so viele verfaulte gehabt. Ich hätte ihm auch sagen können, dass diese faul ist (wie faul sollte ich noch bemerken) und trotzdem sagt er mir, dass ich in zwei Stunden meine Sachen gepackt haben soll, weil wir nach Florida fliegen.



Tatsächlich war das helle Licht nur eine kleinere Explosion. Wovon sie ausgelöst wurde, wissen wir noch nicht. Aber bestimmt nicht von irgendwelchen Aliens!



Gestern Abend haben wir den Verrückten gestellt, als er gerade dabei war, seinem neusten Opfer die Füße abzusägen. Leider war das Opfer schon Tod, aber es hatte wenigstens noch alle Körperteile.



Der nächste Flug nach Washington D.C. geht erst Morgen. Also hatte dieser ganze Fall für mich auch endlich etwas Gutes. Denn unser Hotel liegt direkt am Strand und von unseren Hotelzimmern mit Terrasse, hat man einen herrlichen Ausblick. Also hatte ich geplant mir einen wunderschönen Tag auf meiner Terrasse und am Strand zu machen. Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass ich mir während dieser Zeit mein Gehirn mit Schuldgefühlen zermatern würde.



Eine leichte Windböe erfasst die Palmen vor unserem Hotel und fährt durch mein Haar. Es ist immer noch unanständig durchwühlt von den Ereignissen der letzten Nacht.



Wieder wandern meine Gedanken zurück. Und unaufhaltsam kommt mir ein anderer Gedanke.



Was passiert, wenn er aufwacht?



Wird er sagen „Die Nacht war klasse, aber ich muss jetzt gehen“ oder vielleicht „Hey lass uns das gleich noch mal machen.“ Eine Möglichkeit gefällt mir weniger als die Andere.



So sitze ich hier auf meinem Liegestuhl und denke nach, während der Himmel über dem Horizont schon seine erste rote Farbe bekommt und die Sonne aufgeht.



10 Minuten später hat sich noch immer nichts verändert. Lediglich der Wind hat aufgefrischt, die Sonne ist schon halb zu sehen und die Wellen brechen ruhig am Strand. Die Stille ist wunderbar.



‘Kein Wunder‘, meldet sich eine kleine sarkastische Stimme in meinem Kopf. ‘Morgens um kurz nach 6 Uhr. Wer ist da schon wach?‘ „Ich“, höre ich meine Stimme darauf antworten. ‘Und warum?‘



Warum? ist eine gute Frage. Ja! Warum sitze ich hier draußen, während alles schläft? Warum liege ich nicht neben dem Mann in meinem Bett? Und warum habe ich Schuldgefühle?



Die letzte ist wohl die wichtigste der drei Fragen. Aber Fakt ist, dass ich keine der drei Fragen mit einer wirklich glaubwürdigen Antwort beantworten kann.



Ich bin so in meine Gedanken vertieft, dass ich nicht bemerke, wie sich die Terrassentür öffnet und ein splitterfasernackter Mann aus meinem Hotelzimmer tritt.



Ich bemerke ihn erst, als seine Hand meine Schulter streichelt. Ich zucke zusammen. „Tut mir leid.“ Folgt seine entschuldigende Stimme.



„Schon okay“, sage ich und bin nicht dazu in der Lage ihn anzusehen.



„Was machst du hier draußen?“ Er versucht die Frage nebensächlich klingen zu lassen, aber ich kann die Sorge heraushören.



„Nichts“, sage ich und höre meine innere Stimme sagen ‘Toll Dana! Damit hast du es genau auf den Punkt gebracht.‘



„Ah ja, darf ich mitmachen?“ Ich muss Lächeln, obwohl mir eigentlich nicht danach ist. Dann nicke ich und rücke ein Stück auf meiner Liege, so dass er platz hat. Beide sitzen wir auf meiner Liege und peinliches Schweigen breitet sich zwischen uns aus.



„Dana?“ Ich nicke und zeige ihm, dass ich ihm zuhöre. Es scheint ihm nicht zu reichen. Nicht dieses Mal! Dieses Mal ist es ihm wichtig, dass ich ihn ansehe. Zärtlich nimmt er mein Gesicht in seine Hände und dreht es so, dass ich ihn ansehe. Erst dann fragt er „Bereust du es?“ Er versucht seine Unsicherheit hinter einem Lächeln zu verbergen, aber ich würde es wohl auf 100 Meter Entfernung sehen, dass er Angst vor der Antwort hat.



Spontan schüttle ich den Kopf und weiß nicht einmal warum!



„Ich bereue es nicht, aber ich weiß nicht, ob es richtig war.“ Es ist ein Widerspruch und ich weiß das, aber ich hoffe, dass er versteht, was ich ihm damit sagen will. Er scheint es zu verstehen, denn er nickt zaghaft und sagt, während er mit seinen Händen an meinem Gesicht entlang streichelt „Ich versteh was du meinst. Es wird jetzt alles viel komplizierter, aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass du hier bist und dass...“ er macht eine bedeutungsvolle Pause, bis er schließlich leise flüstert „... dass ich dich liebe!“



Seine Worte treiben kleine Tränen in meine Augen und mir fast schlagartig klar, dass es nicht falsch gewesen sein kann. Wir wollten es beide und ich wahrscheinlich mehr, als ich es mir jemals eingestehen werde.



Er scheint meine Gedanken zu bemerken, denn er kommt meinem Gesicht schon wieder bedrohlich nah. Gefühlvoll küsst er meine Nasenspitze, bevor er sich meinen Lippen widmet.



Junge dieser Mann kann vielleicht küssen. Wir verlieren uns in diesem einen Kuss und können ihn nur unter Aufbringung aller Willenskraft die wir noch besitzen beenden.



Als er sich von mir löst, sieht er mich erwartungsvoll an. Ich lächle und er lächelt zurück. Hab ich schon gesagt, wie sehr ich diesen Mann liebe? Gott ich liebe einfach alles an ihm. Aber besonders sein Lächeln und seine Augen. Ja seine Augen haben es mir angetan. Sie sind wundervoll braun und ich könnte mich immer in ihnen verlieren, wenn ich ihn ansehe.



„Kommst du mit rein?“ Sein Lächeln wird ersetzt durch ein schelmisches Grinsen. Ich nicke und sage „Gleich.“ Auch auf meinem Gesicht breitet sich ein Grinsen aus. Ich würde jetzt gerne wissen, wie wir aussehen. Sitzen auf einer Terrasse und grinsen uns an. Verdammt bin ich glücklich! Ich hätte noch vor ein paar Tagen gedacht, dass ich niemals mehr so glücklich werden würde. Aber jetzt bin ich es!



Er steht auf und geht. Ich lasse meinen Blick noch einmal über die brechenden Wellen und den rötlich-gelb gefärbten Himmel gleiten. Dann folge ich dem nackten Mulder in meine Hotelzimmer.



Ich betrete es mit dem Wissen: Es war nicht falsch und wird niemals falsch sein!
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